Rückegasse im Wald von Wienebüttel. Foto: Thomas Hapke, BUND Elbe-Heide.

Wald-Spaziergang mit dem BUND Elbe-Heide: Forstwirtschaft und/oder Naherholung?

In seinem Rundbrief vom 27. September 2024 berichtet der BUND Elbe-Heide über einen Spaziergang im Forst Gut Wienebüttel am 1. September 2024. Dabei ging es um die Frage: Wie wird der Wald genutzt? Wie gelingt es, dass Waldflächen widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel werden und größtmögliche Schutzwirkung entfalten? Im Rahmen der Anpassung an den Klimawandel erscheint es unumgänglich, auch die Aktivitäten der Forstwirtschaft in den Wäldern anzupassen.


Mitteilung von: BUND RV Elbe-Heide – Am: 28.09.2024
Online: https://www.bund-elbe-heide.de/ – Fotos: Thomas Hapke


Forstwirtschaft und/oder Naherholung? – Ein Spaziergang durch ein Naherholungsgebiet

BUND Elbe-Heide – Nummer 37 vom 28.09.2024

Foto: Rückegasse im Wald bei Wienebüttel

Im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe „Was uns bewegt!“ lud der BUND Elbe-Heide am 1. September 2024 ein zum Spaziergang in den Wald westlich von Gut Wienebüttel – eines der wertvollsten Waldgebiete im Umkreis von Lüneburg und ein beliebtes Naherholungsgebiet. Für gut 30 Interessierte ging es unter dem Thema „Forstwirtschaft und/oder Naherholung? – vom Umgang mit Naherholungsgebieten“ um die Bedeutung des Waldes für Naherholung und Naturschutz und die Frage: Wie wirkt sich die forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes darauf aus?

Bis ein Waldgebiet entsteht, vergehen viele Jahrzehnte

Im Rahmen der Anpassung an den Klimawandel erscheint eine Veränderung von Aktivitäten der Forstwirtschaft in Wäldern unumgänglich, wie gleich bei der Begrüßung durch den BUND Regionalverband betonte wurde. Wald in seiner Funktion als Kohlenstoff-Speicher muss mehr gestärkt werden. Angesichts einer Ausgleichsfläche gleich gegenüber dem Parkplatz am Gut Wienebüttel wurde darauf hingewiesen, wie langwierig eine Waldentwicklung auf Grünland ist.

Auf dem Weg vom Landeskrankenhaus zum Wald bei Wienebüttel gab es im Frühjahr 2021 Holzeinschläge nach forstlichen Kriterien. Die Reste der Bäume sind noch am Wegesrand zu erkennen (siehe Foto unten). Auf viele Stellen des ehemals verschatteten Weges fällt nun die Sonne. Die Erholungsfunktion des Waldes erfährt seitens der Forstwirtschaft scheinbar nur geringe Wertschätzung.

Pilze und Totholz: Größte Bedeutung als Lebensraum

Totholz und Pilze: Pilze sind elementar für die Zersetzungskette im Wald. Totholz ist Lebensraum für eine Vielzahl von Arten. Foto: Thomas Hapke.

Totholz und Pilze: Pilze – hier der Schwefelporling – sind elementar für die Zersetzungskette im Wald. Totholz ist Lebensraum für eine Vielzahl von Arten.

Angesprochen wurde unterwegs auch die Bedeutung von Pilzen. Einerseits können sie Bäume stark schädigen, wie bei den heutzutage gefährdeten Eschen. Andererseits sorgen sie auch dafür, dass Bäume mit Nährstoffen versorgt werden, bilden doch manche Bodenpilze symbiotische Beziehungen mit Bäumen. Zudem haben Pilze elementare Bedeutung für die Zersetzungskette im Wald.(1)

Besonderen Hinweis verdient auch die Bedeutung von Totholz für Wälder. In Baumhöhlen können bis zu gut 500 Arten leben. Der stark gefährdete Eremit, ein Käfer, lebt zum Beispiel im Mulm alter Laubbäume.(2)

Erwähnung findet in dem Zusammenhang auch eine aktuelle Studie, an der Henrik von Wehrden von der Leuphana Universität mitgearbeitet hat. Sie beschreibt die negativen Auswirkungen der letzten Trockenjahre und Hitzewellen auf bodenlebende Insekten.(3)

Darin werden die negativen Auswirkungen auf Laufkäfer in Wäldern aufgezeigt. Helfen könnte hier die Ausweisung von Wäldern als Naturwald ohne Nutzung, zumindest an historisch alten Waldstandorten. Das Belassen von Durchforstungsholz im Wald als Totholz dient dem Humusaufbau, wirkt als Feuchtigkeitsspeicher und bietet Lebensraum für viele Arten.

Breite Rückegasse als Schneise durch den Wald

Zweiblättrige Schattenblume, eine Zeigerpflanzen für „alte Waldstandorte“. Foto: Thomas Hapke.

Zweiblättrige Schattenblume, eine Zeigerpflanze für „alte Waldstandorte“. 

Unterwegs kommen wir an eine Stelle, wo deutliche Radspuren im Boden mitten auf dem Weg zu sehen sind. Ein vormals schmaler Weg wurde zu einer sogenannten Rückegasse, ein forstwirtschaftlicher Weg zum Transport von gefällten Bäumen (Holzrücken). Durch Rückegassen wird Waldboden verdichtet, zudem werden unter Umständen auch Randbäume inklusive deren bodennaher Wurzeln beschädigt.

