Diskutierten über Möglichkeiten, Lüneburgs Gebäude klimafreundlich und zukunftsgewandt aufzustellen: Prof. Dr. Tanja Remke (links), Dr. Marie-Luise Braun und Florian Norbisrath Fotohinweis: Klimaentscheid Lüneburg, Piet Bohl.

Klima.Wandeln.Hier: Lüneburgs Innenstadt zukunftsfähig machen

Zu wenig Wohnraum, zu viel Verkehr, über 30 Leerstände in Geschäftshäusern. Dazu die Herausforderungen des Klimawandels. Vorschläge und gute Beispiele zum Umgang damit gab es bei der Veranstaltung „Zukunftsgewandt Bauen und Wohnen“ in der Reihe Klima.Wandeln.Hier des Klimaentscheids Lüneburg am 30. November 2023 mit Architektin Dr. Tanja Remke und Florian Norbisrath von der Stabsstelle für Nachhaltige Entwicklung der Hansestadt Lüneburg.


Mitteilung von: Klimaentscheid Lüneburg – Am: 08.12.2023
Online: klimaentscheid-lueneburg.de– Foto: Klimaentscheid Lüneburg, Piet Bohl


„Die Innenstadt vielfältig nutzbar und flexibel denken“

Diskussion über Zukunftsgewandtes Bauen und Wohnen in Lüneburg am 30.11.2023 in Lüneburg

Foto: Klimaentscheid Lüneburg, Piet Bohl. Über die Möglichkeiten, Lüneburgs Gebäude klimafreundlich und zukunftsgewandt aufzustellen, diskutierten Prof. Dr. Tanja Remke (links), Dr. Marie-Luise Braun und Florian Norbisrath von der Stabsstelle für Nachhaltige Entwicklung der Hansestadt Lüneburg. 

Zu wenig Wohnraum, zu viel Verkehr, Leerstand in der Fußgängerzone, versiegelter Boden, zu wenig Schutz vor Hitze und Starkregen: Rund um die Innenstadt Lüneburgs sind aktuell viele Probleme zu lösen. Gleichzeitig stehen wir vor der Aufgabe, die Stadt für die Herausforderungen der Klimakrise zu wappnen.

Wie ist das zu schaffen? Darum ging es bei der Veranstaltung „Zukunftsgewandt Bauen und Wohnen“ in der Reihe Klima.Wandeln.Hier des Klimaentscheids Lüneburg am 30. November 2023

Aktuell Leerstand bei 32 Geschäftsräumen

32 Geschäftsräume stehen aktuell leer in Lüneburgs Zentrum. Das verdeutlicht den Handlungsbedarf. Dort wo einst Läden für Lebendigkeit sorgten, wird wertvoller Raum nicht genutzt.

Immerhin: Bei acht leerstehenden Geschäftsräumen kennt die Stadt Lüneburg konkrete Pläne für die künftige Nutzung. Zwei weitere sollen ebenfalls bald wieder genutzt werden, erläuterte Florian Norbisrath von der Stabsstelle für Nachhaltige Entwicklung der Hansestadt Lüneburg. Dennoch: Für 22 Läden gibt es aktuell offenbar keine Pläne zur Wiedernutzung

Leerstand über den Geschäften hat verschiedene Gründe

Auch über den Geschäften gibt es einigen Leerstand, der für den Wohnungsmarkt ebenso gut nutzbar wäre wie manches brachliegende Dachgeschoss. Menschen, die sich für den Ausbau stark machen, werden aber durch verschiedene Dinge ausgebremst.

  • Da sind Vorschriften, die sich noch an früheren Auffassungen der Stadtplanung orientieren.
  • Andere Pläne scheitern, weil zum Beispiel die Kosten für eine gesetzeskonforme Ausstattung der Gebäude (wie Brandschutz und Elektrizität) hoch sind – und Mittel nicht für die Verwendung bei Privathäusern gedacht sind.
  • Mancher Eigentümer mag die Investition nicht tätigen, wieder das Treppenhaus einzubauen, das einst herausgerissen wurde, um die Verkaufsfläche im Erdgeschoss zu vergrößern.

„Die Hansestadt Lüneburg steht im Dialog mit Eigentümerinnen und Eigentümern und ist um weitere Dialoge bemüht, um entsprechende Ideen zu reflektieren“, so Norbisrath.

Kritik an langwierigen Verwaltungsprozessen

In der Diskussion zeigten sich verschiedene Lüneburger:innen unzufrieden mit der Langatmigkeit von Verwaltungsprozessen.  Der Stadt sei das Potenzial des Dachausbaus auf Privathäusern seit 2017 bekannt, merkte ein Gast nachdrücklich an. Das Baudezernat sei jedoch nicht tätig geworden.

Als Zuständiger für nachhaltige Entwicklung wies Florian Nobisrath auf Fördermittel des Lüneburger Klimafonds für private Haushalte hin (https://www.lueneburg-klimaschutz.de).

