Lüneburg: CDU und FDP beantragen Erhalt der Johannes-Rabeler-Schule
In Niedersachsen laufen Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen seit 2013/14 aus. CDU- und FDP-Fraktion Lüneburg beantragen bei der nächsten Ratssitzung, dass die Johannes-Rabeler-Schule jedoch weitergeführt werden soll. Grundlage für den Wegfall ist das Niedersächsische Schulgesetz von 2018.
Mitteilung von: CDU-Fraktion Lüneburg
Am: 04.06.2022
Antrag von CDU und FDP: Erhalt der Johannes-Rabeler-Schule
CDU- und FDP-Fraktionen der Hansestadt Lüneburg hatten sich bereits in der Vergangenheit für den Erhalt der Johannes-Rabeler-Schule ausgesprochen. Der Rat wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:
Die Stadt Lüneburg setzt sich dafür ein, die Johannes-Rabeler-Schule als Förderschule Schwerpunkt Lernen über das Schuljahr 2027/2028 hinaus zu erhalten. Somit sollen auch nach dem Ende des Schuljahres 2022/2023 Schüler aufgenommen werden können. Dadurch soll für die Eltern die Wahlfreiheit beim Förderbedarf Lernen weiterhin erhalten bleiben.
Begründung
Inklusion ist wichtig, doch ersetzt es nicht die individuelle Betreuung in einer Förderschule. Inklusion muss im Sinne der Kinder gedacht werden. Die Johannes-Rabeler-Schule ist, als einzige Förderschule Schwerpunkt Lernen in Lüneburg, unentbehrlich, um jedes Kind hier vor Ort optimal fördern zu können. Den hohen Bedarf belegen auch die aktuellen Zahlen der Anmeldungen (30) für die kommende Klassenstufe 5 und insbesondere die Zweizügigkeit der aktuellen Jahrgänge 5 und 6.
Die differenzierte Förderung kann in einer inklusive Regelschule nicht in diesem Umfang und in dieser Qualität aktuell gewährleistet werden. Die Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie stellt zudem eine zusätzliche pädagogische Herausforderung an allen Schulen dar.
Förderschule Lernen: Ermöglicht erfolgreichen Start in den Arbeitsalltag
Die Schließung der Förderschule Lernen ist das falsche Zeichen. Die Förderschule Lernen bietet eine gute Lernumgebung, um den Kindern einen erfolgreichen Start in den Arbeitsalltag zu ermöglichen. Mit dem Wegfall der Förderschule Lernen geht uns die gebündelte Expertise und Unterstützung für die Kinder verloren und der Übergang in die Arbeitswelt wird schwerer.
Die Kinder und Jugendlichen mit Mehrfachbedarf und sehr individuellen Schwierigkeiten können bisher inklusiv nicht ausreichend gut gefördert werden.
Gerade in den aktuellen Zeiten sollten wir auf Stabilität setzen und die Kinder nicht zusätzlich belasten. Es gibt Kinder, die auf den geschützten Raum einer Förderschule angewiesen sind, da dort weder psychischer, sozialer oder emotionaler Druck vorherrscht. Die Johannes-Rabeler-Schule muss als unverzichtbare Förderschule Lernen über das Schuljahr 2027/2028 hinaus erhalten bleiben.
- Die Johannes-Rabeler-Schule ist eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen.
Johannes-Rabeler-Schule Lüneburg – jora-schule.de
Hintergrund: Niedersächsisches Kultusministerium – Inklusive Schule
„Seit dem Schuljahr 2013/2014 laufen in Niedersachsen die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen jahrgangsweise aufsteigend aus. Der Primarbereich der Förderschulen Lernen wurde vollständig abgebaut.
Nach der Novellierung des Niedersächsischen Schulgesetzes Anfang 2018 haben einige Schulträger die Möglichkeit wahrgenommen, Förderschulen Lernen im Sekundarbereich I bis längstens 2028 weiterlaufen zu lassen. Voraussetzung ist dabei, dass die Schulträger ein regionales Inklusionskonzept erarbeitet haben, das deutlich macht, wie der Weg in ein inklusives Schulsystem vor Ort gestaltet werden soll.
Alle anderen Formen der Förderschulen bleiben erhalten. So werden Förderschulen mit den folgenden Förderschwerpunkten weiterhin vorgehalten: emotionale und soziale Entwicklung, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Hören, Sehen und Sprache. …
Seit dem Jahr 2016 arbeitet das Niedersächsische Kultusministerium nach dem Rahmenkonzept Inklusive Schule. Es bildet die erforderlichen pädagogischen und organisatorischen Weiterentwicklungen ab.“
Aus: mk.niedersachsen.de/startseite/schule/
Bildungsportal Niedersachsen: Inklusive Schule
„Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazugehört. Egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst oder ob du eine Behinderung hast. Jeder kann mitmachen. Zum Beispiel: Kinder mit und ohne Behinderung lernen zusammen in der Schule. Wenn jeder Mensch überall dabei sein kann, am Arbeitsplatz, beim Wohnen oder in der Freizeit: Das ist Inklusion.
Gemeinsam verschieden sein.“
Information: UN-Behindertenrechtskonvention
Seit 2009 ist das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ in Deutschland verbindlich.
Es sieht vor, dass „Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben“ (Artikel 24). Das bedeutet: Kinder mit und ohne Förderbedarf lernen gemeinsam. Es müssen angemessene Vorkehrungen getroffen werden, damit Kinder mit Förderbedarf die notwendige Unterstützung erhalten.
Hintergrund: Gesellschaftliche Teilhabe ist ein Menschenrecht, das ohne Einschränkungen auch für behinderte Menschen gilt. Die UN-Konvention umfasst daher sämtliche Lebensbereiche, von Arbeit über Bildung, Gesundheit und Pflege, persönliche Mobilität, Fragen des Bauens und Wohnens bis hin zur politischen Teilhabe.
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen – PDF-Datei – mehr
Warum Inklusion an Schulen? – Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel
Jürgen Dusel, Jurist und Behindertenbeauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (behindertenbeauftragter.de/), ist von Geburt an stark sehbehindert. Im Interview stellt er fest:
„In Brandenburg wurde zum Beispiel ein Marktplatz mit Kopfstein neu gepflastert. Der ist nicht nur für Rollstuhlfahrer schwer zugänglich, sondern auch für Menschen mit Rollator oder Kinderwagen. Ich bin mir ganz sicher, dass der Stadtplaner, der den Platz geplant und gebaut hat, anders entschieden hätte, wenn er einen Rollstuhlfahrer in der Klasse gehabt hätte.
Für mich ist es deshalb wichtig, dass Menschen mit und ohne Behinderungen möglichst gemeinsam aufwachsen und leben. Wir wissen noch viel zu wenig voneinander. Wenn wir das ändern, sind wir der Inklusion ein großes Stück nähergekommen.“ – mehr
Wird Inklusion Thema im Niedersachsen-Wahlkampf?
Debatte um Förderschulen in Niedersachsen: „Die Umsetzung läuft schleppend“
taz-Interview mit Holger Westphal, Förderschullehrer im niedersächsischen Schuldienst und Vize-Chef der GEW Niedersachsen
„Ich denke ja. Gemeinsame Beschulung versus gegliedertes Schulsystem – das ist ein Thema, das auch sehr polarisiert. CDU und FDP wollen Förderschulen erhalten. Nach den jüngsten Anträgen der FDP und dem, was CDU und FDP bisher äußern, zeigt sich deutlich, dass ihr Weg zur Inklusion über die Förderschule führt.“ – mehr
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