
Muss das wirklich so? – Das Leid mit der Baustellensicherung in Lüneburg
Muss das so? Das fragen sich Einwohnende in Lüneburg bei so mancher Baustellen-Beschilderung. Warum musste das Schild „Umleitungsende“ (Zeichen 455.2) mitten auf dem Gehweg aufgestellt werden? Die AG Lüneburg zu Fuß hat Informationen zu einem wichtigen, aber oft vernachlässigten Thema zusammengestellt.
Mitteilung von: AG Lüneburg zu Fuß – Am: 16.06.2025
Online: https://wechange.de/project/ag-lueneburg-zu-fuss/ – Foto: AG Lüneburg zu Fuß
Inhalt:
I. Damit alle sicher unterwegs sind: Straßenbaustellen müssen gesichert werden
II. Baustellen im Straßenraum – Häufig gestellte Fragen
III. Bitte nachbessern: Negativbeispiele in Lüneburg
IV. Mehr Information
I. Damit alle sicher unterwegs sind: Straßenbaustellen müssen gesichert werden
Foto: AG Lüneburg zu Fuß. Lünertorstraße: Warum muss das Umleitungsschild hier den Gehweg versperren? Fairerweise muss man sagen: Nach der Meldung bei „Sag’s uns einfach“ wurde das Schild zeitnah gedreht und zur Seite gerückt. Es verengt aber immer noch den Gehweg.
Wenn auf einer Verkehrsfläche – zum Beispiel im Straßenbereich oder auf einem Geh- und Radweg – gebaut wird, muss diese Arbeitsstelle gesichert werden. Der Verkehr in diesem Bereich soll möglichst wenig erschwert und sicher vorbeigeführt werden. Das gültige Regelwerk dafür sind die „Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA)“ aus dem Jahr 2021, in Kurzform „RSA 21“.
Der Teil A behandelt Allgemeines wie Grundbegriffe, Verkehrszeichen und Absperrmaterialien. In Teil B werden Arbeitsstellen an innerörtlichen Straßen geregelt, Teil C behandelt Landstraßen und Teil D Arbeitsstellen an Autobahnen.
ADFC Lüneburg: Baustellenmanagement nach Lüneburger Art

