Ortstermin am Bahnhof Lüneburg am 3. Mai 2024: Information des Behindertenverbands zum fehlenden Fahrstuhl. Foto: Lüne-Blog.

Aufzug-Umbau am Bahnhof Lüneburg: Behindertenbeirat appelliert mit offenem Brief an die Bahn

Nach dem Umbau des Aufzugs an Gleis 1 soll ab 7. Oktober 2024 der Fahrstuhl zu Gleis 2 und 3 ausgetauscht werden. Bauzeit: Sechs Monate. Das Gleis ist dann nur über die Treppe erreichbar. Die angebotene Lösung diskriminiert viele Fahrgäste, so der Behindertenbeirat. Er fordert für die lange Bauzeit eine tragfähige Maßnahme.


Mitteilung von: Behindertenbeirat von Stadt und Landkreis Lüneburg – Am: 26.09.2024
Online: https://behindertenbeirat-lueneburg.de  – Foto: Lüne-Blog


Aufzug-Erneuerung am Bahnhof Lüneburg: Behindertenbeirat appelliert mit offenem Brief an die Bahn

Foto: Lüne-Blog. Ortstermin am Bahnhof Lüneburg am 3. Mai 2024: Der Behindertenbeirat informiert über den fehlenden Fahrstuhl an Gleis 1. Wer mit Rollstuhl unterwegs war, musste einen großen Umweg fahren. Nun, an Gleis 2/3, gibt es gar keine Möglichkeit mehr, mit dem Rollstuhl vom Gleis wegzukommen. 

Nachdem im Lüneburger Bahnhof der Aufzug an Gleis 1 neu eingebaut wurde und mehrere Monate nicht benutzt werden konnte, soll jetzt ab 7. Oktober 2024 der Fahrstuhl zu Gleis 2/3 ausgetauscht werden. Die Bauzeit beträgt voraussichtlich sechs Monate. Die Gleise sind dann nur über die Treppe erreichbar.

Ohne Absprache mit Betroffenenverbänden hat die DB einen Shuttle-Service eingerichtet. Fahrgäste im Rollstuhl mit maximal einer Begleitperson, die zum Beispiel aus Uelzen kommen und nach Lüneburg wollen, sollen in Bienenbüttel aussteigen und werden zum Bahnhof Lüneburg gefahren. Für das Shuttle ist eine Anmeldung mindestens 48 Stunden vorher notwendig.

Vorgeschlagene Maßnahme nicht ausreichend

Der Beirat für Menschen mit Behinderungen empfindet die vorgesehene Maßnahme als nicht ausreichend. Viele Menschen werden dadurch diskriminiert:

  • Andere Fahrgäste, zum Beispiel ein Elternteil mit zwei Kindern, von denen eines im Rollstuhl sitzt, sollen laut Auskunft der Bahn bis Winsen fahren, dort aussteigen und in Gegenrichtung zurück nach Lüneburg. Die Fahrtzeit verlängert sich dadurch, falls die Züge planmäßig fahren, um 60 Minuten. In Winsen/Luhe kann zudem ein häufig defekter Fahrstuhl zu Problemen führen.
  • Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkung, etwa Nutzer*innen von Rollatoren oder Sehbehinderte, können eine Hilfeleistung am Bahnhof durch die Mobilitätsservice-Zentrale (MSZ) beantragen und werden dann begleitet. Doch diese Hilfeleistung ist nicht zuverlässig: Voraussetzung ist zum einen, dass sie spätestens am Vorabend angemeldet wurde. Man muss also im Vorhinein wissen, dass es dort keinen Fahrstuhl gibt. Außerdem: Wenn kein Personal dafür verfügbar ist, entfällt die Hilfeleistung.
  • Menschen, die nicht trittsicher sind, große Koffer, Kinderwagen oder schwere Fahrräder dabei haben oder aus psychischen Gründen im Gedränge keine Treppe nutzen können, bleiben sich selbst überlassen.

Menschen mit Mobilitätseinschränkungen gering geschätzt

Uns drängt sich erneut der Eindruck auf, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bei der Deutschen Bahn geringgeschätzt werden. Das zeigt sich allein darin, dass die DB nicht mit uns als Behindertenbeirat für Hansestadt und Landkreis kommuniziert.

