Fahrradunfall. Foto: Stephan Wusowski, Pixabay.

Lüneburg: Große Betroffenheit nach Tod eines verunfallten Radfahrers

Am 6. Mai 2025 kollidierten ein Radfahrer und ein Autofahrer im Stadtteil Kreideberg, zwei Wochen später verstarb der 26-jährige Radfahrer. Das Ereignis rückt das Unfallgeschehen vor Ort in den Blick – und die Frage, ob wir uns in der Hansestadt wirklich damit zufrieden geben sollen, dass jährlich Hunderte im Straßenverkehr verletzt oder, wie in diesem Fall, sogar getötet werden. Privatpersonen und Verbände stellen nachhaltige Anfragen an die Stadtpolitik. 


Mitteilung von: Verschiedene – Am: Mai 2025
Online: s.u. – Foto: Fahrradunfall, Beispielbild Pixabay


Inhalt:
I. Erster Todesfall bei Unfall in diesem Jahr: Radfahrer verstorben (Leserbrief)
II. 2024 rund 800 Verletzte im Landkreis – VCD Elbe-Heide zur Unfallstatistik in Lüneburg
III. Radentscheid Lüneburg: Blick auf die Unfallstatistik

I. Erster Todesfall bei Unfall in diesem Jahr: Radfahrer verstorben

Ein 26 Jahre alter Radfahrer fuhr am 6. Mai 2025 gegen 7:30 Uhr die Von-Dassel-Straße in Lüneburg entlang und wollte nach links auf die Straße Am Kreideberg einbiegen. Dabei kollidierte er mit einem der Straße folgenden VW Caddy. Der 26-Jährige erlitt schwere Verletzungen und wurde mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht. Der 37 Jahre alte PKW-Fahrer blieb unverletzt. So der Polizeibericht am 6. Mai 2025. Wie die örtliche Landeszeitung am 23. Mai 2025 berichtete, starb der Radfahrer inzwischen an seinen Verletzungen. 

Leserbrief: Große Betroffenheit in der Stadtbevölkerung

Der Todesfall sorgte für große Betroffenheit. „Was müssen wir tun, um die vielen schweren Verkehrsunfälle zu reduzieren? Es darf nicht sein, dass diese häufigen Unfälle kaum beachtet werden. Die Sicherheit im Verkehr sollte für alle höchste Priorität haben!“, wendet sich Anke O. (Name der Redaktion bekannt), Altersgruppe Ü60, in einem Leserbrief an die Landeszeitung, der zur Kenntnis weitergeleitet wurde. 

Sie verbindet das mit Kritik an der Berichterstattung: Wenn Fußgänger und Radfahrer von Autofahrern angefahren und dabei häufig schwer verletzt würden, werde darüber nur ganz kurz oder gar nicht geschrieben. „Sogar wenn ein 26-jähriger Radfahrer nach dem Unfall am Kreideberg stirbt, wird dies nur in einer Randnotiz erwähnt.“ Warum der Autofahrer nicht rechtzeitig bremsen konnte oder der Radfahrer das Auto übersehen habe und ob es an dieser Kreuzung vielleicht eine zu behebende Gefahrenstelle gibt – solche wichtigen Fragen blieben ungeklärt.

II. 2024 rund 800 Verletzte im Landkreis – VCD Elbe-Heide zur Unfallstatistik in Lüneburg

Tatsächlich gibt es in Lüneburg regelmäßig Unfälle im Straßenverkehr, auch mit Todesfolge. Nach einem deutlichen Rückgang während der Corona-Jahre 2020/21 stiegen die Unfallzahlen schnell wieder auf das frühere Niveau. An die 100 Schwerverletzte, 700 Leichtverletzte und ein Todesfall – das ist die Unfallbilanz 2024 allein für den Landkreis Lüneburg (siehe Grafiken unten).

„Wir haben uns an das tägliche Verstümmeln und Sterben im Straßenverkehr gewöhnt. Wir gehen darüber einfach hinweg und nehmen es achselzuckend hin“, sagt Jonas Korn vom VCD Elbe-Heide. „Dabei wissen wir aus zahlreichen Beispielen, was dagegen helfen würde!“

Unzählige Menschen betroffen

Von 2004 bis 2024 haben deutschlandweit knapp 75.000 Menschen ihr Leben im Straßenverkehr verloren, hat der VCD ermittelt. Das entspricht dem Fassungsvermögen der Münchner Allianz Arena. Das heißt: In den letzten 20 Jahren ist ein komplett gefülltes Fußballstadion auf deutschen Straßen tödlich verunglückt. Im gleichen Zeitraum wurden 7,8 Millionen Menschen im Verkehr verletzt, das sind fast zehn Prozent der deutschen Bevölkerung. Der ökologische Verkehrsclub VCD setzt sich daher seit über 20 Jahren für die Vision Zero ein. Denn jeder Mensch, der im Straßenverkehr sein Leben verliert oder schwer verletzt wird, ist einer zu viel. 

