Stadt Lüneburg: 50 Meter Gehweg am Klosterkamp wurden saniert
Die Stadt Lüneburg hat 50 Meter Gehweg im Klosterkamp/Kreuzungsbereich Konrad-Adenauer-Straße saniert und dort eine einheitliche Breite von ca. 1,50 Metern hergestellt. Die Kosten der Maßnahme betragen rund 30.000 Euro, jährlich sind in Lüneburg 60.000 Euro für diesen Zweck vorgesehen. Zusatz-Info: Was ist von gemeinsamen Fuß- und Radwegen zu halten und wie breit sollen Gehwege eigentlich sein?
Mitteilung von: Hansestadt Lüneburg
Am: 09.03.2022
Gehweg am Klosterkamp wurde im nördlichen Teil saniert
Foto: Hansestadt Lüneburg. Sanierter Fußweg am Klosterkamp
Auf einer Länge von rund 50 Metern hat die Hansestadt Lüneburg den Gehweg im Klosterkamp im Kreuzungsbereich zur Konrad-Adenauer-Straße saniert. Hier wurde die Asphaltbefestigung des Gehweges aufgenommen und eine neue Pflasterdecke hergestellt, skizziert Sebastian Effe aus dem Bereich Straßen- und Ingenieurbau. Darüber hinaus wurde die Gehweg-Breite an dieser Stelle auf rund eineinhalb Meter vereinheitlicht.
Die Kosten für die Baumaßnahme belaufen sich auf circa 30.000 Euro. Die Baustelle wird im Laufe des Tages komplett zurückgebaut. Die nächsten Gehwegmaßnahmen sind für das zweite Halbjahr 2022 in der Boecklerstraße und im Göxer Weg geplant – jeweils vorbehaltlich der Haushaltsfreigabe.
Seit einigen Jahren stehen im städtischen Haushalt jährlich 60.000 Euro für die Sanierung von Gehwegen zur Verfügung.
Hintergrund-Information:
Breite von Gehwegen und kombinierte Geh- und Radwege
1. Wie breit müssen Gehwege sein?
„Gehwege sollen grundsätzlich mit dem Regelmaß von 2,50 Meter Breite geplant werden. Die veraltete Vorgabe eines Mindestmaßes von 1,50 Meter existiert schon lange nicht mehr – weder im aktuellen Regelwerk noch in der Straßenverkehrs-Ordnung und der entsprechenden Verwaltungsvorschrift.“
Die Bundesregierung: Geh-rechte Verkehrsplanung (22.10.2020) – mehr
Regelbreite
„Ein einzelner Fußgänger benötigt mindestens eine Breite von 0,8 Meter. Gehen zwei Fußgänger nebeneinander, so beträgt der Breitenbedarf bereits 1,80 Meter.“ Mit entsprechenden Zuschlägen „ergibt sich eine Mindestgehwegbreite von 2,50 Meter. Erst ab dieser Breite ist eine ungehinderte Begegnung von zwei Fußgängern möglich.“
FIS Forschungs-Informations-System: Dimensionierung von Fußgängerverkehrsanlagen (25.05.2018) – mehr
Drei Ausnahmen
„Nur in drei Fällen können – davon abweichend – kleinere Mindestgehwegbreiten angesetzt werden:
a) 2,10 Meter bei Wohnwegen mit offenen bzw. niedrigen Einfriedungen […]
b) 1,50 Meter bei beengten dörflichen Hauptstraßen mit geringem Fußverkehrsaufkommen (RASt 5.1.2). Bis in die 1970er Jahre galt dieses Maß noch als allgemein übliche Breite für Gehwege; einzelne Planer/innen und Behörden haben allerdings noch immer nicht umgesetzt, dass seit vielen Jahren andere Mindestmaße gelten.
c) Bei der Wegeführung in Baustellen-Bereichen“ …
FUSS e.V: Gehweg-Breite: Nach Richtlinie 2,50 Meter – mehr
2. Geh- und Radwege kombinieren: Gut oder schlecht?
Radfahrende sind im innerstädtischen Verkehr besonders gefährdet. 2018 verunglückten in Deutschland innerorts insgesamt 109.587 Fußgänger und Radfahrer, 598 davon tödlich.
Doch: „Zu Fuß Gehende sind im Straßenverkehr am meisten gefährdet. Sie haben keine Knautschzone. Umso wichtiger ist es, dass sie vor den negativen Einflüssen des Straßenverkehrs wirksam geschützt werden. Vor allem ältere Menschen sind stark gefährdet. Rund die Hälfte der getöteten zu Fuß Gehenden sind über 65“, so die Unfallforschung der Versicherer GDV.
