Foto: FUSS e.V. Lüneburg. Lünertorstraße, Nordseite.

Damit alle gut unterwegs sind: AG Lüneburg zu Fuß fordert mehr Rücksicht und Regeltreue bei der Planung

In der zweiten Jahreshälfte 2024 untersuchte die AG Lüneburg zu Fuß den Bahnhof und den Weg dorthin aus der Innenstadt – eine Hauptstrecke für Einheimische und Touristen. Verstöße gegen Barrierefreiheit und Sicherheit der Verkehrsführung wurden aufwändig dokumentiert. Nun stellt die Arbeitsgemeinschaft ihr Fazit vor.


Mitteilung von: AG Lüneburg zu Fuß – Am: 18.12.2024
Online: https://www.luenepedia.de/wiki/L%C3%BCneburg_zu_Fu%C3%9F – Foto: FUSS e.V. Lüneburg 


Unser Fazit: Damit alle gut unterwegs sein können: mehr Rücksicht und mehr Regeltreue gefordert

Foto: FUSS e.V. Lüneburg. Lünertorstraße, Nordseite. Hier kommt es häufig zu Konflikten zwischen Rad- und Fußverkehr und es besteht Unfallgefahr. Die Gründe: Der Radweg ist untermaßig. Der Sicherheitsabstand zu den parkenden Pkw fehlt, es besteht die Gefahr von „Dooring“-Unfällen. Ein Begrenzungsstreifen zum Fußverkehr fehlt. Der Fußweg ist mit 1,60 Metern, teils sogar weniger, ebenfalls untermaßig. Aufsteller und weiteres Mobiliar verringern die Verkehrsfläche zusätzlich. 

In der zweiten Jahreshälfte 2024 untersuchte die AG Lüneburg zu Fuß den Bahnhof – und den Weg dorthin aus der Innenstadt. Hier sind tagtäglich viele Einheimische und Touristen unterwegs. „Wir haben auf unserem GehCheck positive Stellen gefunden, aber gleichzeitig auch klare Verstöße gegen Barrierefreiheit und Sicherheit“, erklärt Erwin Habisch, Mitglied in der Vorbereitungsgruppe der Arbeitsgemeinschaft. Nun stellt die AG Lüneburg zu Fuß ihr Fazit vor. Zusammengefasst fehlt es vor allem an zwei Dingen: Rücksicht im Verkehr und Regeltreue bei Verwaltung und Behörden.

Nicht „die Radfahrer“, sondern Mängel bei Verkehrsführung und Umsetzung des Ordnungsrechts

Und: „Egal, ob zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto“, verdeutlicht Habisch, selbst engagierte Fußgänger und Radfahrer, „auch wenn man sich manchmal übereinander ärgert: Wir sollten uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Fuß- und Radwege in Lüneburg sind stark verbesserungsbedürftig. Defizite bei der Verkehrsplanung und bei der ordnungsrechtlichen Umsetzung, wie wir sie aufgelistet haben, führen immer wieder zu Konflikten. Hier muss angesetzt werden – nicht bei ‚den Radfahrern‘ oder ‚den Fußgängern‘“.

Kontakt mit Hansestadt und Ratsfraktionen

„Wir werden auch diesen Teil der Untersuchung weitergeben an die Hansestadt und hoffen, dass sich die Dinge schrittweise zum Besseren wenden“, erklärt Daniela Laudan, Vorsitzende des Behindertenbeirats von Stadt und Landkreis Lüneburg und Mitglied in der AG. Auch mit den Ratsfraktionen will die Arbeitsgemeinschaft weiterhin in Kontakt bleiben und um Unterstützung werben. „Schließlich ist es für ein touristisches Ziel wie Lüneburg ganz besonders wichtig, dass sich Gäste hier gern aufhalten“, weist Laudan hin. 

Information: Arbeitsgemeinschaft Lüneburg zu Fuß

Die Arbeitsgemeinschaft Lüneburg zu Fuß ist ein 2023 entstandener Zusammenschluss verschiedener Vereine und Initiativen in Lüneburg, darunter ADFC, Behindertenbeirat, Blinden- und Sehbehindertenverband, FUSS e.V., Lebenshilfe, SoVD und VCD. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich dafür ein, dass der Fußverkehr in Lüneburg mehr Aufmerksamkeit und Geltung bekommt. Sie macht auf die Bedeutung von Barrierefreiheit aufmerksam und will Rücksichtnahme und ein gutes Miteinander fördern.

