
Klinikum in der NS-Zeit: Morde auch in der Krankenbaracke
Bisher hatte nur die Psychiatrischen Klinik im Zusammenhang mit Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges gestanden. Forschungsarbeiten ergaben jetzt, dass auch das damalige Städtische Krankenhaus während des Zweiten Weltkrieges beteiligt war. So sind 52 Personen, die dort umgebracht wurden, namentlich bekannt. In der „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg wird derzeit eine Ausstellung dazu vorbereitet.
Mitteilung von: Gesundheitsholding Lüneburg – Am: 01.07.2025
Online: https://www.gesundheitsholding-lueneburg.de/ – Foto: Christine Böhm
Klinikum Lüneburg in der Vergangenheit: Forschungsarbeiten zeigen Ausmaße der Morde während des 2. Weltkrieges
Neue Forschungsarbeiten der „Euthanasie“-Gedenkstätte zeigen: Auch auf dem Gelände des heutigen Klinikums Lüneburg wurden 52 Menschen in einer Krankenbaracke gewaltsam ermordet. Ein Beleg dafür sind unter anderem Aufzeichnungen des Kriegsverbrecher-Tribunals 1945 in Belgrad.
Grundlage: Prozess-Akten des Kriegsverbrecher-Tribunals 1945 in Belgrad
„Wir haben mit Hilfe von zwei Vereinsmitgliedern dafür Prozess-Akten aus dem Holocaust Memorial Museum in Washington beschafft und konnten durch weitere Recherchen in verschiedenen Archiven 52 Personen identifizieren, die in der Krankenbaracke umgebracht wurden“, erläutert die Leiterin der Gedenkstätte, Dr. Carola Rudnick, die Forschungen.
Ärzte und Pflegekraft verurteilt
Neben den Opfern können auch die Täterinnen und Täter benannt werden. Die beiden Ärzte Helmut Bock und Günter Schulze und die Pflegekraft Margarete Dethlefsen wurden für ihre Taten vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal verurteilt und 1946 hingerichtet. Die ebenfalls an den Taten beteiligte Ärztin Margret Dehlinger wurde nicht an das Tribunal ausgeliefert. Der damalige Ärztliche Direktor, Adolf Wilke, verantwortlich und beteiligt an den Morden, starb 1945 an Diphtherie.
Aufarbeitung der Geschichte wichtig
Bislang hatte nur das Gelände der heutigen Psychiatrischen Klinik im Zusammenhang mit Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges gestanden. Die Tatsache, dass auch das damalige Städtische Krankenhaus an den gewaltsamen Morden während des Zweiten Weltkrieges beteiligt war, war den heutigen Verantwortlichen des Klinikums Lüneburg bislang nicht bekannt. „Wir sind entsetzt über die schrecklichen Verbrechen, die auf dem Gelände begangen wurden, und bedauern das zutiefst. Es ist uns sehr wichtig, dass dieser Teil der Geschichte nun aufgearbeitet wird“, so Geschäftsführer Dr. Michael Moormann.
Beteiligung an Zwangssterilisationen
Ebenfalls neu ist die Erkenntnis, dass der ehemalige Ärztliche Direktor Richard Hölscher während der NS-Zeit an Zwangssterilisationen im damaligen Städtischen Krankenhaus beteiligt war. Wie die Forschungsarbeiten belegen, ging er zwar 1936 in den Ruhestand. „Die Unterlagen zeigen aber, dass Hölscher 1939 aus dem Ruhestand zurückkam, und von 1942 bis 1945 auch Chefchirurg war. Seine Unterschriften finden sich unter den Operationsberichten. Auch wenn er wohl an den Morden an den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern nicht beteiligt war, wird er als ehemaliger Direktor zumindest Kenntnis davon gehabt haben“, erklärt Carola Rudnick.
Mehr Information und Kontakt
Dr. Carola Rudnick, Leiterin der Gedenkstätte, und ihr Team bereiten die Forschungsergebnisse derzeit für eine Ausstellung auf. Anfang September 2025 soll diese im Dokumentationszentrum „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg zu sehen sein.
- „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg: https://www.pk.lueneburg.de/gedenkstaette
- NDR: Lüneburg: Offenbar mehr Menschen zur NS-Zeit gewaltsam ermordet – 07.07.2025
Auf dem Gelände der Psychiatrischen Klinik in Lüneburg wurden während des Zweiten Weltkriegs systematisch psychisch kranke Menschen und Menschen mit Behinderung ermordet. Jetzt ist bekannt geworden, dass auch auf dem Gelände des heutigen Lüneburger Klinikums in der NS-Zeit Menschen zu Tode gebracht wurden.
„Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg: Offene Führungen
Jeden Monat finden zwei Führungen statt: Immer am ersten Samstag des Monats um 11 Uhr führen Schüler:innen-Guides über das Gelände der Psychiatrischen Klinik Lüneburg. Dauer: 60-90 Minuten. Immer am dritten Samstag um 11 Uhr gibt es einen Rundgang über das Gelände und den ehemaligen Anstaltsfriedhof (Lüneburger Friedhof Nord-West).
- „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg: Besucherinformationen

Die Schüler:innen-Guides bereiten sich ein Schuljahr lang auf ihre Aufgabe vor. Hier die neuen Guides der Herderschule im Juni 2024. Foto: David Wieblitz (Archiv)
Lünepedia: Psychiatrische Klinik Lüneburg
Die Psychiatrische Klinik Lüneburg, eine gemeinnützige GmbH (Abkürzung: PKL, ehemals Niedersächsisches Landeskrankenhaus Lüneburg), ist das städtische Fachkrankenhaus der niedersächsischen Hansestadt Lüneburg für Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie und Forensische Psychotherapie.
Im Zuge der „Rassenhygiene“ der NS-Politik wurden ab Herbst 1939 schrittweise vermehrt „Euthanasie-Erlaubnisse“ erlassen. In keiner anderen niedersächsischen Anstalt kamen so viele minderjährige Patienten im Zuge der „Aktion T4“ (Codename einer Aussonderungsaktion und „planwirtschaftlichen Verlegung“ von Patienten mit verschiedensten Behinderungen mit reichsweit über 70.000 Morden an Anstaltspatienten) ums Leben.
Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Psychiatrische_Klinik_Lüneburg
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