Radverkehrsförderung 3.0 im Landkreis Lüneburg: Über 1000 Kilometer Wege erfasst
Wo radelt man gut und gern? Welche Hindernisse gibt es unterwegs? Über 1000 Kilometer Wege im Landkreis haben Studierende der Leuphana-Universität für das Projekt „Radverkehrsförderung 3.0“ in OpenStreetMap erfasst. Der Landkreis sorgt nun – soweit möglich – dafür, dass die gemeldeten Hemmnisse beseitigt werden.
Mitteilung von: Landkreis Lüneburg
Am: 18.08.2022
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Foto: Landkreis Lüneburg.
Besser Radfahren: Forschungsprojekt „Radverkehrsförderung 3.0“ im Landkreis Lüneburg
Foto: Landkreis Lüneburg. Projektleiterin Dr. Antje Seidel und Studierende des Projekts bei der Datenauswertung und Einarbeitung in die OpenStreetMap-Software an der Leuphana Universität.
Wo sind die schönsten und schnellsten Routen mit dem Fahrrad? Welche Hindernisse für den Radverkehr könnten leicht beseitigt, welche Schilder abgebaut werden? Das Projekt „Radverkehrsförderung 3.0“ von Leuphana Universität und Landkreis Lüneburg will beitragen, dass die Menschen im Landkreis besser Rad fahren.
Meilenstein: Über 1000 Kilometer Wege erfasst!
Jetzt haben die Studierenden einen symbolstarken Meilenstein erreicht: Mehr als 1.000 km Feldweg und andere Nebenstrecken haben sie und ein Vorgängerprojekt seit 2019 erfasst.
Noch bis 2024 läuft das Projekt und die Wege im Landkreis werden nach und nach verbessert. Erste Ergebnisse spüren Nutzerinnen und Nutzer von Radfahr-Apps schon jetzt – zum Beispiel durch eine bessere Routenführung.
Wegeverlauf und Beschaffenheit der Fahrbahn wird vermerkt
Zwei Dimensionen erheben die Studierenden, wenn sie auf den kleinen Nebenstraßen und Feldwegen unterwegs sind:
- Zum einen erfassen sie den Wegeverlauf und die Beschaffenheit der Fahrbahn. „Wie rollt es sich?“, formuliert es Dr. Antje Seidel, die das Projekt an der Leuphana betreut.
Die Studierenden fahren auf jedem Weg selbst mit dem Rad und geben qualifizierte Daten in die OpenStreetMap (OSM) ein. Das ist ein Open-Source-Projekt, auf das viele Radfahr-Apps, zum Beispiel OsmAnd, Komoot, Bike Citizens, Outdooractive, Bikemap, zugreifen. „Damit schaffen die Studierenden einen Vorteil, der den Bürgerinnen und Bürgern sofort mehr Radfahrkomfort verschafft. Je mehr Details erhoben werden, desto besser navigieren nachher die Apps.“ - Zum anderen vermerken die Studierenden sogenannte Mikrohindernisse. Antje Seidel: „Es sind die kleinen Barrieren im Alltag, die Radfahrerinnen und Radfahrer nerven und aufhalten: Poller, Schranken, Drängelgitter, die oftmals nicht notwendig sind.“
Außerdem gibt es rechtliche Hindernisse. Ein Beispiel hierfür, das häufig an Feldwegen zu finden ist: Das Schild „Durchfahrt verboten“ mit dem Zusatz „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“. Antje Seidel: „Hier dürfen Radfahrer nicht fahren, das ist nicht logisch.“
Verbesserungsvorschläge werden in den Gemeinden geprüft
Die Sammlung der „störenden Kleinigkeiten“ erhält dann der Landkreis Lüneburg. „Wir bereiten die Vorschläge der Studierenden für die Gemeinden auf, damit auf deren Gebiet die Verbesserungen vorgenommen werden können“, erläutert Projektkoordinatorin Marina Schweikert vom Fachdienst Mobilität.
Dann werden die Vorschläge an die Gemeinden weitergegeben. Diese äußern sich zu jeder einzelnen Maßnahme und gegebenenfalls diskutieren die Gemeinderatsmitglieder über mögliche Veränderungen. Denn: Radverkehrsförderung ist ein demokratisches Gemeinschaftsprojekt.
Nach Entscheidung der Gemeinden übernimmt der Landkreis Umsetzung und Abrechnung
Nach der Entscheidung liegt dann alles weitere in der Hand des Landkreises. Hier kümmert man sich um die politische, rechtliche und bauliche Umsetzung und übernimmt für die Mitgliedsgemeinden die Abwicklung.
