„Schichtwechsel“: Menschen mit und ohne Behinderung tauschen den Arbeitsplatz
Auch Lüneburger Unternehmen und regionale Werkstätten beteiligten sich dies Jahr am bundesweiten Aktionstag „Schichtwechsel“. Dabei tauschen Menschen mit und ohne Behinderungen ihren Arbeitsplatz und lernen so die andere Arbeitswelt kennen. Prominentester Teilnehmer in Niedersachsen war Ministerpräsident Stephan Weil: Er arbeitete in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Hannover mit.
Mitteilung von: Lebenshilfe Lüneburg-Harburg. – Am: 12.10.2023
Online: https://www.lhlh.org/ – Foto: Lebenshilfe Lüneburg-Harburg.
Bundesweiter Aktionstag „Schichtwechsel“: Für Teilhabe und Vielfalt
Am bundesweiten Aktionstag „Schichtwechsel“ am 12. Oktober 2023 wechselten Menschen mit und ohne Behinderungen in ganz Deutschland ihren Arbeitsplatz und lernen so die jeweils andere Arbeitswelt kennen. In diesem Jahr waren auch die Lebenshilfe Lüneburg-Harburg und der SOS-Hof Bockum beteiligt.
1. Lebenshilfe-Werkstatt Tostedt beim Hamburger Unternehmen Riesch & Held
Ricardo Ramm aus der Lebenshilfe-Werkstatt Tostedt lernte beim „Schichtwechsel“ das Hamburger Unternehmen Riensch & Held kennen. Foto: Lebenshilfe Lüneburg-Harburg.
Tausch zwischen Filter-Hersteller Riensch & Held und der Lebenshilfe-Werkstatt in Tostedt
Drei Menschen mit Behinderung aus der Werkstatt in Tostedt lernten den Filter-Hersteller Riensch & Held in Hamburg-Allermöhe kennen. Im Gegenzug wechselte ein Mitarbeiter von dort in die Montage in Tostedt.
Während Ricardo Ramm für Nachschub an einer Fertigungsstation sorgt, bereitet Anke Schmude Kunststoff-Halterungen mit Staubsaugerfiltern vor. Und im Lager steuert Nils Hanke, der über einen Stapler-Schein verfügt, mit ruhiger Hand einen Querstapler. Zur gleichen Zeit steht in Tostedt Axel Dreger in der Montagehalle.
Mitarbeitende werden auf ersten Arbeitsmarkt vermittelt
„Mit Aktionen wie ‚Schichtwechsel‘ können wir zeigen, wie viel Positives die Werkstätten für Menschen mit Behinderung leisten“, betont Bereichsleiterin Katja Zobel von der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg. „Wir qualifizieren unsere Mitarbeitenden und vermitteln auch auf den ersten Arbeitsmarkt. Aber das ist viel zu wenig bekannt.“
Lebenshilfe Lüneburg-Harburg mit rund 900 Werkstatt-Plätzen
Die Lebenshilfe Lüneburg-Harburg bietet rund 900 Werkstatt-Plätze an sechs Standorten in beiden Landkreisen. Zur Werkstatt in Tostedt gehören Montage, Küche, Wäscherei, Garten- und Landschaftsbau. Dauerhafte Außengruppen sind eingerichtet in den Museen am Kiekeberg und in Wennerstorf.
Filter-Hersteller Riensch & Held ist der Werkstatt schon seit Jahrzehnten verbunden. Die Aufträge reichen von einfachen Tätigkeiten bis zu komplexen Anforderungen und sichern dauerhaft Beschäftigung und Förderung für rund 40 Menschen mit Handicap.
Beschäftigte können auch auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen
„Vom Perspektivwechsel profitieren beide Seiten“, unterstreicht Katja Zobel. „Bei uns erfahren die Tauschpartner, wie wichtig Werkstätten für die Teilhabe am Arbeitsleben und für die Eingliederung sind.“
Das Bild der „beschützten Einrichtung“, wo Beschäftigte nur einfachste Tätigkeiten ausführen, sei längst überholt, so die Bereichsleiterin. „Und die Werkstatt-Beschäftigten erleben voller Stolz, dass sie mit vielen ihrer Fähigkeiten auch auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen können.“
Mehr Information und Kontakt
- Lebenshilfe Lüneburg-Harburg: Unsere Leistungen für Industrie, Handel und privat
Die Lebenshilfe bietet eine professionelle Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen: Die Tischlerei fertigt erstklassige Möbel, die Großküchen versorgen täglich 1.800 Menschen mit gesundem Essen, die Montage baut Einzelteile zu Lichtbändern für Büros oder Hallen zusammen. In den Teams arbeiten Handwerker mit pädagogischer Zusatzqualifikation, teilweise auch Handwerksmeister, geschulte Werkstattbeschäftigte und pädagogische Mitarbeitende zusammen.