Unfallforschung der Versicherer: Verkehrsteilnehmer zu Fuß – mehr
Wer mit niedrigen Unfallzahlen in diesem Bereich argumentiert, darf die hohe Dunkelziffer nicht vergessen. Bei weitem nicht alle Unfälle werden gemeldet.
Per Rad unterwegs: Viele fühlen sich auf der Straße bedrängt und gefährdet
Wer mit dem Rad unterwegs ist, nutzt objektiv gesehen ein schwächeres Verkehrsmittel und ist ungeschützt. Auf der Straße fühlen sich Radelnde bedrängt, wenn Autos schnell unterwegs sind und dicht an ihnen vorbeifahren. Radelnde wissen: Ein versehentlicher Schlenkerer oder ein Sturz können schlimme Folgen haben.
Tatsächlich sind sehr viele Menschen am Radfahren interessiert, sie wollen sich aber sicher fühlen können. Laut Untersuchungen sind das rund 60 Prozent, also eine große Mehrheit.
„Diese Menschen fahren gerne Rad, aber nur auf stressarmen Strecken. Sie bevorzugen besonders sichere Radverkehrsanlagen. 60 Prozent dieser Gruppe sind Frauen, Kinder (und deren Eltern) sowie ältere Menschen.“
ADFC: So geht Verkehrswende – Infrastrukturelemente für den Radverkehr, S. 9. PDF-Datei – mehr
Scheinbarer Ausweg: Auf dem Gehweg fahren?
Schnelle Abhilfe schaffen da vermeintlich gemeinsame Geh- und Radwege. Der Radfahrer weicht vor dem Autoverkehr auf den Gehweg aus – entspanntes Radeln!
Aber: Genau das Gleiche, das ihm Angst macht, tut er jetzt den zu Fuß Gehenden an. Denn auch sie fühlen sich bedrängt und verunsichert, wenn Radelnde schnell unterwegs sind und dicht an ihnen vorbeifahren! Auch ihnen ist klar: Ein spontaner Richtungswechsel, zum Beispiel bei Kindern, kann schlimme Folgen haben.Und: Nicht vergessen, dass auch Menschen mit Seh- und Hörbehinderung unterwegs sind, die vielleicht gar nicht wahrnehmen können, dass von hinten ein Radfahrer auf sie zufährt.
Siehe auch: FIS Forschungsinformationssystem: Barrierefreie Ausstattung von Straßen und Plätzen – mehr
So verständlich also das Bedürfnis der Radelnden nach stressfreiem Fahren ist: Sie sind um Verständnis gebeten, dass auch zu Fuß Gehende gern stressfrei unterwegs sein möchten.
Das sagen die Regelwerke: Nur in Ausnahmefällen!
„Gemeinsame Geh- und Radwege nach Zeichen 240 (StVO) kommen nach den technischen Regelwerken innerorts nur in Ausnahmefällen in Betracht (RASt, 6.1.6.4; EFA, 3.1.2.5). Grundsätzlich ist eine gemeinsame Geh- und Radwegführung nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn eine vertretbare Alternative der Radverkehrsführung (Radweg, Radfahrstreifen, Schutzstreifen, Mischverkehr auf der Fahrbahn) nicht möglich ist (EFA, 3.1.2.5).“
Fuss e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland: Gemeinsame Geh- und Radwege – mehr
Das Zusatzzeichen 1022-10 “Radverkehr frei” erlaubt es Radfahrenden Straßen und Wege zu befahren, die ansonsten für den Radverkehr gesperrt wären (Benutzungsrecht). Das Zusatzzeichen “Radverkehr frei” kann unter die Verkehrszeichen “Gehweg”, “Verbot der Einfahrt” oder “Fußgängerzone” angebracht werden.