Wir hatten im April diesen Jahres einen ersten Brief geschrieben, auf den erst nach längerem eine unbefriedigende Antwort von Ute Plambeck, DB-Konzernbevollmächtigte für Niedersachsen, kam. Diese Antwort war nicht lösungsorientiert und ähnelte weitgehend dem Antwortschreiben der DB an die Stadt Lüneburg, die ebenfalls um Stellungnahme zum Fahrstuhlaustausch gebeten hatte.

Keinerlei Kommunikation seitens der Bahn mit Behindertenbeirat von Stadt und Landkreis

Eine schriftliche Einladung zu einem Ortstermin wurde durch die DB gänzlich ignoriert. Es gab die Behauptung gegenüber MdL Philipp Meyn, dass eine Absage des Termins per Anrufbeantworter-Nachricht erfolgt sei. Das können wir nicht bestätigen. Ebenso gab es die Ankündigung durch die DB, den Beirat bezüglich eines neuen Termins zu kontaktieren, da dem Unternehmen der Austausch wichtig sei. Auch das ist bis heute nicht geschehen. Es gab überhaupt keine Kontaktaufnahme durch die DB mit uns.

Bauzeit während der Weihnachtsmarkt-Saison

Wir empfinden dieses Verhalten als Affront. Dennoch sind wir bereit, uns mit den Zuständigen an einen Tisch zu setzen, um eine diskriminierungsarme Lösung zu erarbeiten. Immerhin fällt die Bauzeit in die Zeit der Weihnachtsmärkte. Zudem geht es im kommenden Jahr, mit wenigen Wochen Pause, weiter mit der Erneuerung des Aufzugs an Gleis 4/5. Dort gibt es die gleichen Probleme.

Behindertenbeirat appelliert an DB: Tragfähige, diskriminierungsfreie Lösung anbieten

Der Beirat für Menschen mit Behinderung richtet daher einen Appell an die Deutsche Bahn, eine tragfähige, diskriminierungsfreie Lösung zu erarbeiten. Dazu sehen wir momentan ausschließlich die Einrichtung eines provisorischen Fahrstuhls geeignet, wie sie zum Beispiel in Bonn-Beuel durch die Firma RECO vorgenommen wurde. Denn Zugumleitungen auf barrierefrei erreichbare Gleise hat die DB kategorisch ausgeschlossen.

Vielzahl von Mitunterzeichnenden

Unser Appell wird von einer großen Anzahl von Mitzeichnenden unterstützt, darunter ranghohe Politiker*innen aus Stadt, Landkreis und Land, diverse Betroffenenverbände, Vereine, Interessengemeinschaften und auch Einzelpersonen.

  • Claudia Kalisch, Oberbürgermeisterin der Hansestadt Lüneburg; Yvonne Hobro, 1. Kreisrätin des Landkreis Lüneburg
    Jakob Blankenburg, Bundestagsabgeordneter; Pascal Mennen, Landtagsabgeordneter; Philipp Meyn, Landtagsabgeordneter
  • Initiativen und Verbände (in alphabetischer Reihenfolge):
    ADFC Kreisverband Lüneburg, AG Lüneburg zu Fuß, Bahnhofsmission Lüneburg, Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen Region Nord-Ost, FUSS e.V. Lüneburg, ISL e.V. (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben), KlimaKollektiv Lüneburg, Lebenshilfe Lüneburg-Harburg gGmbH, Lüneburg Barrierefrei, Lüneburg Marketing GmbH, Rolli-Event e.V., Seniorenbeirat Lüneburg, SoVD Kreisverband Lüneburg, Sozialverband Nds. Bremen e.V., VCD Elbe-Heide, Verein Psychiatrieerfahrener Lüneburg.

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Foto: Lüneburg Barrierefrei. Kein Fahrstuhl: Der Schnappschuss zeigt, wie viele betroffen sind. Rechts ein Herr, der mit Krücken unterwegs ist, links trägt jemand seinen E-Roller. Der Kinderwagen, den drei Personen hochtragen, ist schon fast oben angekommen.

Foto: Lüneburg Barrierefrei. Kein Fahrstuhl: Der Schnappschuss an einem beliebigen Tag zeigt, wie viele betroffen sind. Der Herr rechts trägt die Krücken seiner Frau. Sie zieht sich am Geländer hoch. Links schleppt jemand seinen E-Roller. Oben tragen drei Personen einen Kinderwagen hoch. Dazu kommen Menschen mit schweren Koffern, Fahrrädern, Rollatoren, … Obwohl Barrierefreiheit ein Grundrecht ist, wird das missachtet. 

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