Hublift am Lüneburger Bahnhof. Foto: Cecile Lecomte.

100.000-Euro-Bahn-Challenge für barrierefreien Zugverkehr vom 5. April – 5. Mai 2022

Schon gewusst: Eigentlich sollte der Verkehr seit dem 1. Januar 2022 „vollständig barrierefrei“ sein. Die Initiative „Lüneburg Barrierefrei“ ruft zur Teilnahme an der 100.000-Euro-Bahn-Challenge auf. Denn Probleme gibt es auch in Lüneburg. Ziel ist es, von der DB 100.000 Euro Entschädigung für Barrieren einzufordern, z.B. defekte WCs, kaputte Aufzüge, fehlende Unterstützungsleistung trotz Anmeldung.


Mitteilung von: Initiative „Lüneburg Barrierefrei“
Am: 18.03.2022
Foto: Cecile Lecomte. Hublift am Lüneburger Bahnhof. 


Probleme mit den Aufzügen am Bahnhof Lüneburg

Cécile Lecomte, Sprecherin der Initiative „Lüneburg Barrierefrei“ ist selbst Rollstuhlfahrerin und oft per Bahn unterwegs. Sie berichtet:
„Die Aufzüge in Lüneburg sind oft außer Betrieb, z.B. auf Gleis 1. Wenn ich von dort einen Zug auf Gleis 2,3,4 oder 5 erreichen will, muss ich über den Aufzug auf der Parkhausseite fahren. Denn über den Haupteingang sind diese Gleise dann nicht erreichbar. In der Bahnhof-App „Bahnhof Live“ (mehr) findet man diese Information. In dem Fall fahre ich dann gleich zum Aufzug auf der Parkhausseite.

Aber: Der Aufzug auf der Parkhausseite ist auch störanfällig. Er ist alt und kleiner als die anderen. Doch dieser Aufzug ist NICHT in der DB App „Bahnhof Live“ aufgeführt. Die Bahn begründet das damit, dass der Aufzug der Stadt und nicht der Bahn gehört. Bei der Stadt gibt es jedoch keine abrufbare Information über den Zustand des Aufzugs.“

Es wäre dringend angezeigt, dass die Stadt über das Funktionieren des Aufzugs informiert und diese Information in der Bahn App angezeigt wird. Damit Bewegungsbeeinträchtigten Aufregung, Kummer – und verpasster Zugverkehr! – erspart bleibt. Die Stadt und die deutsche Bahn wurden auf das Problem aufmerksam gemacht, eine Rückmeldung steht aus.

100.000-Euro-Bahn-Challenge zum Europäischen Protesttag für Menschen mit Behinderung vom 5. April – 5. Mai 2022

Der 5. Mai ist der europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) ruft zu diesem Anlass auf zur 100.000-Euro-Bahn-Challenge. Vom 5. April bis 5. Mai 2022 soll die Bahn 100.000 Euro Entschädigungsleistungen erstatten für Behinderungen durch Barrieren. Die 100.000-Euro-Bahn-Challenge wird unterstützt von VCD, dem Fahrgastverband PRO BAHN und weiteren Organisationen.

Aufruf: Entschädigung einfordern für Barrieren im Bahnverkehr

Die Bahn ist nicht barrierefrei. Es gibt Stufen – auch in nagelneuen Zügen, defekte WCs, kaputte Aufzüge, eine nicht funktionierende Reisekette, falls was außerplanmäßig passiert. Und das tut es fast immer.
Auf diese Barrieren wollen wir hinweisen und den Druck auf die Deutsche Bahn erhöhen für Investitionen in einen barrierefreien und inklusiven Schienenverkehr.

Wir rufen alle Menschen mit Behinderung auf: Fahrt Bahn, meldet Barrieren und fordert Entschädigungen ein!
Wir wollen die #StarkeSchiene, barrierefrei und inklusiv für alle – sichtbare und ernst gemeinte Veränderung!

So kannst du mitmachen

1. Bahnfahren: Du hast ein Ticket oder ein Wertmarke und meldest die Fahrt vorab bei der Mobilitätszentrale MSZ (bahn.de/service/individuelle-reise/barrierefrei) an.

2. Barrieren melden: Folgende Barrieren, auf die du unterwegs triffst, kannst du melden: Keine Mobilitätszentrale verfügbar (trotz bestätigter Anmeldung), defektes Barrierefreies WC, defekter Aufzug, kein barrierefreier Sitzplatz, keine Einstiegshilfe verfügbar.

  • Du schreibst die Bahn an und beantragst Schadensersatz bzw. Entschädigung.
    Bei Fahrt im Fernzug (ICE, IC, EC): Kundendialog der DB Fernverkehr AG.
    DB Fernverkehr AG, Kundendialog, Postfach 10 06 13, 96058 Bamberg
    Tel.: 0180 6 99 66 33 (20 ct/Anruf, Mobilfunk max. 60 ct/Anruf)
    E-Mail: kundendialog@bahn.de
  • Oder: Du meldest sie online bei refundrebel (siehe unten) und forderst Schadensersatz.

