Alpha-E: Verkehrsministerium fordert Ausbau der Bestandsstrecken statt Neubau – Kritik vom Landkreis Lüneburg
Ausbau der Bahn-Bestandstrecken (Alpha-E) oder Neubaustrecke für den Schnellverkehr Hamburg/Bremen-Hannover? Nach einer Besprechung im Verkehrsministerium am 5. Juli 2022 vermittelt Minister Dr. Althusmann Einigkeit. Lüneburgs Landrat Jens Böther positioniert sich eindeutig kritisch und verweist auf die Forderungen des Landkreises aus dem Jahr 2018.
Mitteilung von: Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung
Am: 05.07.2022
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1. Verkehrsministerium Niedersachsen: Austausch zu Alpha-E – Bestandsstrecke ausbauen
Auf Einladung des Niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums kamen am 5. Juli 2022 die Landräte, die Verwaltungschefs und die Landtagsabgeordneten der betroffenen Kommunen zusammen, um durch Minister Dr. Bernd Althusmann über Kenntnis und Haltung des Landes Niedersachsen zum Schienenprojekt „Optimiertes Alpha-E + Bremen“ informiert zu werden.
Der Minister vermittelte seine Erwartungen an die Deutsche Bahn bezüglich der Ausbaustrecke beziehungsweise der im Raum stehenden, utopischen Planungen eines Neubaus entlang der A7. Ebenfalls machte er deutlich, dass er sich im Sinne einer Stärkung der Schiene für die Erhöhung der Regionalisierungsmittel einsetzt. Vertreter der Deutschen Bahn waren ebenfalls eingeladen, verzichteten aber auf die Teilnahme.
Alpha-E sorgt für mehr Kapazitäten im Schienenverkehr
Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann: „Alpha-E wird endlich für mehr Kapazitäten im Schienennetz sorgen. Das ist besonders für die Verbindung Hannover-Hamburg wichtig. Mit dem 9-Euro-Ticket hat sich gezeigt, wie die Nachfrage vergrößert werden kann.
Für die Menschen und die Wirtschaft sind nicht nur mehr Züge wichtig, sondern auch mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Dafür brauchen wir Schienen. Immer neue Planungen helfen nicht weiter, sondern erzeugen Stillstand. Ich werde mich dafür einsetzen, dass mehr Verbindlichkeit und Realitätssinn zu mehr Fortschritt beim Schienennetzausbau führen. Dann kommt auch die Idee des Deutschlandtaktes voran.“
Zeitnaher Ausbau der Bestandstrecke ist Mittel der Wahl
Dr. Heiko Blume, Landrat des Landkreises Uelzen: „Es muss mehr auf die Schiene – und das schnell und nicht irgendwann! Gerade deshalb ist Alpha-E, also der Bestandsstreckenausbau, heute das Mittel der Wahl. Eine Neubaustrecke quer durch die Lüneburger Heide ist aktuell nicht realisierbar.
Nicht auf Neubaustrecken setzen, sondern Ausbau voranbringen
Dr. Peter Dörsam, Tostedter Samtgemeindebürgermeister und Sprecher des Projektbeirats: „Der Ausbau der Schieneninfrastruktur ist dringend erforderlich, mit Alpha-E kann der notwendige Ausbau weitgehend im Konsens erfolgen.
Hierbei würden schnell zukunftsweisende Kapazitäten geschaffen, so bescheinigt zum Beispiel der Bundesgutachter auf der Strecke Hamburg-Hannover eine zusätzliche Güterzugkapazität von 80 Prozent. Wird jetzt wieder auf eine Neubaustrecke gesetzt, wird es auf sehr lange Sicht keine größeren Verbesserungen geben.“
Von: Landkreis Lüneburg – Am: 06.07.2022
2. Kein Konsens zu Alpha-E: Landrat Jens Böther vertritt Landkreis-Position bei Treffen im Wirtschaftsministerium
Spät kommt die Einsicht: Nach jahrelangem Widerstand überlegt das Niedersächsische Wirtschaftsministerium aktuell, beim Ausbau der Schieneninfrastruktur zwischen Hamburg und Hannover doch noch in das für große Vorhaben gesetzlich vorgesehene Raumordnungsverfahren einzusteigen.