Für ein besseres Miteinander im Verkehr: Mehr Rücksicht und mehr Regeltreue

1. Mehr Rücksicht

Der Verkehrsraum ist begrenzt. Die Flächen, die für Rad- und Fußverkehr – also die Schwächsten und Gefährdetsten – bereitstehen, sind in Lüneburg sehr häufig nicht ausreichend. Das führt immer wieder zu Konflikten untereinander. Damit alle gut unterwegs sein können, hilft: Mehr Rücksichtnahme.

  • Geschäftsleute: Mehr Rücksicht auf den Fußverkehr
    Verkehrsflächen unterhalb der Regelmaße (siehe unten) sollten aus Gründen von Sicherheit und Rücksicht grundsätzlich nicht mit Aufstellern und Auslagen zugestellt werden.
  • Radfahrende: Mehr Rücksicht auf zu Fuß Gehende
    – Für Radfahrende ist wichtig, dass vorbeifahrende Autofahrer den nötigen Abstand einhalten. Auch Radfahrende müssen deutlichen Abstand zu Passant:innen einhalten und ggf. die Geschwindigkeit reduzieren. Sie sollten bedenken: Herannahende Fahrräder werden oft nicht gehört. Zu Fuß Gehende können sehr erschrecken, wenn sie plötzlich von einem Fahrrad überholt werden.
    – Räder sollten nicht auf Gehwegen abgestellt werden, sondern dort, wo sie nicht stören.
  • Zu Fuß Gehende: Verkehrsflächen für Radverkehr beachten
    Wer zu Fuß unterwegs ist, sollte Flächen für den Radverkehr nach Möglichkeit nur zum Überqueren betreten.
  • Autofahrende: Mitverantwortung übernehmen und Verkehrsraum freigeben
    Der bei weitem größte Teil des Verkehrsraums steht dem Autoverkehr zur Verfügung. Einbahnstraßenlösungen, Reduzierung des Tempos, Auflassen von Parkstreifen am Straßenrand – das alles trägt bei, dass auch Fuß- und Radverkehr sicherer unterwegs sein können. Von Autofahrenden ist hier ebenfalls Mitverantwortung und Rücksicht gefordert.
    Denn alle sollen gut unterwegs sein können.
  • Alle Verkehrsteilnehmer:innen: Sich nicht gegeneinander ausspielen lassen!
    Menschen sind oft unterwegs – zu Fuß, mit dem Auto, mit Rad oder Rollator. Eine gelungene Verkehrsplanung hat diese unterschiedlichen Bedürfnisse im Blick. Häufige Konflikte bedeuten nicht, dass „die Radfahrer immer rücksichtslos sind“, sondern: Häufige Konflikte sind ein Signal, dass bei der Infrastruktur dringend nachgebessert werden muss. Nicht immer kann auf jeder Straße allen alles recht gemacht werden. Da hilft es, Zonen und Bereiche für die verschiedenen Verkehrsarten einzurichten, wie zum Beispiel Fußgängerzonen, Fahrradstraßen, Busspuren und Bereiche wie die Ostumgehung für den Autoverkehr.

2. Mehr Regeltreue bei Verkehrsplanung und Ordnungsbehörden

Für Geh- und Radwege gibt es keine verbindlichen, einklagbaren Vorschriften. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung verlangt aber, dass Planer den allgemein anerkannten Vorgaben für den Straßenbau folgen, wie sie in den Regelwerken festgelegt sind.

Verkehrsplanung: Regelwerke bei der Planung beachten

  • Bei der Planung und Sanierung von Verkehrsflächen sollten dringend die aktuellen Regelwerke beachtet und die erforderlichen Maße und Abstände eingehalten werden. Das würde eine Vielzahl an Konflikten und Gefährdungen reduzieren.
  • Der Flächenbedarf von Fuß- und Radverkehr soll Vorrang haben vor dem ruhenden Verkehr, wie es die Regelwerke verlangen.
  • Barrierefreiheit sollte grundsätzliches Prinzip sein.
  • Die Wegführung sollte einheitlichen Prinzipien folgen. Derzeit wird der Radverkehr in Lüneburg mal in, mal gegen die Fahrtrichtung geführt, mal auf dem Gehsteig, mal auf der Fahrbahn, mal neben dem Fußverkehr, mal gemeinsam mit dem Fußverkehr – kurz: Es gleicht einer Schnitzeljagd, hier seinen Weg zu finden. Für die Radverkehrs- und Fußwegeplanung sollten bestimmte Grundsätze definiert werden – und schrittweise umgesetzt werden. Das sieht im übrigen auch der nachhaltige Mobilitätplan NUMP vor.

