Rettungsring. Foto: Dimitri Wittmann, Pixabay.

Rechtsgutachten der Leuphana-Universität: Kriminalisiert geplantes Gesetz Seenotrettung?

Um das Einschleusen von Ausländern zu erschweren, plant die Bundesregierung eine Gesetzesreform. Diese könnte dazu führen, dass private Seenotretter*innen in Deutschland strafrechtlich verfolgt oder sogar verurteilt werden. In ihrem Gutachten empfehlen die Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Valentin Schatz, Leuphana Universität Lüneburg, und Prof. Dr. Aziz Epik, Universität Hamburg, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen.


Mitteilung von: Leuphana Universität Lüneburg – Am: 08.12.2023
Online: https://www.leuphana.de/news 


Rechtsgutachten der Leuphana Universität: Wird Seenotrettung durch geplante Gesetzesänderung kriminalisiert?

Um das Einschleusen von Ausländern zu erschweren, plant die Bundesregierung eine Reform des Aufenthaltsgesetzes. Die Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Valentin Schatz von der Leuphana Universität Lüneburg und Prof. Dr. Aziz Epik von der Universität Hamburg haben jetzt in einem Rechtsgutachten zu dem Vorhaben Stellung genommen.

Ihr Ergebnis: Die vorgeschlagene Ausweitung der Strafbarkeit auch für uneigennützige Hilfeleistung könnte dazu führen, dass zivile Seenotrettung kriminalisiert wird.

Im Gutachten vertreten die Rechtswissenschaftler die Auffassung, dass das Verhalten ziviler Seenotretter*innen bei der Rettung und das Weiterbringen der Geretteten in einen Ausschiffungshafen strafrechtlich betrachtet gerechtfertigt ist.

Aufenthaltsgesetz stellt eigennütziges Einschleusen unter Strafe

Das Bundesinnenministerium plant nun eine Neufassung des § 96 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes. Um das Schlepperwesen zu bekämpfen, wird darin bereits heute das eigennützige Einschleusen von Nicht-EWR-Ausländer*innen in einen EU- beziehungsweise Schengen-Staat unter Strafe gestellt.

Mit der jetzt vorgesehen Gesetzesreform soll diese Regelung auch auf Fälle uneigennütziger Hilfeleistung ausgedehnt werden. Das könnte auch die humanitäre Seenotrettung auf Fluchtrouten im Mittelmeer umfassen.

Vorgesehene Ausweitung kriminalisiert Seenotrettung

Die Auslegung der neuen Strafvorschrift sei mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Dadurch bestehe das Risiko, dass private Seenotretter*innen künftig in Deutschland strafrechtlich verfolgt oder sogar verurteilt werden.

Das könnte einen Abschreckungseffekt und damit negative Folgen für die vor allem aus Deutschland koordinierte zivile Seenotrettung im Mittelmeer haben.

Empfehlung: Bundesregierung soll Ausweitung nicht vornehmen

Die Wissenschaftler kritisieren, dass bislang keine tragfähige Begründung für die Notwendigkeit der geplanten Ausweitung der Strafbarkeit vorliegt. Es bleibt im Dunkeln, welchen legitimen Zweck die neue Strafvorschrift erfüllen sollte.

Sie empfehlen deshalb dem Gesetzgeber, von der geplanten Ausweitung der Strafbarkeit Abstand zu nehmen, mindestens aber eine Ausnahmeregelung für Fälle ziviler Seenotrettung vorzusehen. Das wäre auch durch eine EU-Richtlinie für alle Formen humanitärer Unterstützung gedeckt.

Auftraggeber des Gutachtens war die in Berlin ansässige Organisation #LeaveNoOneBehind.

Veranstaltungshinweis: Umdenkbar – Informationskampagnen gegen Migration

Montag, 18. Dezember 2023, 19:00 Uhr – VHS Lüneburg

„Grenzen existieren nicht nur physisch, sondern bereits in den Köpfen der Menschen. Die Erzählung von Tod und Leid wird zur symbolischen Grenze.“ – Dominique Haas.

Politikwissenschaftler Dominique Haas ist Beauftragter gegen Rechtsextremismus im Landkreis Lüneburg. Im Rahmen der vhs-Initiative „Umdenkbar“ bietet er in seinem Impulsvortrag am Montag, 18. Dezember 2023, 19:00 Uhr in der VHS Lüneburg Einblick in Informationskampagnen in Westafrika. Diese zielen darauf ab, Migration durch abschreckende Maßnahmen zu verhindern.

Diese von EU-Mitteln finanzierten Kampagnen sollen potenzielle Migrant*innen bereits in ihren Herkunftsländern von der Idee der Migration abhalten. Im Anschluss an den Vortrag besteht die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme an einer Diskussionsrunde.

Mehr zum Thema

  • #LeaveNoOneBehind: https://lnob.net/
  • tagesschau.de: Seenotretter an der Gesetzesleine – 08.12.2023
    Private Seenotretter stecken in einem Dilemma. Italiens Regierung schreibt seit Kurzem vor, dass Rettungsschiffe nach einem einzigen Einsatz direkt zurück in den Hafen müssen. Was aber, wenn unterwegs ein weiterer Notruf kommt?
  • Lüne-Blog: LINKE Lüneburg: Freude über Alternativen Nobelpreis für Ocean Viking – 30.09.2023
    SOS Méditerranée hat mit dem Seenotrettungsschiff Ocean Viking Tausenden Menschen das Leben gerettet. Dafür erhalten sie nun mit drei anderen Organisationen den „Alternativen Nobelpreis”. Der Landkreis Lüneburg und unter anderem auch DIE LINKE haben mit Spenden in Höhe von rund 85.000 Euro dazu beigetragen. Die Gewinner werden am 29. November 2023 in Stockholm ausgezeichnet.

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