Marina Schweikert: „Wir beauftragen ein Ingenieurbüro mit der Planung und ein Bauunternehmen mit der Umsetzung – und kümmern uns um die Abrechnung mit dem Fördermittelgeber. So haben die einzelnen Kommunen nur wenig Arbeit und viele Vorteile.“
Hohe Fördersummen vom Verkehrsministerium
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Projekt des Landkreises mit rund 1,67 Millionen Euro und bezuschusst damit mit 80 % die Gesamtkosten. Die Gemeinden zahlen lediglich 20% der Kosten, die für Infrastrukturmaßnahmen bei ihnen anfallen. Diese können eventuell durch anderweitige Fördermittel ergänzt werden. Der Projektpartner Leuphana Universität erhält ebenfalls eine Förderung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr in Höhe von ca. 175.000 Euro.
Die Erfahrungen, die der Landkreis, die Gemeinden und die Uni gemeinsam sammeln, stehen nach Abschluss auch anderen Kommunen zur Verbesserung ihrer Radinfrastruktur zu Verfügung.
Hintergrund: Radverkehrsförderung 3.0
Besser zusammenarbeiten!
Das Forschungsprojekt „Radverkehrsförderung 3.0“ (RVF 3.0) ist als „lernendes Projekt“ angelegt, dessen Ergebnisse als „best practice“-Beispiel für andere Kommunen dienen können und so langfristig die Radmobilität und damit Umwelt- und Klimaschutz voranbringen sollen. Besonders ist die Kombination aus Lehre und praktischer Anwendung, aus intensiver Zusammenarbeit von Bildungseinrichtung (Leuphana Universität) und Landkreis Lüneburg mit seinen Mitgliedsgemeinden.
Begonnen haben die Studierenden 2021 mit der Erschließung des Dreiecks Lüneburg-Lauenburg-Bleckede (Stadt Bleckede, Gemeinde Adendorf, Samtgemeinde Scharnebeck), aktuell (2022) sind sie in der Samtgemeinde Ostheide, Gemeinde Amt Neuhaus und Samtgemeinde Dahlenburg unterwegs. Es folgen 2023 die Samtgemeinden Ilmenau, Gellersen, Bardowick und 2024 Amelinghausen.
Besser durchblicken!
Mit der Radverkehrsförderung 3.0 und ihrem digitalen Baustein #LGMaps digitalisieren die Studierenden bis 2024 Straßen und Wege durch Wald und Feld. Der Ist-Zustand der mit dem Rad nutzbaren kleinen Nebenstraßen und Feldwege wird in der offenen Datenbank der OpenStreetMap (OSM) erfasst. Die OSM-Daten dienen einem Großteil aller Navigationsapps als Datengrundlage für ihre Routenempfehlungen.
Sie werden durch die Studierenden der Leuphana und in Zusammenarbeit mit der lokalen OSM-Community systematisch vervollständigt. Außerdem werden zum Beispiel auch unechte Sackgassen, die für den Radverkehr durchlässig sind, als solche ausgeschildert und damit die analoge Netztransparenz verbessert.
Besser durchkommen!
Mikrohindernisse werden beseitigt, die das Radfahren im Alltag unnötig verkomplizieren. So werden Umlaufsperren und Poller abgebaut oder versetzt, wo sie das Durchfahren behindern; Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung freigegeben und Bordsteine abgesenkt.
Mit diesen und weiteren konkreten Maßnahmen wird eine maximale Netzdurchlässigkeit geschaffen – und das auf der großen Fläche des Landkreises, immer dort, wo es die Menschen direkt betrifft, wo sie wohnen, arbeiten, einkaufen, zur Schule oder einfach nur zur Bushaltestelle radeln. Die Maßnahmen ergänzen die umfassenderen Vorhaben der langfristigen Radverkehrsstrategie des Landkreises um kleinteiligere und kurzfristig umsetzbare Lösungen.
- Landkreis Lüneburg: Weitere Infos – mehr
Lünepedia: Radverkehrsförderung 3.0
Radverkehrsförderung 3.0 ist ein für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis (Sonderpreis Digitalisierung) 2020 nominiertes und mit Landes-und Bundesmitteln gefördertes Projekt der Leuphana Universität Lüneburg.
Prägende Elemente sind:
- Barrierefreiheit für den Radverkehr (Beseitigung physischer und verkehrsrechtlicher Hindernisse),
- Flächendeckung (statt Orientierung an vermeintlichen Hauptrouten),
- analoge Netztransparenz für „Radschönrouten“ durch Wegweisung von Verbindungen abseits der Radwege entlang von Hauptverkehrsstraßen,
- digitale Netztransparenz via OpenStreetMap-Dateneingabe (weil die Algorithmen der Fahrradnavigationsprogramme darauf zugreifen),
- Aktivierung der Öffentlichkeitsarbeit.
Lünepedia – https://www.luenepedia.de/wiki/Radverkehrsförderung_3.0
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