Mehr Einsatz für Verkehrssicherheit gefordert

„Der Rat der Hansestadt hat am 12. Mai 2022 beschlossen, sich dem Bürgerbegehren Radentscheid anzuschließen und die geforderten Maßnahmen umzusetzen. Statt Stimmungsmache gegen den Radverkehr sollten sich die Fraktionen jetzt endlich engagiert für Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung einsetzen“, so Korn.

III. Radentscheid Lüneburg: Blick auf die Unfallstatistik

Auch der Radentscheid Lüneburg zeigt sich in Sorge. Im Landkreis Lüneburg gab es 2024 rund 430 Unfälle mit Fahrrädern oder Pedelecs: Laut Unfallstatistik gehen etwa zwei Drittel aller Fahrradunfälle auf Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmenden zurück, meist auf Kollisionen mit Autos. Diese Unfälle geschehen insbesondere in Kreuzungsbereichen und Einmündungen und haben schwerste Folgen. Bei Kollisionen mit Autos trägt in 75 Prozent der Fälle der/die Autofahrer:in die Hauptschuld.

Beschluss: Eine Kreuzung pro Jahr verbessern und Sicherheit erhöhen

Lüneburgs gefährlichste Knotenpunkte sind in der „Radverkehrsstrategie 2025“ von 2018 und etlichen Berichten der Unfallkommission identifiziert. Mit dem Beitritt zum Radentscheid beschloss der Rat im Mai 2022, ab 2023 die Sicherheit einer Kreuzung pro Jahr zu verbessern. Als die Verwaltung 2024 die Entwurfsplanung für den Umbau der Sternkreuzung präsentierte, stellten SPD, CDU und FDP jedoch die Notwendigkeit eines Umbaus plötzlich wieder grundsätzlich in Frage. Die Maßnahme ist nun auf frühestens 2027 verschoben und die Sternkreuzung wird sehr wahrscheinlich Unfallschwerpunkt bleiben. Immerhin steht nun die Entschärfung der Kreuzungssituation in der Dahlenburger Landstraße-Pulverweg kurz bevor.

Jeder dritte Alleinunfall durch mangelhafte Infrastruktur verursacht

Nach Polizeiangaben geht jeder dritte Alleinunfall von Radfahrenden auch auf das Konto mangelhafter Infrastruktur. Laut einer Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV), in der u. a. 8.000 Rad-Alleinunfälle in fünf Bundesländern aus 2023 ausgewertet wurden, sind gut befahrbare, sichere Radwege entscheidend für weniger Alleinunfälle.

Lüneburg ist nicht untätig. So werden laufend mit kleinen Maßnahmen Gefahrenquellen entschärft, wie kürzlich die An der Soltauer Bahn kreuzenden Bahngleise. Etliche mithilfe der Leuphana Universität identifizierte Mikromängel wurden in den vergangenen Jahren ebenfalls eliminiert. Aber das Hauptproblem bleibt: Ein Mangel an bedarfsgerechten, sicheren Radwegen, die den „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)“ entsprechen.

Beschluss, jährlich 3 Kilometer Radweg nach Vorgaben zu gestalten, wird nicht umgesetzt

Dem im Radentscheid formulierten Ziel, 3 Kilometer Radverkehrsanlagen pro Jahr ab 2023 ERA-konform neu- oder auszubauen, hinkt die Stadt weit hinterher. In der Diskussion um den NUMP wurde wieder deutlich, dass SPD, CDU und FDP derzeit auch wenig Interesse haben, beim Ausbau der Radinfrastruktur irgendetwas zu beschleunigen.

„Vision Zero“: Null Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr

Die EU und die Bundesregierung unterstützen die „Vision Zero“, das Ziel von null Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr. Auch die StVO wurde angepasst, um den Ländern und Kommunen mehr Entscheidungsspielräume zu eröffnen. „Die Lüneburger Verwaltung hat Gefahrenstellen identifiziert und etliche Gutachten und Pläne erarbeitet. Wenn sich der politische Wille aber weitgehend in Lippenbekenntnissen erschöpft und keine wirkliche Bereitschaft da ist, die Radinfrastruktur grundlegend zu verbessern, werden die Unfallzahlen weiter steigen“, befürchtet die Initiative Radentscheid.

Mehr bei Lüne-Blog

  • Polizeiinspektion Lüneburg: Unfallstatistik 2024 insgesamt und im Landkreis – 09.04.2025
    Über 4000 Verkehrsunfälle gab es 2024 allein im Landkreis Lüneburg mit insgesamt rund 800 Verletzten. Eine hohe Zahl an Opfern und viel Leid, mit dem wir uns nicht abfinden sollten. Immerhin: Im Vergleich zum deutlichen Anstieg nach den Coronajahren ist 2024 ein Rückgang zu verzeichnen. Die Polizei bemüht sich weiter um Prävention und Verkehrskontrollen.
  • Radentscheid 2022-2025: Enttäuschende Bilanz nach drei Jahren – 12.05.2025
    Genau drei Jahren ist es her: Am 12. Mai 2022 beschloss der Rat der Stadt Lüneburg, sich dem Bürgerbegehren Radentscheid anzuschließen und die geforderten Maßnahmen umzusetzen. Drei Jahre später ist deutlich: Die beschlossenen Ziele wurden in weiten Teilen nicht erreicht. Statt Stimmungsmache mahnt die Initiative bei den Ratsfraktionen von SPD, CDU und FDP jetzt verantwortliches Verhalten und mehr Sicherheit im Verkehr an. 

