Rauch über den Dächern. Foto: Jens, Pixabay.

Heizen mit Holz: „Ökologischer Irrweg“?

Kamine und Holzöfen, die außer Betrieb waren, dürfen auf Antrag wieder genutzt werden. So ein Erlass des Niedersächsischen Umwelt- und Energieministeriums. Fachleute halten das Heizen mit Holz jedoch für einen ökologischen Irrweg. Grund: Die ausgestoßenen Schadstoffe und der damit verbundene Rückgang der Wälder weltweit.


Mitteilung von: Nds. Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz
Am: 23.09.2022
Online: mehr


Niedersachsen: Kamine und Holzöfen außer Betrieb dürfen – unter Auflagen – reaktiviert werden

Als Beitrag, um den Herausforderungen der Energiekrise zu begegnen, können diesen Winter in Niedersachsen Kamine und Holzöfen, die eigentlich schon außer Betrieb genommen wurden, auf Antrag wieder genutzt werden. Einen entsprechenden Erlass hat das Niedersächsische Umwelt- und Energieministerium jetzt auf den Weg gebracht.

Voraussetzung: Überprüfung durch Schornsteinfeger:in und Ersatz für Gasfeuerungsanlage

Voraussetzung ist, dass sie technisch noch einsatzbereit sind, von einer Schornsteinfegerin oder einem Schornsteinfeger überprüft wurden und eine vorhandene Gasfeuerungsanlage dadurch ganz oder teilweise ersetzt wird.

„Wir sind auf einem sehr guten Weg beim Gassparen. Gleichzeitig sollten wir die Möglichkeiten, die einfach umzusetzen sind, nutzen, um auch im privaten Bereich Alternativen zum Gas länger nutzbar zu halten“, kommentierte der Umwelt- und Energieminister Olaf Lies den Erlass aus seinem Haus.

Anlagen müssen in technisch gutem Zustand sein

Die Anlagen müssten dabei einem technisch guten Zustand sein, was durch eine Überprüfung gesichert werden könnte. Eine entsprechende Überprüfung sei durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger möglich.

Lies: „Diese zeitlich begrenzte Ausnahmemöglichkeit gibt gerade privaten Haushalten die Möglichkeit, Geldbeutel und Gasspeicher zu schonen. Die Möglichkeit, die die Verordnung hier eröffnet, wollen wir in Niedersachsen nutzen.“

Antrag ist bei den Immissionsschutzbehörden zu stellen

Die Ausnahmen können ab sofort bei den unteren Immissionsschutzbehörden (Landkreisen, kreisfreien Städten und großen selbständigen Städten) beantragt werden.

Hintergrund: Heizen mit Holz – Schaden für Klima und Mitmenschen

Heizen mit Holz ist angeblich klimaneutral – und damit deutlich besser als mit Öl, Gas oder Kohle. Aber das sehen Umweltbundesamt und NABU anders – und nicht nur sie.

  • Die Emissionen an gesundheitsschädlichem Feinstaub aus Holzfeuerungsanlagen in Haushalten und im Kleingewerbe sind in Deutschland bereits heute insgesamt höher als die aus den Motoren von Pkws und Lkws, so das Umweltbundesamt (SPIEGEL Wissenschaft: mehr).
  • Und der NABU fordert: „Stoppt das Verheizen unserer Wälder!“ Denn bis nachgepflanzte Bäume das verloren gegangene Ökosystem als CO2-Senke und Lebensraum ersetzen, dauert es viele Jahrzehnte (mehr).

Deutsche Umwelthilfe: Clean Heat – Fragen und Antworten zum Heizen mit Holz

Grundsätzlich sollte Holz in erster Linie in langlebigen Gütern zum Beispiel zum Bau von Gebäuden oder Möbeln genutzt und nicht verbrannt werden, so die Deutsche Umwelthilfe.

Durch die Verbrennung entstehender Ruß schadet nicht nur den Menschen, sondern auch dem Klima: Sein Treibhauspotenzial liegt nach Schätzung des Weltklimarates (IPCC) beim bis zu 3.200-fachen von CO2. Scheitholzöfen haben nach Einschätzung von Expert:innen eine ähnlich schlechte oder gar schlechtere Klimabilanz als Gasheizungen.

Fragen: Warum schadet das Heizen mit Holz dem Klima?
Wie können die Schadstoffe aus der Holzfeuerung gemindert werden?
Ich habe selbst einen Holzofen: Was kann ich tun?
Lässt sich die Feinstaubbelastung vor Ort messen, wenn keine offizielle Messstation in der Nähe vorhanden ist?

  • Deutsche Umwelthilfe: Antworten zum Heizen mit Holzmehr
  • Spektrum.de: Der Qualm der Energiekrise (06.10.2022)
    Holz gilt oft als klimaneutrale und umweltfreundliche Alternativen zu Gas und Öl. Mitnichten, sagen Experten. Kein Brennstoff setzt mehr Schadstoffe und Kohlendioxid frei – mehr

Umweltbundesamt: Viele Schadstoffe durch Kamin- und Kachelöfen

Einzelraumfeuerungsanlagen, wie zum Beispiel Kamin- oder Kachelöfen, verursachen vergleichsweise viel Feinstaub. Die mikrokleinen Teilchen und andere Luftschadstoffe dringen tief in den Körper ein. Darunter sind krebserregende, erbgutverändernde und/oder fortpflanzungsgefährdende Schadstoffe. Denn die Verbrennung von Holz läuft nie vollständig ab.

Sollte Holz dennoch in Kleinfeuerungsanlagen verbrannt werden, sollte dies möglichst emissionsarm, mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad erfolgen. Es sollte nur gut aufbereitetes und getrocknetes Holz aus nachhaltiger regionaler Forstwirtschaft verbrannt werden.

  • Umweltbundesamt: Heizen mit Kaminöfen und Kachelöfen mit hoher Feinstaubbelastung – mehr
  • Umweltbundesamt: Heizen mit Holz – Ein Ratgeber zum richtigen und sauberen Heizen. PDF-Datei – mehr

Anwalt.de: Holzheizung schmutziger als Gas – Holzofengate im Kommen?

Die versprochenen Schadstoffwerte bei Holzöfen würden im Alltag nicht eingehalten, so Anwalt.de. Experten rieten inzwischen vom Betrieb eines Holzofens ab, wenn ein Baby im Haushalt ist. „Kommt nach dem Dieselgate ein Holzofengate?“, fragt Anwalt.de deshalb – und sieht dringenden Handlungsbedarf bei Politik und Verwaltung.

  • Anwalt.de: Verschwiegener Feinstaub und Schadgase – wettbewerbsrechtlich unlauter und eine Haftungsgefahr für den Einzelhandel und Handwerksbetriebe? – mehr

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