Bahnstrecke Hannover-Hamburg: Klimaziele nur mit Neubau zu erreichen
Am 21. Juni 2023 in Berlin machten sich Landrat Jens Böther, OB Claudia Kalisch und weitere kommunale Vertreter:innen für den zukunftsfähigen Neubau der Bahnstrecke Hannover-Hamburg und eine faktenbasierte Entscheidung stark. Zuvor hatten sich die SPD-Landesgruppen Niedersachsen und NRW der SPD-Bundestagsfraktion nur für einen Ausbau der Bestandstrecke ausgesprochen. Auch der VCD Niedersachsen kritisiert: Die SPD-Landesgruppen lägen damit „sachlich falsch“.
Mitteilung von: Landkreis Lüneburg – Am: 22.06.2023
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Foto: Gesprächstermin Berlin, 21.06.2023. Foto: Leon Kuegeler/photothek.de
Bahnstrecke Hannover-Hamburg: Klimaziele sind nur mit Neubau zu erreichen
„Seit Alpha-E hat sich viel gedreht“ – Landrat und kommunale Vertreter aus der Region Lüneburg werben in Berlin für Stärkung der Bahn
Für starke Bahnverbindungen zwischen Hamburg und Hannover: Geschlossen traten in Berlin Landrat Jens Böther, Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, die Samtgemeindebürgermeister Steffen Gärtner und Heiner Luhmann und weitere kommunale Vertreter aus dem Landkreis und der Region auf.
Sie setzten sich ein für den Neubau und gleichzeitig die zügige Optimierung einer der wichtigsten deutschen Bahnstrecken. Vermittelt hatte das Treffen der Lüneburger Bundestagsabgeordnete Jakob Blankenburg (SPD).
Vier Gleise für Deutschland-Takt nur mit Neubau möglich
Bei dem Gespräch am 21. Juni 2023 mit dem Vorsitzenden des Bundesverkehrsausschusses, Udo Schiefner (SPD), und Verkehrsobleuten aus dem Bundestag machten sie deutlich:
Der Deutschlandtakt für die Klima- und Verkehrswende funktioniert nur mit mindestens vier Gleisen zwischen Hamburg und Hannover – und das geht nur mit einem Neubau. Ein Ausbau der Bestandsstrecke reicht nicht aus.
Landrat Böther: Faktenbasierte Entscheidung treffen für Zukunft der Region
„Unsere Botschaft in Berlin ist angekommen“, sagt Landrat Jens Böther. „Bei der Abstimmung im Bundestag im zweiten Halbjahr über die Strecke Hamburg-Hannover geht es um die Zukunft unserer Region.
Wir aus der Region Lüneburg fordern eine faktenbasierte Entscheidung und die verkehrlich beste Lösung – für künftige Generationen.“
Damit grenzt sich der Landkreis Lüneburg von den Nachbarlandkreisen ab. Diese beharren ausschließlich auf dem Ausbau der vorhandenen Strecke, wie er vor acht Jahren im Dialogforum Schiene Nord ausgehandelt wurde.
2015 kein regionaler Konsens – seitdem neue Erkenntnisse und Anforderungen
„Seitdem hat sich viel gedreht“, so der Landrat. „Der regionale Konsens dazu ist eine Legende. Unser Landkreis hat damals nicht unterzeichnet, Bürgerstimmen aus unserer Region wurden ausgeschlossen.
Vor allem gibt es seither zahlreiche neue Erkenntnisse, die einfließen müssen. So gab es 2015 den Deutschlandtakt noch nicht, auch die angestrebten Hochleistungskorridore standen noch nicht auf der Agenda.“
Er sehe aber auch, dass die Menschen entlang der Strecke mitgenommen werden müssen – sowohl im Landkreis Lüneburg als auch in den Landkreisen entlang der Neubaustrecke an der A7.
OB Kalisch: Versachlichung der Diskussion gefordert
Entsprechend fordert Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch eine Versachlichung der Diskussion mit allen dafür notwendigen Daten aus den Vorplanungsergebnissen der Deutschen Bahn.
Sie fügt hinzu: „Aus Lüneburger Sicht benötigen wir dringend und schnell zusätzliche Kapazitäten für tausende von Pendlerinnen und Pendlern, für die Mobilitätswende mehr Kapazitäten für den Schienengüterverkehr.
Die Überlegungen, zusätzliche Kapazitäten auf der Bestandstrecke im Rahmen der Generalsanierung ab 2026 zu schaffen, begrüßen wir ausdrücklich – solange dafür keine Planfeststellungsverfahren nötig sind. Denn das wäre keinen Deut schneller als eine der anderen Varianten.“
Vier Gleise durch Lüneburg nicht denkbar
Mit Blick auf die nach Einschätzung der Fachleute notwendigen vier Gleise betont Kalisch: „Diesbezüglich bleibt es dabei: Vier Gleise durch Lüneburg mit erheblichen Eingriffen in vorhandene Bausubstanz und jahrelangen Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs sind aus städtischer Sicht nicht denkbar.
