
Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2024: Zahlen auf Rekordhoch
Auch in Zusammenhang mit der Europawahl letztes Jahr hat die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Niedersachsen von 2023 auf 2024 um fast ein Drittel zugenommen. Der mit Abstand größte Teil davon – 3643 Delikte – sind rechtsmotivierte Straftaten. An zweiter Stelle folgen als „sonstige“ zugeordnete Taten (2266), an dritter Stelle linksmotivierte Kriminalität (1159). So der Bericht des Innenministeriums Niedersachsen.
Mitteilung von: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport – Am: 05.05.2025
Online: https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/ – Grafik: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
I. Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2024: Deutlicher Anstieg – Zahlen auf Rekordhoch
Grafik: Präsentation Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, 5. Mai 2025, S. 3. Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen – Fallzahlen im 10-Jahres-Vergleich. Um etwa ein Drittel gestiegen sind die Fallzahlen von 2023 auf 2024 und insgesamt auf einem Höchststand. Rund die Hälfte kommen dabei von rechts.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Niedersachsen hat von 2023 auf 2024 um fast ein Drittel zugenommen. Nach Rückgängen in den beiden Vorjahren wurden im Jahr 2024 7.633 Taten erfasst – ein Höchstwert im 10-Jahres-Vergleich. Hintergrund dafür, so das Innenministerium, ist vor allem auch die Europawahl, mit der 1.305 Straftaten in Verbindung standen. Im Vorjahr 2023 hatte es in Niedersachsen keine überregionalen Wahlen gegeben.
Straftaten aus dem rechten Bereich mit größtem Anteil
Den größten Anteil haben Straftaten aus dem rechten Bereich. Den zweitgrößten Anteil der politisch motivierten Kriminalität macht der Phänomenbereich „Sonstige Zuordnung“ aus, der ebenso stark angestiegen ist. Darunter werden Fälle erfasst, die nicht spezifisch zugeordnet werden können, darunter auch Taten von Reichsbürgern oder sogenannten Selbstverwaltern. An dritter Stelle finden sich Straftaten aus dem Phänomenbereich „links“, auch hier ist eine Zunahme festzustellen.
Innenministerin Daniela Behrens: Konflikte ohne Gewalt und Übergriffe austragen
Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, erklärt zur PMK-Statistik 2024: „Nach wie vor stellen die rechtsmotivierten Straftaten den größten Anteil an der politisch motivierten Kriminalität dar, aber auch im linksextremen Spektrum verzeichnen wir eine deutliche Zunahme. Die Niedersächsischen Sicherheitsbehörden treten diesem Trend entschieden entgegen und setzen neben der konsequenten Strafverfolgung einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich der Prävention.
Entscheidend ist jedoch, dass wir als Gesamtgesellschaft zu einer Kultur zurückkehren, in der politische Konflikte ohne Gewalt und Übergriffe gegen Andersdenkende ausgetragen werden.“
- Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: Politisch motivierte Kriminalität – Niedersachsen 2024 – Präsentation (PDF-Datei)
- Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2024 – Bericht

Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen – Fallzahlen zu Phänomenbereichen im 10-Jahres-Vergleich. Grafik: Präsentation Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, 5. Mai 2025, S. 4
II. Ergebnisse zu den einzelnen Bereichen
1. Politische Kriminalität von „rechts“ als größte Gefahr für den Rechtsstaat
Im Bereich der politisch motivierte Kriminalität von „rechts“ sind die Taten von 2.552 auf 3.643 deutlich angestiegen. Hier ist wieder der größte Anteil aller Delikte festzustellen.
- Weit über die Hälfte der Taten sind Propagandadelikte: Öffentliches Zeigen bzw. Aufbringen von verbotenen Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen wie Hakenkreuzen und SS-Runen.
- Die Zahl der rechtsmotivierten Gewaltdelikte ist im Jahr 2024 von 66 Taten auf 88 angestiegen. Unter den 88 Gewaltdelikten befinden sich ein versuchter Totschlag, 52 einfache, 23 gefährliche Körperverletzungen und zwei schwere Körperverletzungen.
- Die fremdenfeindlichen Straftaten sind mit 1.685 zu 1.351 Taten aus dem Vorjahr angestiegen. In 1.362 Fällen sind diese aus einer rechten Tatmotivation begangen worden.
Dazu Innenministerin Daniela Behrens: „Die größte Gefahr für unseren Rechtsstaat und unserer Demokratie geht nach wie vor und ganz klar von rechts aus“, so Behrens angesichts der Datenlage. „Die Verdoppelung der Zahlen seit 2015 und der überproportional hohe Anteil an rechten Straftaten gegen Geflüchtete sind sehr ernste Alarmsignale. Ich appelliere an die Vertreterinnen und Vertreter aller demokratischen Parteien, sich sehr selbstkritisch mit der eigenen Rhetorik, insbesondere in Bezug auf das Thema Geflüchtete, auseinanderzusetzen und zu überprüfen, ob sie dem Ernst der Lage angemessen ist.“
2. Politische Kriminalität mit „sonstiger Zuordnung“
Fälle, die nicht unmittelbar zugeordnet werden können, werden unter „sonstige“ in der PMK Statistik erfasst. Die Anzahl dieser Straftaten ist im Jahr 2024 mit 2.266 Taten sehr deutlich angestiegen (2023: 1.515). Das entspricht dem zweithöchsten Anteil nach der PMK „rechts“ insgesamt.
- Von den Straftaten gegen Amts- und Mandatstragende fielen hier 342 Fälle in diese Zuordnung.
