Heinrich-Böll-Haus Lüneburg: Trägerverein muss Haus räumen – Forderungen des Eigentümers
Am 8. Dezember 2023 wurde vor dem Landgericht Lüneburg die Entscheidung zum Heinrich-Böll-Haus in Lüneburg verkündet: Der Trägerverein muss das Haus geräumt an den Eigentümer übergeben. Für den Verein, die betroffenen Initiativen stellt sich nun die Frage: Wie weiter? In einem gemeinsamen Schreiben erläuterten die Erbengemeinschaft Heinrich Böll und der Eigentümer der Immobilie bereits vor der Verhandlung, wie sie sich eine Fortführung vorstellen.
Die Ereignisse und Konflikte rund um das Heinrich-Böll-Haus haben zu tiefen Verletzungen und großer Trauer bei vielen Beteiligten und Betroffenen geführt. Wie es weitergeht, ist derzeit völlig unklar. Beide Seiten sollen gleichzeitig die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Deshalb sind diese hier wiedergegeben. Die Redaktion.
Mitteilung von: Verein „Unsere Welt – für Frieden, Umwelt, Gerechtigkeit e.V.“ – Am: 08.12.2023 – Foto: Markus Wohlfarth
Gerichtsentscheid Heinrich-Böll-Haus: Trägerverein muss Haus geräumt übergeben
Katzenstraßenfest am 22. Oktober 2023: Entspanntes Treiben. Foto: Markus Wohlfarth.
Am 8. Dezember 2023 wurde vor dem Landgericht Lüneburg die Entscheidung zum Heinrich-Böll-Haus in Lüneburg verkündet. Der gemeinnützige Verein „Unsere Welt – für Frieden, Umwelt, Gerechtigkeit e.V.“, Trägerverein des Hauses, hat das Haus seit über 30 Jahren gemietet und an die Gruppen im Haus weitervermietet. Er hat den Prozess verloren und muss damit das Haus geräumt an den Eigentümer übergeben.
Trägerverein bedauert Entscheidung
„Wir sind enttäuscht und traurig. Lüneburg verliert einen Ort für politisches, soziales und ökologisches Engagement“, so Beate Friedrich, Teil des Vorstands des Trägervereins.
Das Heinrich-Böll-Haus war seit Beginn der 1990-er Jahre ein selbstverwalteter und unabhängiger Ort für das Engagement für eine Vielzahl von Themen: nachhaltige Mobilität, Natur- und Umweltschutz, nachhaltige Ernährung, Klimaschutz, Kinderrechte, globale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Willkommenskultur, geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, Fairer Handel, Bildungsgerechtigkeit, Antirassismus und Antifaschismus.
Frage: Wohin?
„Ein Ort für Vernetzung und Kommunikation wird fehlen, ein Ort für Treffen und Austausch, ein Ort für unseren Versuch, die Welt ein Stück besser zu machen“, so Beate Friedrich.
„20 Initiativen verlieren damit ihr Dach über dem Kopf. Nun stehen wir vor der ganz praktischen Frage: Wohin?“
Gemeinnützige Projekte werden weitergeführt
Der Verein „Unsere Welt – für Frieden, Umwelt, Gerechtigkeit e.V.“ setzt auch immer wieder gemeinnützige Projekte um.
Ein Beispiel dafür ist die Bio-Brotbox-Aktion: Seit über 15 Jahren werden im Herbst lecker gefüllte Brotboxen an Kinder der ersten Grundschulklassen in Stadt und Landkreis Lüneburg verteilt, um Aufmerksamkeit für gesundes Frühstück und Lebensmittelherkunft zu schaffen. Diese Projekte werden fortgeführt.
Mitteilung von: Erbengemeinschaft Heinrich Böll / Eigentümer Heinrich-Böll-Haus Lüneburg – Am: 06.12.2023
Online: https://heinrich-boell-haus-lueneburg.de/
Weiterführung des Hauses: Forderungen von Eigentümer und Erbengemeinschaft
Stellungnahme der Erbengemeinschaft Heinrich Böll und des Eigentümers des Hauses Katzenstr. 2
Lars Meyer-Ohlendorf, Alleineigentümer des Hauses Katzenstraße 2 in Lüneburg, und René Böll, Nachlassverwalter und Sohn von Heinrich Böll, erklären, dass sie die Nutzung des Hauses weiterhin ermöglichen wollen. Ihre Vorstellungen, wie das geschehen soll, haben sie am 23. Oktober 2023 schriftlich fixiert.