Und die schon vorliegenden Fakten der Deutschen Bahn belegen, dass dies auch keine volkswirtschaftlich sinnvolle Lösung ist.“
MdB Blankenburg: Ausbau der Bestandstrecke zu lange, zu teuer, keine nachhaltige Verbesserung
Bundestagsabgeordneter Jakob Blankenburg betont: „Unsere Region steht geschlossen. Das haben wir gestern in Berlin deutlich gemacht. Wir sind für eine deutliche Kapazitätssteigerung auf der Schiene.
Zwischen Hamburg und Hannover müssen endlich mehr Züge rollen – für die Pendlerinnen und Pendler und für eine echte Verkehrswende. Wir brauchen daher eine Neubaustrecke entlang der A7, die nach neuesten Standards und unter Beachtung von hohen Lärmschutzmaßnahmen gebaut wird.
Die Alternative, der Bestandsstreckenausbau, ist teuer, dauert zu lange und bringt massive Beeinträchtigungen während der jahrelangen Bauphase. Gleichzeitig wird er weder in Lüneburg noch im Rest von Deutschland für eine spürbare Verbesserung des Ist-Zustands sorgen.”
Bahn: Variantenvergleich öffentlich machen für sachliche Entscheidung
Im Gespräch waren sich alle Beteiligten einig: Für die Kommunikation mit den Menschen in der Region und den politischen Entscheidungsprozess müssen die Vergleichsdaten der möglichen Trassenvarianten auf den Tisch.
„Vor- und Nachteile für einen Neubau und die Ausbaumöglichkeiten könnte in dem Bahnpapier jeder klar nachlesen“, so Landrat Jens Böther. „Damit können wir die Diskussion versachlichen.“
Generalsanierung 2026 zur Verbesserung des Nahverkehrs
Auch einer Verbesserung des Nahverkehrs auf der Schiene im Rahmen der bereits für 2026 geplanten Generalsanierung durch die Bahn steht die Region positiv gegenüber
Das Fazit des Termins in Berlin fällt insgesamt positiv aus: „Die Verkehrspolitik-Experten des Bundestags haben uns zugehört“, sagt Landrat Jens Böther. „Das ist mir wichtig.
Wichtige Entscheidung für Klima, Wirtschaft und Lebensqualität
Denn der Bundestag entscheidet nicht nur über die Schieneninfrastruktur in Norddeutschland, sondern auch über die Zukunftsfähigkeit unserer Region und unseres Landes – es geht um Klimaziele, wirtschaftliche Entwicklung, aber auch Lebensqualität der Menschen. Dieser Verantwortung muss die Bundespolitik gerecht werden.“
Teilnehmende am Gespräch am 21. Juni 2023
Folgende Personen nahmen an dem Gespräch in Berlin teil:
Landrat Jens Böther, Landkreis Lüneburg
Yvonne Hobro, Landkreis Lüneburg
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, Hansestadt Lüneburg
Erster Stadtrat Markus Moßmann, Hansestadt Lüneburg
Jürgen Kipke, Hansestadt Lüneburg
Samtgemeindebürgermeister Steffen Gärtner, Samtgemeinde Gellersen
Samtgemeindebürgermeister Heiner Luhmann, Samtgemeinde Bardowick
Samtgemeindebürgermeister Martin Feller, Samtgemeinde Bad Bevensen
Stv. Bürgermeister Claus-Philipp Graf, Gemeinde Jelmstorf
Udo Schiefner, Vorsitzender des Bundesverkehrsausschusses
Jakob Blankenburg und Dorothee Martin, SPD
Matthias Gastel und Susanne Menge, Bündnis 90/Die Grünen
Michael Donth, CDU
Dr. Dirk Spaniel, AfD
Dr. Carla Eickmann, Nds. Verkehrsministerium
- SPD-Landesgruppe Niedersachsen-Bremen: Schienenausbau zügig und gesellschaftlich verträglich umsetzen – 15.06.2023
In dem Positionspapier wird erklärt, es seien pragmatische Lösungen erforderlich, um den Ausbau der Schiene zu beschleunigen. Das sei schneller umsetzbar, kostengünstiger und schonender für Natur und Lebensräume als ein Neubau.
Landrat Böther zu den Positionspapieren von SPD und Grünen
„Die Diskussion über mögliche Lösungen für die Bahnstrecke Hannover-Hamburg nimmt gerade Fahrt auf. Das zeigen auch die unterschiedlichen Positionspapiere zur Bahnstrecke Hannover-Hamburg, die aktuell von Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie von Bündnis 90/Die Grünen veröffentlicht wurden“, so Landrat Jens Böther.