3. Kein Erfolg, keine Reaktion? – Dann wendest du dich an:

  • Die Unabhängige Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr söpsoep-online.de.
  • Für Menschen mit Behinderung gibt es die Schlichtungsstelle des Bundes BGGschlichtungsstelle-bgg.de
    Die Schlichtungsstelle des Bundes hat die Aufgabe, Streitigkeiten zwischen Menschen mit Behinderungen und Trägern öffentlicher Gewalt zum Thema Barrierefreiheit außergerichtlich beizulegen.

Profitipps

  • Anmeldung der Fahrt mit der App HaSe “Hilfeleistung leicht gemacht” – mehr
    Mit HaSe.app können Reisende mit Mobilitätseinschränkung (Rollis, Rollatoren, … Eltern mit Kinderwagen) den Bedarf auf Hilfeleistung online vorab anmelden.
  • refundrebel nutzen – mehr
    refundrebel setzt die Fahrgastrechte auf Basis der europäischen Verordnung (EG) 1371/2007 durch, also Ansprüche wegen Verspätung, Ausfall von Zügen oder Diskriminierung durch Barrieren. Diese sind einheitlich im Eisenbahnverkehr in Deutschland und in Europa und räumen den Reisenden gleiche Rechte bei allen Eisenbahnunternehmen ein. Die Fahrgastrechte können bis zu einem Jahr rückwirkend geltend gemacht werden und gelten auch im Falle von Streiks, Unwettern, Personenschäden und technischen Problemen. Wenn eine Forderung erfolgreich war, erhebt refundrebel eine Provisionsgebühr in Höhe von 16,5% (zzgl. MwSt.).
  • Mobilitätszentrale MSZmehr
    „Die Mobilitätsservice-Zentrale organisiert alles Notwendige, wenn Sie Hilfe beim Ein-, Um- oder Aussteigen benötigen – zum Beispiel einen Hublift für den Rollstuhl. Wir beantworten auch Fragen zu geeigneten Zügen, der Barrierefreiheit von Bahnhöfen oder Mindestumsteigezeiten. Damit sich unsere Mitarbeiter auf Sie einstellen können, empfehlen wir Ihnen, diesen Service bis spätestens 20 Uhr am Vortag der Reise anzumelden. Bei Hilfeleistungen im Ausland sind 48 Stunden Vorlauf erforderlich.“

Information

Lüneburg Barrierefrei: Selbstbestimmt mobil sein können

Die Initiative „Lüneburg Barrierefrei“ setzt sich dafür ein, dass alle Menschen am Leben in Lüneburg teilnehmen können. Öffentliche Straßen, Plätze und Verkehrsmittel sollen für alle Menschen ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sein. Im Blick sind dabei zum Beispiel Menschen mit aktuellen gesundheitlichen Einschränkungen (Gipsfuß), Senior:innen, Fußgänger:innen mit Kinderwagen, Gepäck, Rollatoren oder Gehhilfen, Rollstuhlfahrer:innen, Hörbeeinträchtigte, Sehbehinderte und Blinde.

Hintergrund ist das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-Behindertenrechtskonvention, UN-BRK), das in Deutschland am 26. März 2009 in Kraft trat (Deutsches Institut für Menschenrechte: mehr). Für den öffentlichen Personennahverkehr gelten die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes von 2013. Dies verpflichtet alle Mobilitätsakteure zu einer „vollständigen Barrierefreiheit“ bis zum 1. Januar 2022.
Lünepedia – mehr


Mehr zum Thema

  • RTLNews: „Zu eng, zu klein: Vor allem neue Züge seien nicht behindertengerecht. ‚Ich fühle mich als Störfaktor in der Bahn'“
    Kathrin Denecke sitzt seit neun Jahren krankheitsbedingt im Rollstuhl. Sie nutzt meist den Nahverkehr, da sie in diese Züge relativ spontan einsteigen kann. Beim Fernverkehr muss an sich am Vortag bei der Mobilitätszentrale der Deutschen Bahn anmelden.
    Nun gibt es jedoch in neuen(!) Metronom-Zügen erhebliche Probleme: Der Ein- und Ausstieg ist steiler und schwieriger, die Durchfahrt zum Abteil enger und das Platzangebot reduziert. Die Toilettenkabine ist für Rollis zu klein und der Riegel zum Abschließen für sie nicht erreichbar. – mehr
  • Radio Bremen: Buten und binnen. Warum eine Bremerhavenerin eine Petition zu Metronom-Zügen startete. Videobericht – mehr

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