Foto: Lüne-Blog. SaLü - Salztherme Lüneburg. Eingangsbereich.

Barrierefreiheit im SaLü: Schwimmsport auch für behinderte Menschen ermöglichen

Die Salztherme Lüneburg gilt als eines der größten und meistbesuchten Erlebnisbäder in Norddeutschland. Doch bei der Barrierefreiheit bestehe Nachbesserungsbedarf, so der Bericht von Rollstuhlfahrerin und Journalistin Cécile Lecomte. Man wünsche sich hier verstärkte Anstrengungen, erklärt Miriam Ihnen vom Behindertenbeirat Lüneburg, um Menschen mit Behinderung Teilhabe zu ermöglichen.


Mitteilung von: Antiableistische Aktion Lüneburg – Am: 14.10.2025
Online: https://blog.eichhoernchen.fr/ – Foto: Lüne-Blog.


Barrierefreiheit in der Salztherme Lüneburg: Schwimmsport auch für behinderte Menschen ermöglichen

Die Salztherme Lüneburg, kurz SaLü, eines der größten und meistbesuchten Erlebnisbäder in Norddeutschland, liegt am Kurpark in der Hansestadt. Neben dem Bade- und Rehabereich gibt es hier ein Sportbad, einen Bereich für Kinder, Wasserrutschen, einen Außenteich, Saunen. Verantwortlich für den Betrieb ist die Gesundheitsholding Lüneburg. Rollstuhlfahrerin Cécile Lecomte ist Journalistin und Mitherausgeberin der Zeitschrift Graswurzelrevolution GWR. Für einen Beitrag recherchierte sie vor Ort zum Thema Barrierefreiheit und Teilhabe für Menschen mit Behinderung. Im Folgenden ist ihr Bericht etwas gekürzt wiedergegeben.

Ausgerechnet das Sportbad ist nicht zugänglich 

Inzwischen findet sich auf der Internetseite des SaLü auch eine Informationsseite zum Thema Barrierefreiheit. Dort wird auf die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten hingewiesen. Weitere Regelungen finden sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Doch: Das einzige Sportbad in Lüneburg, das sich hier befindet, ist für Menschen mit Rollstuhl unerreichbar. Denn es ist nur mit Treppe zugänglich. Auch fällt auf: Menschen mit einer Sehbehinderung (Merkzeichen Bl im Schwerbehinderten-Ausweis) sollen das Bad nur mit einer volljährigen Begleitperson betreten dürfen (AGB § 4 – mehr).

Judith ist blind und bei der Antiableistischen Aktion* Lüneburg aktiv. Sie kommt vom Leistungssport und erklärt: „So oft, wie ich trainieren war, konnte eine Begleitpersonen gar nicht dabei sein, da ich jede Woche mindestens viermal dort war. Beim Training kannte ich das Schwimmbad wie meine eigene Westentasche. Wenn ein Blinder das Schwimmbad mehrfach besucht hat und jeden Stolperstein kennt, kann er auch komplett ohne Hilfe alleine dorthin.“

Behindertenbeirat wurde nicht einbezogen

Von 2018 bis 2021 wurde das SaLü umfassend saniert und erweitert. Beim Thema Barrierefreiheit stimmte man sich nach Aussage der Geschäftsführung eng mit der Hansestadt ab. Man habe Gespräche geführt und zwei betroffene Stammgäste befragt. Der Behindertenbeirat der Hansestadt Lüneburg war bei den Umbauten der letzten Jahre allerdings nicht beteiligt worden.

„Der Beirat für Menschen mit Behinderungen wurde zu keinem Zeitpunkt vor oder während des Bauvorhabens einbezogen. Üblicherweise passiert dies bei Bauvorhaben dieser Größenordnung, insbesondere bei öffentlichen Gebäuden“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende Miriam Ihnen. „Der Beirat hätte sich eine rechtzeitige Kontaktaufnahme durch das SaLü gewünscht, um auf direktem Wege zu eruieren, welche sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden können, um die Nutzung des Bades für möglichst viele Menschen möglich zu machen.“

Cécile Lecomte: Bericht vom Ortstermin im SaLü

Dirk Günther, Geschäftsführer der Gesundheitsholding Lüneburg GmbH, und Kim Oberlaender, Leiterin des Marketing, gehen am 7. Mai 2025 bei einem Pressetermin mit Cécile Lecomte durch das Gebäude. „Wir kommen ins Plaudern, die Atmosphäre ist freundlich. Mir werden die verschiedenen Bereiche gezeigt“, berichtet die Journalistin, die auch als Para-Sportlerin aktiv ist und kürzlich Vizeweltmeisterin im Rollstuhl-Motocross wurde. 

Mit dem Rollstuhl regelmäßige Stopps vor den Drehkreuzen

Um sich in der Anlage zu bewegen, erhalten Badegäste beim Eintritt ein Chip-Armband mit Transponder. Damit können sie durch die Drehkreuze gehen. Nun sind diese Drehkreuze für einen Rollstuhl aber zu eng. Wer mit Rolli unterwegs ist, muss hier jedes Mal klingeln und auf Personal warten, das den Durchgang öffnet. Das gilt auch für den Aufzug in den Sole-Bereich. Eine Regelung mit Transponder wäre hier möglich, aber beim SaLü befürchtet man die Gefahr des Missbrauchs. 