„Gemeinsame Führungen des Rad- und Fußverkehrs kommen gemäß StVO und den aktuellen Regelwerken nur in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange des Fußverkehrs vertretbar ist. Ihre Mindestbreite beträgt gemäß den aktuellen Regelwerken 2,50m zzgl. Sicherheitstrennstreifen. Mit steigender Nutzung durch Fuß- und Radverkehr nehmen die erforderlichen Breiten nach den ERA zu, um ein gefährdungs- und behinderungsfreies Miteinander beider Verkehrsarten zu gewährleisten.“
Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr: Leitfaden Radverkehr, 11/2013. PDF-Datei – mehr
Kritisch in der Adenauer-Straße: Nur Zusatzschild und Verkehrsführung an der Bushaltestelle
An der Konrad-Adenauer-Straße ist der Gehweg mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ für den Radverkehr freigegeben (siehe Foto unten). Es handelt sich um ein mögliches Zusatzschild. Das dazugehörige Verkehrszeichen – vermutlich „Fußweg“ (239) – fehlt jedoch. Kritisch zu sehen ist auch, dass dieser gemeinsame Geh- und Radweg direkt hinter der Bushaltestelle verläuft.
Hier kann es leicht zu Konflikten zwischen wartenden, ein- oder oder aussteigenden Fahrgästen und Radfahrenden kommen.
Siehe auch: Fuss e.V.: Radverkehrsführung an Haltestellen – mehr
Rücksichtnahme ist Pflicht
„Der Radverkehr muss auf den Fußverkehr Rücksicht nehmen. … Gemäß StVO dürfen sie, wenn nötig, nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Gleichwohl ist auch bei dieser Führungsform darauf zu achten, dass sie innerorts – analog benutzungspflichtiger gemeinsamer Geh- und Radwege – nur in begründeten Ausnahmefällen anzuwenden ist. …
Bei einer auch möglichen Ausweisung als Gehweg mit Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ muss der Radverkehr erforderlichenfalls Schrittgeschwindigkeit fahren“ (S. 13).
Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr: Leitfaden Radverkehr, 11/2013. PDF-Datei – mehr
CHECKLISTE: Empfehlungen zur konfliktarmen Führung von Rad- und Fußverkehr
- „Der Radverkehr benötigt durchgängige, gut nachvollziehbare Führungen mit eindeutigen Übergängen der Führungsformen, um Gehwegfahren zu vermeiden.
- Gemeinsame Führungen des Fuß- und Radverkehrs (auch Gehweg „Radverkehr frei“) sollten nur außerorts und bei geringen Fußverkehrsstärken vorgesehen werden.
- Bei Radwegen im Seitenraum sollte eine eindeutige Trennung des Radverkehrs vom Fußverkehr durch taktile Elemente sowie farbliche Unterschiede und Mindestbreiten für Gehwege (2,50 m) eingehalten werden.“
Fahrradportal: Rad- und Fußverkehr auf gemeinsamen Flächen, Teil 2.
Checkliste: Empfehlungen zur konfliktarmen Führung von Rad- und Fußverkehr – mehr
Fazit: Gemeinsame Führung vermeiden
„Wie schon in Teil 1 des Schwerpunktthemas zu Rad- und Fußverkehr auf gemeinsamen Flächen (mehr) beschrieben, sollte eine gemeinsame Führung der doch recht unterschiedlichen Verkehrsarten vermieden werden. Bevor über eine gemeinsame Führung nachgedacht wird, sollte vielmehr geprüft werden, ob nicht bisherige Flächen des Kfz-Verkehrs (entweder Fahr- oder Parkspuren) umgewandelt werden können, um so eine getrennte Führung von Fuß- und Radverkehr zu ermöglichen und beiden Verkehrsarten dennoch genügend Raum zu bieten.
Sollte die gemeinsame Führung von Fuß- und Radverkehr nach Abwägung aller Faktoren die einzige Möglichkeit sein, sind die oben genannte Planungsgrundlagen unbedingt zu beachten, um insbesondere die zu Fuß Gehenden als schwächste Verkehrsteilnehmenden besonders zu schützen.“
Fahrradportal: Rad- und Fußverkehr auf gemeinsamen Flächen, Teil 2 – mehr
Weiterlesen
- Fahrradakademie am Deutschen Institut für Urbanistik:
Online-Training „Gemeinsame Flächen für Fuß- und Radverkehr“ – mehr - Fahrradportal – Basisartikel mit vielen Hinweisen:
Rad- und Fußverkehr auf gemeinsamen Flächen – Teil I – mehr // Teil II – mehr - Fuss e.V.: Gemeinsame Geh- und Radwege – mehr
- „Gemeinsame Führungen des Fuß- und Radverkehrs (auch Gehweg „Radfahrerfrei“) sollten nur außerorts und bei geringen Fußverkehrsstärken vorgesehen werden.“ Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg: Überzeugend argumentieren – Handreichung für Radverkehrsbeauftragte, S. 19. PDF-Datei – mehr
- Wikipedia: Radverkehrsanlage – mehr
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