Grundfrage: Was wollen die Einwohnenden?

Im Zentrum aber müsse auch die Frage stehen, was die Bedarfe der Stadtbewohner:innen selbst seien, betonte Prof. Dr. Tanja Remke in ihrem Impulsvortrag. „Die Stadt muss mit den Bewohnerinnen und Bewohnern gedacht werden, nicht für die Bewohnerinnen und Bewohner“, betonte sie. Bei Planung sei daher unabdingbar, sie einzubeziehen.

In Hannover gestaltet sie aktuell mit ihrem Architekturbüro eine Schule um, in der sich sämtliche Betroffenen des Gebäudes über den gesamten Prozess äußern und einbringen.

Aufgabe der Architekten: Möglichkeiten aufzeigen, Entscheidung unterstützen und Geplantes umsetzen

Wesentlich dafür sei: „Von Beginn an den Rahmen festzulegen, in dem man sich bewegt“, sagte Remke – auch im Blick auf die Finanzen.

Sie verstehe ihre Aufgabe als Architektin stärker als die einer Moderatorin, die Möglichkeiten aufzeigt und letztlich Gewünschtes und gemeinsam Geplantes umsetzt.

Umbau wesentlich klimaschonender als Abriss und Neubau

Zugleich machte sie deutlich, wie wenig Sinn es hinsichtlich energetischer Fragen ergebe, ein Gebäude abzureißen, statt es umzubauen und umzunutzen:

„Bei der Herstellung von einem Kubikmeter Stahlbeton wird so viel Kohlendioxid freigesetzt, dass es 4000 Bäume braucht, um diese Menge an einem Tag umzuwandeln. Bezogen auf einen typischen Stahlbetonschulbau der 1970-er Jahre braucht es zur Kompensation an einem Tag ca. 28 Millionen Bäume“, erläuterte Tanja Remke in ihrem Vortrag.

Gebäude lassen sich umnutzen – erfolgreiche Beispiele

Vor diesem Hintergrund stellte sie einige Projekte aus anderen Städten vor, in denen Geschäftsgebäude umgenutzt wurden – und so für neues Leben in den Innenstädten sorgen.

  • Das ehemalige Hertie-Kaufhaus in Oldenburg stand lange leer. Durch einen Innovationshub entstanden hier Räume mit Co-Working-Spaces, Café, Läden, Buchhandlung. „Das zieht neue Leute in die Innenstadt“, erläuterte Remke.
  • In Hamburg wird das ehemalige Vivo-Kaufhaus zur Stadtteilschule Ottensen umgebaut und soll künftig als Ort vielfältiger Begegnungen dienen.
  • In Berlin wurden Wasserspiele aus der DDR-Zeit instandgesetzt und werten heute als Orte der Begegnung verschiedene Zentren auf. Zudem sorgen sie bei großer Hitze für Abkühlung.
  • Ebenfalls in Berlin wurde das ehemalige Kindl-Areal durch ein Upcycling-Konzept aufgewertet und dabei 70 Prozent wiederverwendetes Material eingesetzt.

Solche Umnutzungskonzepte sollten auch für Wohnhäuser gelten, merkte ein Gast aus dem Publikum an. Vor allem dann, wenn möglicher Wohnraum sonst ungenutzt bleibe.

Gebäudebereich verursacht 38 Prozent der Klimagase

Wie dringend Veränderungen im Gebäudesektor sind, verdeutlichte Moderatorin Dr. Marie-Luise Braun zu Beginn: Laut Erhebungen der Vereinten Nationen (UN), verursacht der Gebäudebereich 38 Prozent der globalen CO2-Emissionen.

Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. November 2023 muss die Regierung zeitnah stimmige Klimaschutz-Sofortmaßnahmen für die Bereiche Gebäude und Verkehr vorlegen. Auch im lokalen Bereich müssten entsprechende Vorhaben schnellstmöglich umgesetzt werden.

Großes Interesse in Lüneburg

Das Interesse und die Bereitschaft zum Handeln sind in Lüneburg groß. Das zeigte die rege Beteiligung des Publikums an diesem Abend.

„Klima.Wandeln.Hier“ ist eine Kooperation von: Klimaentscheid Lüneburg, Stiftung Leben & Umwelt/Heinrich Böll-Stiftung Niedersachsen, agentur wortgewandt, 23grad e.V. und JANUN Lüneburg e.V..

Mehr Information und Kontakt

Lünepedia: Klimaentscheid Lüneburg

Die Initiative „Klimaentscheid Lüneburg” wurde 2020 gegründet und organisierte 2021 ein erfolgreiches Bürgerbegehren mit dem Ziel, dass Lüneburg bis 2030 klimaneutral wird. Der Klimaentscheid wird unterstützt von rund 50 regionalen Unternehmen, Institutionen und Initiativen, z. B. der Voelkel GmbH, dem NABU Lüneburg und dem Arbeitskreis „Laudato si“ der Kirchengemeinde St. Marien.

Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Klimaentscheid

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