- Auffällig sind hier die selbsternannten Reichsbürger und Selbstverwalter. Die Anzahl der Straftaten in diesem Bereich hat sich um 81 verringert, sie liegt jetzt bei 95 (2023: 176). Darunter sind Beleidigungen, Volksverhetzungen und Bedrohungen.
Dazu Innenministerin Behrens: „Die heterogene Szene aus Verschwörungstheoretikern, Coronaleugnern, Wahlgegnern und sogenannten Reichsbürgern, die an vielen Stellen bis in bürgerliche Milieus hineinreicht, hat durch das Ende der Corona-Pandemie ein Stück weit an Zulauf verloren. Sie ist aber in Teilen nach wie vor hochgefährlich. Es bleibt daher eine der maßgeblichen Aufgaben aller Sicherheitsbehörden, diese Szene sehr genau im Blick zu behalten.“
3. Politische Kriminalität von „links“: Keine Rechtfertigung für Straftaten
Die Anzahl der Straftaten der PMK „links“ hat sich 2024 im Vergleich zum Vorjahr mit 1.159 mehr als verdoppelt.
- Nahezu ein Drittel der Straftaten stehen in einem Zusammenhang mit der Europawahl, insbesondere in Form von Sachbeschädigungen an und Diebstählen von Wahlkampfmitteln.
- Die linksmotivierten Gewalttaten bilden den größten Anteil in der Gewaltkriminalität insgesamt. Zahlreiche Gewalttaten wurden dabei im Zusammenhang mit Demonstrationen begangen. Die Gesamtzahlen bilden im Zehn-Jahresvergleich den dritthöchsten Wert.
Dazu Innenministerin Daniela Behrens: „Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung, weder bei Versammlungen noch anderswo. Gewalttätige Übergriffe auf politisch Andersdenkende oder gegen die Polizei sind absolut inakzeptabel. Das Gewaltmonopol liegt ausschließlich beim Staat. Auch der vermeintlich rechtschaffene Kampf gegen rechts kann niemals Straftaten rechtfertigen.“
4. Politische Kriminalität auf Hintergrund „ausländischer“ und „religiöser Ideologie“
Für den Bereich der ausländischen Ideologie sind die Taten von 449 aus dem Vorjahr auf 436 Taten leicht gesunken. Die Taten lassen sich meist einer israel- oder judenfeindlichen bzw. pro-palästinensisch geleiteten Ausrichtung zuordnen.
- Islamistisch geprägter Extremismus/Terrorismus ist hier weiterhin von Bedeutung. Die Anzahl der in diesem Zusammenhang registrierten Straften ist im Vergleich zum Vorjahr von 106 auf 129 angestiegen.
- Die in Niedersachsen erfassten terroristischen Straftaten wurden in fünf Fällen mit religiöser Tatmotivation begangen, in drei auf Hintergrund einer ausländischen Ideologie. Im Zehn-Jahresvergleich liegt mit 8 Taten ein Tiefstand vor. Ein terroristisches Anschlagsgeschehen ist nicht eingetreten.
Dazu Innenministerin Behrens: „Die Anzahl der terroristischen Straftaten ist im vergangenen Jahr weiter zurückgegangen und weist den niedrigsten Wert im Zehn-Jahresvergleich auf. Der islamistisch motivierte Terrorismus stellt jedoch auch weiterhin eine ernstzunehmende Gefahr dar, die wir nachhaltig und mit höchster Priorität bekämpfen.“
Behrens warnt: „Islamisten versuchen zudem weiterhin, insbesondere junge Menschen mit Migrationshintergrund für ihren Kampf gegen unsere Lebensweise zu gewinnen und zur Begehung von Straftaten anzustacheln. Vor allem durch das Internet radikalisierte Einzeltäter stellen unsere Sicherheitsbehörden vor immense Herausforderungen.“
5. Hasskriminalität im Bereich der LSBTIQ, frauen- und männerfeindlichen Straftaten
Bei der Hasskriminalität im Bereich der LSBTIQ, frauen- und männerfeindlichen Straftaten, wurden im Jahr 2024 insgesamt 236 Fälle erfasst, 2023 waren es 233. Das Niveau bleibt also nahezu gleich. Die meisten Taten fallen in den Bereich der sonstigen Zuordnung, gefolgt von rechtmotivierten Taten.
Dazu Innenministerin Behrens: „Nach wie vor haben wir leider eine steigende Tendenz bei Straftaten zu verzeichnen, die gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität und Orientierung oder wegen ihres Geschlechts begangen werden. Diese Taten weisen einen hohen Anteil von Hasspostings im Internet auf.“ Sie hebt hervor: „Mir ist es wichtig zu betonen: Wir werden nicht zulassen, dass Menschen in Niedersachsen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts zum Opfer von Straftaten werden! Die Polizei Niedersachsen ist hier stark sensibilisiert und aufmerksam.“
6. Hybride Bedrohungen und Spionage
Unter Hybriden Bedrohungen sind Drohnensichtungen, Sachbeschädigungen, aber auch drei Branddelikte gesammelt. Im Bereich der Spionage hat sich die Fallzahl mit 18 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. In 14 Fällen handelt es sich um Drohnenflüge, die den Tatbestand eines Verstoßes gegen das Luftverkehrsgesetz erfüllten.
Die Polizei Niedersachsen stellt sich auf diese neuen Erscheinungsformen ein. Konzeptionelle und organisatorische Maßnahmen zur Bekämpfung solcher Angriffe sind bereits umgesetzt bzw. in Vorbereitung.
Mehr Information
- Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: Politisch motivierte Kriminalität – Niedersachsen 2024 – Präsentation (PDF-Datei)
- Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport: Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2024 – Bericht
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- Bericht des Innenministeriums: Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2023 – 21.05.2024
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