Gemeinsame Erklärung der Erbengemeinschaft Heinrich Bölls und des Hauseigentümers
Die Erklärung ist hier in Auszügen wiedergegeben:
„1. Der derzeitige Räumungsprozess vor dem Landgericht gegen den ehemaligen Mieter, der sich laut Paragraph l der aktuellen Satzung des Vereins „Unsere Welt für Frieden, Umwelt und Gerechtigkeit e.V, abgekürzt „Böllhaus-Verein“ nennt, soll einen Neuanfang und eine einvernehmliche Weiterführung ermöglichen.
Kurzfristiges Ziel ist es, dass Rechtssicherheit über die Verfügbarkeit und Sicherheit der Räume und die Namensrechte geschaffen wird. Dabei soll dem Verein, der sich laut seinen Statuten abgekürzt „Böllhaus-Verein“ nennt untersagt werden den Namen Böll in seinem Vereinsnamen zu benutzen.
Wie mit dem Namen des Hauses in der Katzenstr. 2, dem seit 30 Jahren stadtbekannten „Heinrich-Böll-Haus in Lüneburg“ umgegangen wird, soll gemeinsam entschieden werden. […]
3. Außerdem soll jeder baurechtswidrige Betrieb, insbesondere jedweder Verstoß gegen Brandschutzvorgaben, und zwar formeller oder materiell rechtlicher Art ab sofort strengstens unterbunden werden.
4. Die weitere Verwendung des Namens Heinrich Böll für das Haus hängt in jedem Fall davon ab, ob der jeweilige Betrieb den u.a. folgenden Werten entspricht:
-
- Absolute Gewaltfreiheit.
- Klare Abgrenzung zum Axel-Springer-Verlag, keinerlei falsche und/oder öffentliche Verleumdung.
- Nur streng ordnungsrechtlich konformer Betrieb.
- keine kommerzielle Nutzung des Hauses ohne Mittelrückführung in das Haus.
[…]
11. Die Miete darf niemals die jeweilige Marktmiete überschreiten. Die Sanierungsarbeiten sollen auch davon getragen werden. Öffentliche Förderungen sind willkommen.
12. Das Haus muss nachhaltig sein.
[…]
14. Viele der jetzigen Nutzer sollen das Haus weiter nutzen.“
Mehr Information und Kontakt
- Heinrich-Böll-Haus Lüneburg: https://heinrich-boell-haus-lueneburg.de
Auf der Internetseite ist die obige Vereinbarung im gesamten Wortlaut als PDF-Dokument zu finden, dazu auch ein ausführlicher offener Brief der Erbengemeinschaft Heinrich Bölls und des Eigentümers, Lars Meyer-Ohlendorf, in dem sie ihre Sicht der Dinge darstellen.
Lünepedia: Heinrich-Böll-Haus
Achtung: Aktualisierung in Vorbereitung!
Das Heinrich-Böll-Haus Lüneburg befindet sich in der Katzenstraße 2, 21335 Lüneburg. Es ist ein Informations-, Kommunikations- und Aktionszentrum für Umwelt-, Entwicklungs- und Sozialpolitik.
Das Heinrich-Böll-Haus bietet ein Netzwerk und dient als zentrale Anlaufstelle für engagierte Gruppen aus der Region. Grundsätzlich ist jede*r eingeladen, mit seiner oder ihrer Idee oder Gruppe in das Haus zu kommen. Über 20 Initiativen sind im Haus vertreten.
Träger ist der gemeinnützige Verein Unsere Welt – für Frieden, Umwelt, Gerechtigkeit e.V. Das Haus ist finanziell unabhängig und deckt die strukturellen Kosten wie Mieten, Nebenkosten und Telekommunikation durch die Miet- und Untermietverhältnisse mit den jeweiligen Initiativen. Das Spenden an den gemeinnützigen Trägerverein ist ebenfalls möglich.
Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Heinrich-Böll-Haus
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