Im Jugendstil-Bad in Darmstadt funktioniert das jedoch gut: Hier erhalten behinderte Badegäste speziell programmierte Transponder. „Die bisherigen Erfahrungen mit diesem System sind durchweg positiv“, erklärt die Verantwortliche Sandra Patsis vom Management des Bades auf Nachfrage.

Sportbad: Kein barrierefreier Zugang möglich?

Der Reha-Bereich in Lüneburg wurde weitestgehend barrierefrei umgebaut. Saunabereich und Rutschen sind wegen Treppen aber nicht mit Rollstuhl zugänglich. Auch das Sportbad kann sich Cécile Lecomte nur von oben anschauen. Es ist tiefer gelegen und nur über eine Treppe zu erreichen. Dirk Günther erläutert: „Leider konnten bei den Umbaumaßnahmen in den Jahren 2009 und 2010 keine Möglichkeiten gefunden werden, einen barrierefreien Zugang zum Sportbad zu schaffen.“ Bauliche Gründe hätten das unmöglich gemacht.

Doch auch Menschen mit Behinderung wollen aktiv Sport treiben und trainieren. Der Behindertenbeirat schlägt hier vor, gehbehinderten Menschen den Zugang zum Sportbad direkt durch die Tiefgarage zu ermöglichen. Abgeteilte Bereiche hier könnten zu Dusche, Toilette und Umkleideraum umgestaltet werden.

Umgang mit behinderten Kindern beim Schwimmunterricht?

„Wie wird es gehandhabt, wenn ein*e Schüler*in mit Gehbehinderung am Schwimmunterricht teilnimmt?“, fragt Lecomte beim Ortstermin. Es sei Sache des Lehrpersonals, so die Antwort. Das Kind könne getragen werden, krabbeln oder die Schulklasse könne statt dem Sportbad das Becken für Schwimmanfänger*innen nutzen.

Die Antwort hinterlässt ein sehr ungutes Gefühl. Wie ist das für ein Kind, vor den anderen ins Becken krabbeln zu müssen? Läuft es nicht Gefahr, gemobbt zu werden? Oder es heißt: „Wegen dir durften wir nicht ins Sportbad.“ Das ist keine Inklusion. Auch behinderte Kinder sollten ohne Ausgrenzung am Schwimmunterricht teilnehmen und zum Beispiel Schwimm-Abzeichen ablegen können, stellt Miriam Ihnen vom Behindertenbeirat auf Anfrage fest. 

Blick nach Darmstadt ins Jugendstilbad

Wie ist es anderswo? Ein Blick nach Darmstadt: Das Jugendstilbad hier entstand vor gut 120 Jahren und steht unter Denkmalschutz. Es ist heute ein Wellnessbad mit modernen Ergänzungen – und bietet allen Gästen einen barrierefreien Zugang.

Im Rezeptionsbereich gibt es motorunterstützte Schwingtüren. Der Zugang zur barrierefreien Umkleide, zu WC und Dusche ist ebenerdig und ohne Schwellen gestaltet. Schwingtüren verbinden auch die verschiedenen Bereiche, ein Personenaufzug ermöglicht den Zugang zu den oberen Etagen. Während des Aufenthalts können zwei Wechsel-Rollstühle genutzt werden. Ein Beckenlift gewährleistet selbstständigen Zugang in die Becken.

Einführung ermöglicht selbständige Orientierung bei künftigen Besuchen

Sandra Patsis vom Darmstädter Management erläutert: „Das Thema Barrierefreiheit verstehen wir umfassend. Zwar bestehen aktuell noch keine spezifischen Orientierungshilfen oder taktile Leitsysteme für blinde oder sehbehinderte Menschen, jedoch unterstützen wir diese Gäste gerne individuell. Sofern es der laufende Betrieb zulässt, bieten wir bei einem ersten Besuch eine persönliche Einführung an, um eine selbstständige Orientierung bei künftigen Besuchen zu ermöglichen.“ Soweit der Bericht von Cécile Lecomte.

Behindertenbeirat Lüneburg: Thema im Blick

Von einem Unternehmen der Größe und Bedeutung wie das SaLü, noch dazu im Gesundheits- und Sportbereich, sollte man erwarten können, dass gezielt fachliche Beratung eingeholt wird und Anstrengungen unternommen werden, um barrierefreie Lösungen zu finden. Auch der Behindertenbeirat Lüneburg kennt die Sachlage und hat das Thema im Blick, nicht zuletzt, weil es von verschiedenen Seiten an ihn herangetragen wird.

„Wir gehen davon aus, dass das Management sich der Problematik bewusst ist. Und wir wünschen uns sehr, dass hier verstärkt Anstrengungen unternommen werden, um auch Menschen mit Behinderung die Teilhaben in Lüneburgs großem Erlebnis- und Sportbad zu ermöglichen. Denn auch für Sport- und Freizeitstätten gilt die Anforderung der Barrierefreiheit“, stellt Miriam Ihnen, stellvertretende Vorsitzende des Behindertenbeirats für Stadt und Landkreis Lüneburg, klar.

Mehr Information und Kontakt


* Der Ausdruck Ableismus (abgeleitet vom englischen able – fähig) bezeichnet unterschiedliche Diskriminierungsformen gegenüber Menschen mit Behinderung. 

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