Starker Lichteinfall führt zur Bodenerwärmung, sommerliche Hitze und Trockenheit setzen den Bäumen vermehrt zu. Es kann zu einer Beschleunigung des Humusabbaus kommen, d. h. es wird vermehrt Kohlenstoffdioxid aus dem Boden an die Atmosphäre abgegeben. Der Klimawandel erfordert hier eine andere Forstwirtschaft.

An einer Stelle im Wald bei Gut Wienebüttel konnte die Zweiblättrige Schattenblume gefunden werden. Dicht dabei stand ein kleiner Ilex. Beide Pflanzen gelten als Zeigerpflanzen für „alte Waldstandorte“.(5)

Holz als Brennstoff schadet Gesundheit und Klima

Auch das problematische Verbrennen von Holz wurde beim Spaziergang mehrmals angesprochen. So ging es vorbei an Holzstapeln, die wohl nur Brennholzqualität haben. Das Verbrennen von Holz ist gesundheitsschädlich und nicht klimaneutral.(6) Darauf hat der Regionalverband schon an anderer Stelle hingewiesen.

In einem Bericht des Umweltbundesamtes heißt es: Zum Erreichen von Treibhausgas-Neutralität „muss die Nutzung energetischer Biomasse [also auch die Holzverbrennung] zwingend zurückgehen.“(7) Stattdessen sei es wichtig, die Kohlenstoff-Speicherfunktion von Wäldern zu steigern: Durch Ausweitung der Waldflächen, die Steigerung der Kohlenstoffvorräte in bestehenden Wäldern, etwa durch mehr Totholz und seltenere „Ernte“, durch beschleunigten Waldumbau und durch den Schutz von Wäldern. Holzprodukte sollten stärker und länger genutzt werden, denn auch dies trage zur Verlängerung der Kohlenstoffspeicherleistung bei.

Holz begrenzt verfügbar und kostbar – zu schade als Brennholz

Der „Kritische Agrarbericht 2023“ schreibt: „Die Zahlen sind deutlich: Holz ist eine begrenzt verfügbare und kostbare Ressource“ und warnt: Holz würde im Energiesektor nur einen sehr kleinen Beitrag leisten. Gleichzeitig würde durch die Vermarktung als Brennholz dem Holzbau und Holzwerkstoff- und Dämmstoffherstellern die heimischen Rohstoffe entzogen.

„Es geht nicht um ein Verbot des Kachelofens oder von Pellet- und Holzhackschnitzel-Heizungen, wenn die Brennstoffe aus regionalen Reststoffen stammen, die stofflich nicht höherwertig genutzt werden können. Problematisch ist aber deren zunehmender globaler Handel aus undefinierten Herkünften und dass ganze Wälder von der Wurzel bis zur Krone in den Kraftwerken landen, um dann als scheinbar klimaneutraler »grüner Strom« oder »grüne Wärme« vermarktet zu werden.“(8)

Thomas Hapke, BUND Elbe-Heide

Mehr Information und Kontakt

Für die Wiedergabe wurde der Beitrag leicht bearbeitet und gekürzt. Vollständig zu lesen ist er auf der Internetseite des BUND Elbe-Heide.

Foto: Thomas Hapke. Im vorderen Bereich eine Ausgleichsfläche. Bis hier Wald entsteht, wie die 300 Jahre alte Eiche im Hintergrund, dauert viele Jahrzehnte.

Im vorderen Bereich eine Ausgleichsfläche. Bis hier Wald entsteht wie im Hintergrund, dauert es viele Jahrzehnte.

 

Foto: Thomas Hapke. Holzeinschläge auf dem Weg vom Landeskranken nach Wienebüttel, die 2021 vorgenommen wurden.

Holzeinschläge auf dem Weg vom Landeskrankenhaus nach Wienebüttel, die 2021 vorgenommen wurden.

 

Foto: Thomas Hapke. Holzstöße mit Stämmen, die wohl als Brennholz verkauft werden sollen.

Holzstöße mit Stämmen, die wohl als Brennholz verkauft werden sollen.


Anmerkungen

1 Vgl. BUND Naturschutz in Bayern e.V.: Kein Baum ohne Pilz

2 Bundesamt für Naturschutz: Osmoderma eremita – Eremit.

3 Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), 31. Januar 2024. Studie: Starker Rückgang von Insekten auch in naturnahen Wäldern – Pressemitteilung

4 Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt NW-FVA: Bodenschutz, mit Merkblatt „Bodenschutz bei der Holzernte“ der Niedersächsischen Landesforsten.

5 Waldwissen.net: Auf Spurensuche – Gefäßpflanzen als Indikatoren historisch alter Waldstandorte, Mölder Andreas, Schmidt Marcus, Schönfelder Egbert, Engel Falko, Schmiedel Inga, Culmsee Heike. (2016): Gefäßpflanzen als Indikatoren historisch alter Waldstandorte. AFZ-DerWald 71(13): 39–42 – mit Originalartikel zum Herunterladen.

6 Das Thema bleibt auch politisch hochaktuell, so die taz vom 30.8.2024: https://taz.de/Debatte-um-Holzheizungen/!6033419/

7 Umweltbundesamt: Voß-Stemping, J., Günther, J., Seven, J., Erxleben, F., Hennenberg, K., Reise, J., Kant, R., & Schulte, L. (2024). Netto-null in 2045: Ausbau der Senken durch klimaresiliente Wälder und langlebige Holzprodukte. Hier: S. 15.

8 Luick, R. (2023): Unsere Wälder im Stress – Überforderungen der Waldökosysteme durch Klimawandel und Klimaschutz, Kritischer Agrarbericht 2023, Kapitel 7 – Wald, S. 235-236.

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