Polizeiliche Unfallzahlen in Lüneburg und Landkreis 

Unfallatlas Deutschland: Unfälle, an denen Radfahrende beteiligt waren im Jahr 2023.  Quelle: https://unfallatlas.statistikportal.de/, Datenlizenz Deutschland – Namensnennung – Version 2.0, Lizenz-URI „http://www.dcat-ap.de/def/licenses/dl-by-de/2.0, URL: http://www.govdata.de/dl-de/by-2-0.

Unfallatlas Deutschland: Lüneburg 2023. Jeder gelbe Punkt hier ist ein Unfall mit Personenschaden mit Beteiligung von Radfahrenden. Die Daten von 2024 sind noch nicht eingearbeitet. Quelle: https://unfallatlas.statistikportal.de/, Datenlizenz Deutschland – Namensnennung – Version 2.0, Lizenz-URI „http://www.dcat-ap.de/def/licenses/dl-by-de/2.0, URL: http://www.govdata.de/dl-de/by-2-0


Polizeiliche Unfallstatistik 2024 im Landkreis Lüneburg. Zahl der Verkehrsunfälle 2024 und 2023.

Polizeiliche Unfallstatistik 2024 im Landkreis Lüneburg. Zahl der Verkehrsunfälle 2024 und 2023


Polizeiliche Unfallstatistik 2024: Verkehrsunfälle mit Zweirädern. Die Zahl der Unfälle mit motorisierten Zweirädern hat im Vergleich zum Vorjahr um etwa 10 Prozent zugenommen. Immerhin: Bei deer Zahl der Unfälle mit Pedelecs und Fahrrädern hat - nach deutlichem Anstieg 2023 - im Jahr 2024 wieder abgenommen. Bei E-Scootern ist die Tendenz steigend.

Polizeiliche Unfallstatistik 2024: Verkehrsunfälle mit Zweirädern. Die Zahl der Unfälle mit motorisierten Zweirädern hat im Vergleich zum Vorjahr um etwa 10 Prozent zugenommen. Immerhin: Die Zahl der Unfälle mit Pedelecs und Fahrrädern hat – nach deutlichem Anstieg 2023 – im Jahr 2024 wieder abgenommen. Bei E-Scootern ist die Tendenz steigend.


Polizeiliche Unfallstatistik 2024: Zahl der Verkehrsunfälle in den letzten 10 Jahren in Lüneburg. Der Rückgang während der Corona-Zeit ist deutlich sichtbar.

Polizeiliche Unfallstatistik 2024: Zahl der Verkehrsunfälle in den letzten 10 Jahren im Landkreis Lüneburg. Der Rückgang während der Corona-Zeit ist deutlich sichtbar. Danach steigen die Unfallzahlen wieder scharf an. Nach einem leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr liegen die Unfallzahlen von 2024 mit 4121 Unfällen wieder gleichauf mit 2019, wo es 4124 Unfälle gab. 

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Ein Kommentar

  • Zu behaupten, dem im Radentscheid formulierten Ziel, 3 Kilometer Radverkehrsanlagen pro Jahr ab 2023 ERA-konform neu- oder auszubauen, hinkt die Stadt weit hinterher, ist noch Schönfärberei. Sie baut GAR KEINE ERA-konformen Radwege. Die Neubauten der vergangenen zwei Jahre sind alle schmäler, als nach ERA 2010 gebaute Radwege. Die werden nur im Landkreis außerhalb der Hansestadt gebaut.
    Demnächst kommt eine neue überarbeitete ERA 2026 (?) mit noch höheren Anforderungen an Radverkehrswege, denen Lüneburg dann noch stärker hinterherhinkt.
    Von Erbstorf geht ein vom Landkreis gebauter 2,50 Meter breiter Radweg (und damit ERA 2010-konform) bis zum Ebensberg. Ab Ortsschild Lüneburg Ebensberg ist es dann vorbei mit ERA 2010: Obwohl erst jetzt neu gebaut, geht es im Stadtgebiet schmäler weiter – SCHLECHTER als ERA 2010-Standard… und das ist der Lüneburger Standard: Ausnahmen für kurze Abschnitte für alte Bäume etc. werden fälschlich auf die gesamte Strecke geltend gemacht. Eine Ausrede hat man immer parat. Das ist nicht ERA 2010, das ist Schummelei.

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