Dies wurde am Dienstag, 5. Juli 2022, bei einem Treffen in Hannover deutlich, zu dem Vize-Ministerpräsident Dr. Bernd Althusmann geladen hatte und an dem auch Landrat Jens Böther für den Landkreis Lüneburg teilnahm.
Landkreis Lüneburg: Landrat Jens Böther für Raumordnungsverfahren
„Ein Raumordnungsverfahren, das alle Interessen fachlich prüft und gegeneinander abwägt, begrüße ich grundsätzlich sehr“, erklärt Jens Böther. Ursächlich für den Strategiewechsel des Landes ist nach Einschätzung des Landrates, dass die Alpha-E-Variante offensichtlich nicht die Leistungsfähigkeit hat, die ihr mal zugedacht war und die jetzt von der Bahn in Prüfung befindlichen Alternativen einen geeigneten Beteiligungsprozess benötigen.
Bei dem Treffen am 5. Juli 2022, bei dem hauptsächlich Befürworter der Alpha-E-Strecke anwesend waren, stellte Landrat Jens Böther noch einmal deutlich die Position der Region Lüneburg dar: „Der Landkreis Lüneburg wird jede Streckenführung akzeptieren, die in einem faktenbasierten, fachlich fundierten Verfahren zustande kommt – auch wenn wir selbst betroffen sein werden.“
Kein „niedersachsenweiter Konsens“ zu Alpha-E
Dazu ist ein Raumordungsverfahren unverzichtbar, wie es der Landkreis seit mehreren Jahren fordert. Eine politische Einflussnahme auf den fachlichen Planungsprozess lehnt er hingegen ab. Zudem räumt er mit einer Legende rund um den notwendigen Schienenausbau zwischen Hamburg und Hannover auf.
„Angeblich gab es einen niedersachsenweiten Konsens zu Alpha-E. Dem stelle ich mich klar entgegen“, so der Verwaltungschef. „Die Kommunen im Landkreis Lüneburg haben sich immer wieder kritisch zum Ausbau der Bestandsstrecke geäußert.“ Dem Dialogforum sei lediglich zugesagt worden, einen Vorschlag zu prüfen, mehr nicht.
Bestandsausbau würde deutlich länger dauern als Neubaustrecke entlang der A7
„Hauptbetroffene haben damals dagegen gestimmt“, betont auch Erster Kreisrat Jürgen Krumböhmer, der für den Landkreis beim Dialogforum Schiene Nord dabei war. „Die Bürgerinitiative Deutsch Evern musste vor der Tür bleiben.“
Wichtig zu wissen: Der Bestandsausbau würde wohl deutlich länger dauern als eine Neubaustrecke entlang der A7. Das haben die fachkundigen Bundesgutachter klar gesagt. „Die Befürworter des Alpha-E sollten sich nicht auf den Deutschlandtakt berufen, denn der wird mit Alpha-E nicht funktionieren“, so der Erste Kreisrat.
Vier engpassfreie Gleise zwischen Hannover und Hamburg wohl nur mit Neubau erreichbar
Alpha-E würde die historische Chance verspielen, die Verkehrswende ernst zu nehmen. Um den Bedarf für kommende Generationen abzudecken, sind insgesamt vier engpassfreie Gleise zwischen Hannover und Hamburg notwendig – und die sind wohl nur mit einem Neubau erreichbar.
Der Kreistag des Landkreises Lüneburg hat sich bereits Ende 2018 klar zum Schienenprojekt Alpha-E positioniert.
- Stellungnahme des Landkreises zum „Optimierten Alpha-E+Bremen“ (PDF-Datei) – mehr
- Informationen zum Verkehrsprojekt Alpha-E – landkreis-lueneburg.de
Hintergrund: Trasse Hamburg/Bremen–Hannover
Die Trasse Hamburg/Bremen–Hannover war ein Projekt des Bundesverkehrswegeplanes 2003 zur Regelung des Schienenverkehrs im Dreieck Bremen-Hamburg-Hannover. Mit der so genannten Alpha-Variante E wurde ein minimaler Ausbau vorhandener Strecken befürwortet. Es bestehen starke Zweifel am wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Nutzen der Strecke.
Wikipedia – mehr
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