2. Lüneburg: Drei Lüneburger Unternehmen tauschten mit SOS-Hof Bockum
Mit dabei am Aktionstag war auch der SOS-Hof Bockum. Drei Werkstattbeschäftigte aus Bockum arbeiteten in Lüneburger Unternehmen mit. Gleichzeitig lernten Mitarbeitende von Edeka Bergmann, der Hochwald Molkerei und vom Naturkostladen Häcklingen für einen Tag die Arbeitsbereiche der Werkstatt für Menschen mit Behinderung kennen.
- Monika Lesch von Edeka Bergmann freut sich über ein Wiedersehen mit Florian, der ihr im letzten Jahr in Bockum Tätigkeiten in der Käserei erklärt hatte. Sie erinnert sich an den wertschätzenden, unterstützenden Umgang dort, der sie auch nachdenklich für den eigenen Arbeitsalltag stimmte. Heute unterstützt Florian einen Tag in der Molkereiabteilung von Edeka Bergmann und meistert die neuen Aufgaben zügig und mit Konzentration.
- Nele Ostermann von der Hochwald Molkerei begleitet dort Bianca: „Bianca konnte den ganzen Weg der Milch von der Anlieferung bis zum fertigen Produkt in unseren Produktionsräumen kennenlernen. Der Austausch mit einer Beschäftigten der Bockumer Käserei, in der viel Handarbeit geschieht, war für mich sehr bereichernd.“
- Hendrik, normalerweise angehender Mechatroniker bei der Hochwald Molkerei, freut sich über den abwechslungsreichen Tag im Bereich Landwirtschaft: „Statt mit Maschinen arbeiten wir heute mit Menschen und Tieren. Hier ist ein anderes Tempo, aber die Arbeit wird trotzdem erledigt.“
Austausch und gegenseitiges Kennenlernen sehr positiv
Michael Grebe, Bereichsleiter Arbeit auf dem Hof Bockum, unterstützt den jährlichen Austausch gerne: „Der Schichtwechsel ist für unsere Werkstattbeschäftigten die Chance, einen Einblick in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Uns ist es wichtig, Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben zu unterstützen, dafür ist der Aktionstag eine besonders gute Möglichkeit.
Andersherum haben Arbeitnehmer:innen aus den Unternehmen die Gelegenheit, den Arbeitsalltag einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und Begegnungen auf Augenhöhe zu erleben.“
Mehr Information und Kontakt
Seit über 30 Jahren gibt die Einrichtung SOS-Hof Bockum bei Amelinghausen erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung einen Ort zum Leben. Soziale und berufliche Integration wird durch die Betreuung und Förderung in unterschiedlichen Wohnformen und die Arbeitsmöglichkeiten in unserer Werkstatt für behinderte Menschen unterstützt.
- Portrait: Der SOS-Hof Bockum stellt sich vor
- SOS-Kinderdorf Bockum: https://www.sos-kinderdorf.de/sos-hof-bockum
3. Hintergrund: Aktionstag Schichtwechsel
Initiator von „Schichtwechsel“ ist die bundesweite Dachorganisation der Werkstätten (BAG WfbM). Werkstätten für behinderte Menschen bieten Menschen, die aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, durch die Werkstattleistung Teilhabe am Arbeitsleben.
Es existieren jedoch immer noch viele Klischees über Werkstätten und die dort arbeitenden Menschen mit Behinderungen. Beim Aktionstag „Schichtwechsel“ soll damit aufgeräumt werden.
Im Rahmen des Aktionstags tauschen Menschen mit und ohne Behinderung für einen Tag ihren Arbeitsplatz. Prominentester Teilnehmer in Niedersachsen war 2023 Ministerpräsident Stephan Weil: Er arbeitete in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Hannover mit.
Bundesweit sind mehr als 300.000 Menschen mit Behinderung in Werkstätten beschäftigt. In Niedersachsen sind es rund 31.000.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM): Aktionstag Schichtwechsel
Fotos vom Schichtwechsel am 12. Oktober 2023
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