Baustellen-Beschilderung Dahlenburger Landstraße. Unklar: Ist hier jetzt frei für den Radverkehr oder sollen Radfahrende absteigen? Foto: ADFC Lüneburg, Uwe Wenk
In zwei Beiträgen griff der ADFC Lüneburg kürzlich das Baustellenmanagement in Lüneburg kritisch auf. Der Fahrradclub bemängelt vor allem den fehlenden Schutz des Radverkehrs und unzureichende Beschilderung.
- ADFC Lüneburg: Baustellenmanagement nach Lüneburger Art – 25.05.2025
In der Lünertorstraße wurde für eine Kleinbaustelle der Radweg vollständig gesperrt. Umleitung für den Radverkehr? Fehlanzeige. - ADFC Lüneburg: Dahlenburger Landstraße: Widersprüchliche Beschilderung – 27.05.2025
Siehe Foto: Was gilt hier jetzt – Radfahren oder nicht? Das Verkehrszeichen 240 bedeutet „gemeinsamer Geh- und Radweg“. Aber: Trotzdem soll man absteigen. Die Beschilderung macht ratlos.
Andererseits: Keine leichte Aufgabe …
Natürlich muss man der Behörde zugestehen: Bei Baustellen kommt es nun mal zu Behinderungen – und es ist bestimmt keine leichte Aufgabe, die beste Lösung für alle Verkehrsteilnehmenden zu finden. Wie die Verwaltung auf Anfrage des VCD vom 11. Juni 2025 mitteilt, sind in Lüneburg 2,5 Mitarbeitende zuständig für jährlich mehr als 1.600 Meldungen im Bereich der verkehrsrechtlichen Anordnungen. Manchmal holten Bauunternehmen auch gar keine Genehmigung ein oder die Anweisung werde nicht wie vorgeschrieben umgesetzt, so die Behörde.
Es gilt jedoch der Grundsatz: Sicherheit hat Vorrang. Und insbesondere ist die Sicherheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden zu beachten, also von Fuß- und Radverkehr. Wenn die Stadt Hinweise bekommt – das ist zum Beispiel über den Mängelmelder „Sag‘s uns einfach“ möglich – geht sie diesen nach. Künftig soll auch der Kommunale Ordnungsdienst solche Kontrollaufgaben mit wahrnehmen.
- Hansestadt Lüneburg: Mängelmelder „Sag‘s uns einfach“
Hier können Hinweise und Beschwerden an die Stadt weitergegeben werden. - Hansestadt Lüneburg – Bürgerinformationssystem: „Korrekte Baustelleneinrichtung” (Anfrage des VCD vom 11.06.2025)
Antwort der Hansestadt auf die Anfrage des VCD Elbe-Heide im Mobilitätsausschuss
II. Baustellen im Straßenraum – Häufig gestellte Fragen
Die Quellenangaben beziehen sich auf RSA 21 und die Zusammenstellung von AGFS NRW (PDF-Datei).
Wer ist zuständig für die Sicherung der Baustelle?
Zuständig für die Sicherung des Verkehrs ist das Unternehmen, das die Arbeit ausführt. Das Unternehmen muss bei der Planung prüfen, welche Verkehrssicherungsmaßnahmen erforderlich und angemessen sind. Der Verantwortliche muss dafür die erforderlichen Fachkenntnisse nachweisen (A 1.4). Dann stellt das Unternehmen bei der Verkehrsbehörde einen schriftlicher Antrag auf Anordnung der Verkehrssicherungsmaßnahmen. Bei Verkehrsunfällen übernimmt das Unternehmen die Haftung in vollem Umfang.
- Hansestadt Lüneburg: Beantragen einer verkehrsrechtlichen Baustellenanordnung – Ablauf
- Hansestadt Lüneburg: Antrag auf Erteilung einer verkehrsrechtlichen Anordnung (PDF-Datei)
Wer entscheidet, welche Maßnahmen zur Sicherung nötig sind?
Die Verkehrsbehörde prüft den Antrag und die eingereichten Unterlagen und hört die zu beteiligenden Stellen (Polizei und Straßenbaubehörde) an. Gegebenenfalls wird mit allen Beteiligten eine Ortsbesichtigung durchgeführt, um vor Ort die notwendigen Maßnahmen abzustimmen. Die Verkehrsbehörde ordnet dann die Maßnahmen gegenüber dem Unternehmen an (A 1.4). Die Angaben müssen im Detail genau vorgeben, welche Maßnahmen wo, wann, mit welchen Beschilderungen usw. nötig sind. Der Führung des Fuß- und Radverkehrs ist dabei besondere Sorgfalt zu widmen (B 2.2.1 (4)).
Was muss die Verkehrsbehörde beachten?
Die Behörde muss abwägen, welche Maßnahmen nötig sind. Dabei hat die Sicherheit Vorrang vor der Leichtigkeit des Verkehrs (A 1.3.3(2)). Die Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer darf im Bereich von Arbeitsstellen nicht beeinträchtigt werden. Auf blinde, sehbehinderte und mobilitätseingeschränkte Menschen und Kinder ist besondere Rücksicht zu nehmen. Geh- und Radwege sind nach Möglichkeit weiterzuführen, gegebenenfalls über Notwege, der Radverkehr ggf. mit Einleitung auf die Fahrbahn (B 2.4.1 (2) / AGFS S. 10).
Muss ein Gehweg voll gesperrt werden und ist die Anlage eines Notweges nicht möglich, so ist die Einrichtung von Überquerungshilfen (z. B. Fußgängerüberweg) zu prüfen und gegebenenfalls anzuordnen. Bei zulässigen Geschwindigkeiten von 50 km/h ist dies in der Regel erforderlich, bei zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von ≤ 30 km/h meist verzichtbar (AGFS S. 10).
Gibt es Mindestbreiten für Geh- und Radwege?
Geh- und Radwege sollen nach Möglichkeit in voller Breite im Arbeitsstellenbereich fortgeführt werden. Dabei sollten folgende Mindestmaße (B 2.4.2) nicht unterschritten werden:
- Gehwege: 1,3 m; kurze Engstellen können auf 1,0 m beschränkt werden. Die Befahrbarkeit mit Rollstühlen ist zu gewährleisten. Die befahrbare Breite muss mindestens 1,0 m betragen.
- Gehwege, die für den Radverkehr freigegeben sind: 1,5 m; kurze Engstellen können auf 1,3 m beschränkt werden.
- Benutzungspflichtige und nicht benutzungspflichtige Radwege: 1,5 m; kurze Engstellen können auf 1,3 m beschränkt werden.
- Radfahrstreifen: 1,5 m (einschließlich Fahrbahnbegrenzung).
- Gemeinsame Geh- und Radwege (Zeichen 240): 2,5 m; im Ausnahmefall 2,0 m möglich.
Wer überprüft, ob die Maßnahmen entsprechend den Vorgaben umgesetzt wurden?
Arbeitsstellen sind durch die Straßenverkehrsbehörde, Straßenbaubehörde und die Polizei zu überwachen. Das gilt auch für die Zeit nach Arbeitsschluss, für die Nacht und für die Sonn- und Feiertage (A 1.6.3). Wenn die Maßnahmen nicht der Anordnung entsprechen, muss unverzüglich die Änderung veranlasst werden.
III. Bitte nachbessern: Negativ-Beispiele zur Baustellenführung in Lüneburg
Bitte nachbessern, wünschen sich VCD, ADFC und FUSS e.V. Lüneburg des Öfteren, was die Sicherung von Baustellen innerorts betrifft. Einige Negativbeispiele aus den Sammlungen der vergangenen Zeit sind hier zusammengestellt.