Ordnungsbehörden: Vorgaben anwenden

  • Wichtig bleibt die Kontrolle des ruhenden Verkehrs. Hierbei kann auch der Radverkehr in den Blick genommen werden. Denn Verkehrswege dürfen nicht unverhältnismäßig eingeengt werden. Das gilt auch für abgestellte Fahrräder.
  • Die Sondernutzungssatzung der Hansestadt sollte konsequent angewandt werden. Hier ist ausdrücklich vorgesehen: Niemand darf durch Werbetafeln oder Auslagen gefährdet oder mehr als vermeidbar behindert oder belästigt werden. Wenn die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs beeinträchtigt wird, kann die Genehmigung versagt oder widerrufen werden.
    Vgl. dazu: Hansestadt Lüneburg: Sondernutzungssatzung für öffentliche Verkehrsflächen (PDF-Datei)

Polizei: Verstärkte Kontrolle des fließenden Verkehrs

  • Auch wenn es bestimmt kein angenehmer Job ist: Regeln ohne Kontrollen funktionieren nicht. Leider.

Bahnhof für alle: Umfassende Untersuchung der Verkehrssituation

Die AG Lüneburg zu Fuß hatte im Herbst 2024 den Bahnhof und die Wegeverbindung zur Innenstadt untersucht. In vier Abschnitten stellt sie ihre Ergebnisse vor. 


Wie breit müssen Geh- und Radwege eigentlich sein?

Für Geh- und Radwege gibt es keine verbindlichen, einklagbaren Vorschriften. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung verlangt aber, dass Planer den allgemein anerkannten Vorgaben für den Straßenbau folgen, wie sie in den Regelwerken festgelegt sind. Diese finden sich in den Regelwerken der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. – kurz FGSV – und gelten für das gesamte Straßen- und Verkehrswesen in Deutschland.

Standardbreite eines Gehwegs: 2,50 Meter

Wie die Grafik zeigt, ist auf dem Gehweg ein Sicherheitsabstand von 20 Zentimetern zum Gebäude einzuhalten. Damit zwei Menschen aneinander vorbeigehen können, ist eine Gehwegbreite von 1,80 Meter nötig. Wenn sich direkt die Fahrbahn anschließt, sollte ein Sicherheitsabstand zum Autoverkehr von 50 Zentimetern folgen. Das ergibt eine Gesamtbreite von 2,50 Metern.

Wenn neben dem Fußweg ein Radweg verläuft, verlangen die Regelwerke einen 30 Zentimeter breiten Trennstreifen. Dieser sollte optisch und taktil deutlich erfassbar sein, damit auch Blinde und Sehbehinderte ihn gut erkennen.

Vorgaben der Regelwerke für Geh- und Radwege innerorts mit Maßangaben. Grafik: Dietmar Rudolph

Vorgaben der Regelwerke für Geh- und Radwege innerorts mit Maßangaben. Grafik: Dietmar Rudolph. Fuss e.V.: Broschüre zum Herunterladen

Handlungsbedarf in Lüneburg

Gehweg in der Salzstraße. Foto: Lüne-Blog.

Foto: Lüne-Blog. Gehweg in der Salzstraße. 2024 untersuchte die AG Lüneburg zu Fuß neben dem Bahnhof auch die Salzstraße. Die Dame hier muss auf dem Radweg gehen. Denn der Gehweg bietet viel zu wenig Platz. Obendrein ist er durch einen Werbeaufsteller versperrt. In Lüneburg besteht an vielen Orten Handlungsbedarf. 

Foto: FUSS e.V. - Lünertorstraße, Nordseite.

Foto: FUSS e.V. – Lünertorstraße, Nordseite. Dieser Verbindungsweg zwischen dem Stadtosten, Bahnhof und Innenstadt wird intensiv von Fuß- und Radverkehr genutzt. Hier sind Nachbesserungen nötig.

Lünepedia: AG Lüneburg zu Fuß

Die Arbeitsgemeinschaft Lüneburg zu Fuß ist ein 2023 entstandener Zusammenschluss verschiedener Vereine und Initiativen in Lüneburg, darunter ADFC, Behindertenbeirat, Blinden- und Sehbehindertenverband, FUSS e.V., Lebenshilfe und VCD.

Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich dafür ein, dass dem Fußverkehr in Lüneburg mehr Aufmerksamkeit und Geltung verschafft wird. Dafür macht sie auf Barrierefreiheit aufmerksam und will Rücksichtnahme und ein gutes Miteinander fördern.

Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Lüneburg_zu_Fuß

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