Gemeinsamer Rad- und Gehweg Lise-Meitner-Straße, Lüneburg. Foto: Lüne-Blog.

ADFC Lüneburg: Fußwege sind keine Radverkehrsförderung

Der ADFC KV Lüneburg begrüßt den Ratsbeschluss der Hansestadt, dem Bürgerbegehren Radentscheid beizutreten. Gleichzeitig kritisiert der Fahrradclub eine nicht ganz stimmige „Bilanz der Radverkehrsförderung 2021“. Auf Gehwegen, so weist der Verein hin, hat der Fußverkehr Vorrang vor dem Radverkehr. Für Radler freigegebene Gehwege sind damit weder für die Radfahrenden noch die zu Fuß Gehenden eine gute Lösung.


Mitteilung von: ADFC KV Lüneburg
Am: 08.06.2022
Online: mehr
Foto: Lüne-Blog. Radverkehr in Lüneburg, Lise-Meitner-Straße: Zwei-Richtungsradweg(!) und Fußverkehr auf einem schmalen Gehweg. 


Fußwege sind keine Radverkehrsförderung
Radverkehrsbilanz 2021 der Hansestadt Lüneburg

Positiv: Beitritt der Hansestadt zum Bürgerbegehren Radentscheid – Kritik an Baumaßnahmen

Der ADFC Lüneburg begrüßt den Ratsbeschluss vom 12.05.2022, dem Bürgerbegehren Radent­scheid beizutreten. Ebenfalls lobt der ADFC die bessere Zusammenarbeit mit der Stadt­verwal­tung und die verbesserte Zusammenarbeit seit dem Amtsantritt der neuen Oberbürgermeisterin.

Deutliche Kritik an „Radwegen“ Soltauer Straße und Domänenhof

Deutliche Kritik hingegen wird an der „Bilanz der Radver­kehrsförderung 2021“ geübt, die auf der Sitzung des Mobi­litätsausschusses am 09.05.2022 vorgestellt wurde.

Zwei in dieser Bilanz unter Punkt „I. Neubau von Radwegen“ aufgeführte Projekte stießen dabei auf besonderen Un­mut des ADFC:
1. Die Erneuerung des Gehweges auf der Ostseite der Soltauer Straße für 429.000 EUR
2. Die Pflasterung einer Wegverbindung am Domänenhof für 95.000 EUR

Geh-Radweg Soltauer Straße. Foto: ADFC KV Lüneburg.

Geh-Radweg Soltauer Straße. Foto: ADFC KV Lüneburg.

Soltauer Straße: Fußweg mit Zusatzzeichen „Radverkehr frei“

Die Baumaßnahme in der Soltauer Straße, von der Stadt­verwaltung als „regelkonforme, für den Radverkehr freig­egebene Mischverkehrsfläche“ deklariert, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als schlichter Gehweg, der mit dem Zusatzzeichen „Radfahrende frei“ versehen ist.

Für den Radverkehr bedeutet dies rechtlich: Weil es ein Gehweg ist, haben Fußgänger hier absoluten Vorrang vor dem Radverkehr. Auf die Fußgänger ist besondere Rücksicht zu nehmen. Deshalb ist Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Bei Bedarf ist anzuhalten.

Entgegen der Berichterstattung im Mobilitätsausschuss ist mit dieser Maßnahme auf der Hauptroute 9/9a ein Radweg rückgebaut worden, den viele Schülerinnen, Schüler und Berufstätige nutzten.

Gehweg Domänenhof. Foto: ADFC KV Lüneburg.

Gehweg Domänenhof. Foto: ADFC KV Lüneburg.

Domänenhof: „Radweg“ ist ein Fußweg

Bei der neu gepflasterten Wegverbindung am Domänen­hof handelt es sich sogar ausnahmslos um einen Gehweg. Hier ist der Radverkehr vollständig von der Benutzung ausgeschlossen und darf sich weiterhin, wie auch schon die Jahrzehnte davor, auf der knochenschüttelnden Buckelpiste nebenan abmühen.

Der ADFC Lüneburg fordert die Verwaltung der Hanse­stadt Lüneburg daher auf, die Bilanz der Radverkehrs­förderung 2021 entsprechend zu berichtigen.

Information: „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 2010)

Die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 2010) bilden den Rahmen für die Gestaltung des Radverkehrs. Zu gemeinsamen Fuß- und Radwegen wird dort folgende Aussage getroffen:

„Gehwege sollen dem Fußgängerverkehr ein ungestörtes Fortkommen und einen der Umfeldnutzung entsprechenden Aufenthalt ermöglichen. Radverkehr im Gehwegbereich kann Fußgänger verunsichern oder gefährden. Bei stärkerem Radverkehr kann der Fußgängerverkehr in die Randbereiche der Gehwege gedrängt werden, so dass ihm nur noch Restflächen zur Verfügung stehen.

Auch den Ansprüchen des Radverkehrs wird mit der gemeinsamen Führung oft nur unzureichend Rechnung getragen.

Der Einsatz der gemeinsamen Führung mit dem Fußgängerverkehr ist daher nur dort vertretbar, wo die Netz- und Aufenthaltsfunktion beider Verkehre gering ist.“ (ERA 2010, S. 27).

Ausschlusskriterien: Keine gemeinsame Führung von Rad- und Fußverkehr bei …

Eine Reihe von Ausschlusskriterien machen deutlich, wo eine gemeinsame Führung nicht akzeptabel ist:

  • Straßen mit intensiver Geschäftsnutzung
  • überdurchschnittlich hohe Nutzung des Seitenraums durch besonders schutzbedürftige Fußgänger (z.B. Menschen mit Behinderungen oder Mobilitätseinschränkungen, Kinder)
  • Hauptverbindungen des Radverkehrs
  • starkes Gefälle (>3%),
  • dichte Folge von unmittelbar an Gehwege mit Mindestbreiten angrenzende Hauseingänge,
  • zahlreiche untergeordnete Knotenpunkts- und Grundstückszufahrten bei beengten Verhältnissen
  • frequentierte Bus- oder Straßenbahnhaltestellen in Seitenlage ohne gesonderte Warteflächen
  • Überschreitung der Einsatzgrenzen gemäß dem Bild 15 (ERA 2010, S. 27).

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