Foto: Erwin Habisch. Dahlenburger Landstraße, Mai 2025. Ähm, ja. Irgendwie können sich zu Fuß Gehende hier schon durchschlängeln … Und was ist mit Kinderwagen oder Rollstuhl?

Baustelle Lünertorstraße, Foto: Jonas Korn, Mai 2025. Vorsicht: Zu Fuß Gehende sollen hier auf die andere Straßenseite wechseln – über eine Hauptverkehrsstraße bei Tempo 50, ohne Querungsmöglichkeit. Hier wird eine erhebliche Gefahrensituation geschaffen. Dabei sollte gerade auf die Sicherheit der ungeschützten Verkehrsteilnehmenden, also von Fuß- und Radverkehr, geachtet werden.

Baustelle Lindenstraße, Foto: Erwin Habisch. Auch hier sollten zu Fuß Gehende ohne Querungshilfe auf die andere Straßenseite wechseln – auf einer dreispurigen Straße bei Tempo 50. Damit wurde auch hier eine erhebliche Gefahrensituation geschaffen. Zudem fehlt die Überführung des Radverkehrs auf die Fahrbahn.

Foto: privat. Lüner Straße, gegenüber der Nikolai-Kirche. Das Halteverbotsschild wurde hier mittig auf dem Gehweg aufgestellt, die zu Fuß Gehenden sollten sich darum herum schlängeln. Mit Rollstuhl kommt man hier nicht durch, mit Rollator oder Kinderwagen hat man erhebliche Probleme. Warum wurde das Schild nicht auf die Sperrfläche gestellt?
IV. Mehr zum Thema
- U. Korsch: https://www.rsa-online.com/
Die private Internetseite informiert über die fachgerechte Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen wie in der RSA 21 vorgesehen. Sie will es ermöglichen, sich umfassend und kostenlos zu informieren. Hintergrund: Die RSA 95 waren noch unter der Herausgeberschaft des Verkehrsministeriums erschienen und deshalb gemeinfrei. Die RSA 21 wird herausgegeben von der FGSV als urheberrechtsgeschütztes Regelwerk und ist dort zum Preis von 45 Euro zu beziehen (https://www.fgsv-verlag.de/rsa-21). - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen – Regelpläne für innerörtliche Straßen, 2021 (PDF-Datei)
- Bauportal: Übersicht über wesentliche Änderungen der RSA 21 (PDF-Datei)
- AGFS NRW: Baustellenabsicherung im Bereich von Geh- und Radwegen. Leitfaden für alle mit Baustellensicherung befassten Personen – (PDF-Datei)
- AG Lüneburg zu Fuß: https://wechange.de/project/ag-lueneburg-zu-fuss/
Die AG Lüneburg zu Fuß ist ein Zusammenschluss verschiedener Vereine und Initiativen in Lüneburg, darunter ADFC, ALA e.V, Behindertenbeirat, Blinden- und Sehbehindertenverband, FUSS e.V., Lebenshilfe, Lüneburg Barrierefrei (ISL), Paritätischer, Radentscheid, SoVD und VCD Elbe-Heide. Ziel ist die Verbesserung des Fußverkehrs in Lüneburg, Barrierefreiheit und die Förderung von Rücksichtnahme und einem guten Miteinander im Verkehr.
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