Böther: Bestandsausbau kann Anforderungen für Deutschlandtakt nicht erfüllen
„Wir brauchen mehr Kapazitäten, mehr Geschwindigkeit, mehr Menschen und Güter auf der Schiene. Alle Zahlen belegen, dass der Bestandsausbau das nicht leisten kann.
Wir kommen um einen Neubau nicht herum. Da hilft es auch nichts, wenn weiterhin an der Legende vom Konsens zu Alpha E festgehalten wird. Unabhängig davon muss der Bundestag die Interessen der Bevölkerungsmehrheit in ganz Deutschland berücksichtigen.“
Fachlich fundierte Entscheidung nötig
Das Positionspapier der Bundestagsfraktion Bündnis 90ü/Die Grünen sieht er als deutliche Replik auf die Initiative der SPD-Landesgruppen: „Genau wie wir im Landkreis Lüneburg fordert die grüne Bundestagsfraktion eine fachlich fundierte Entscheidung. Sie steht zum Deutschlandtakt und weiteren Eckpunkten zum Bahnverkehr, auf die sich die Bundesregierung 2020 geeinigt hatte.“
VCD Niedersachsen: SPD-Landesgruppen liegen sachlich falsch
Nicht vor lautstarker Minderheit einknicken!
Auch der VCD Niedersachsen kritisiert die SPD-Landesgruppen im Bundestag, die sich gegen die geplanten Bahn-Neubaustrecken Hamburg/Bremen–Hannover und Hannover–Bielefeld aussprechen.
Martin Mützel, VCD Landesvorsitzender: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich die SPD-Landesgruppen Niedersachsen/Bremen und Nordrhein-Westfalen zum Bahnausbau und zum Deutschlandtakt bekennen. Das Positionspapier des SPD-Bundesvorsitzenden Lars Klingbeil geht dann aber von eindeutig falschen Tatsachen aus und kommt damit zu verkehrspolitisch unhaltbaren und fatalen Schlüssen.“
Fachlich unzutreffende Aussagen
So sei es ein Widerspruch, sich zum Deutschlandtakt zu bekennen, aber Fahrzeitvorgaben grundsätzlich abzulehnen. Mützel: „Entweder die Anschlüsse werden erreicht oder nicht. Ein bisschen erreichen geht nicht.“
Auch ist es falsch, dass ein Neubau automatisch länger und teurer als ein Bestandsstreckenausbau sei. So sind zwischen Berlin und München die Neubauabschnitte Halle–Erfurt–Ebensfeld und Nürnberg–Ingolstadt fertig, die dazwischenliegenden Ausbaustrecken nicht. Zwischen Freiburg und Basel ist der neue Katzenbergtunnel in Betrieb, schließt aber nördlich und südlich an die noch zweigleisige Ausbaustrecke an.
Dreigleisiger Ausbau in Winsen
Ein Ausbau von Bahnhöfen und Ortsdurchfahrten bedeutet aufgrund von Platzproblemen meist einen Abriss einer zweigleisigen Strecke und einen völligen Neubau einer drei- oder viergleisigen Strecke.
Mützel: „Bitte erkundigen Sie sich in Winsen, wie die Erfahrungen mit dem dreigleisigen Ausbau dort waren! Wenn man keinen Neubau und ausreichende Kapazitäten will, müsste man dort übrigens auf vier Gleise gehen.“
Mehr Menschen an der Bestandstrecke als an Neubau-Varianten
Der VCD weist darauf hin, dass sowohl zwischen Hamburg und Hannover als auch zwischen Hannover und Bielefeld mehr Menschen an den Bestandsstrecken wohnen, als an den derzeit diskutierten Neubauvarianten.
Selbst die Neubaugegner von „Widuland“ haben eine Variante gefordert, die die Bahnhöfe Wunstorf und Bückeburg mit Neubauabschnitten umgeht. Mützel: „Es wäre schade, wenn die SPD sogar dahinter zurückfällt!“
Lautstarke Minderheit vertritt Partikularinteresse
Damit werde dem Partikularinteresse einer lautstarken lokalen Minderheit Vorzug vor den Interessen der breiten Mehrheit gegeben. Nur mit Neubaustrecken können Orte neu an die Schiene angeschlossen und der Nahverkehr auf den überlasteten Bestandsstrecken ausgebaut werden.
- VCD Niedersachsen: SPD-Landesgruppen liegen bei Bahnprojekten Hamburg/Bremen–Hannover und Hannover–Bielefeld sachlich falsch – 20.06.2023
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