Autos in der Innenstadt. Foto: Filip Filipović, Pixabay.

CDU: Zugang für Kfz-Verkehr in der Innenstadt zur Priorität machen

Klare Priorität für den Autoverkehr in der Innenstadt fordert die CDU-Ratsfraktion und verlangt einen langfristigen Plan zur Stärkung des Zentrums. Auch der CDU-Wirtschaftsverband MIT befürchtet, dass die Innenstadt verödet, wenn Geschäfte nicht bequem mit dem Auto erreichbar sind. Beides richtet sich gegen den Mobilitätsplan NUMP, der klimafreundliche Mobilität ermöglichen will. Überraschend: Die Parallelen mit der Verkehrsberuhigung in Lüneburg in den 1990er Jahren.


Mitteilung von:  CDU-Ratsfraktion Lüneburg – Am: 13.11.2024
Online: https://www.cdu-lueneburg.de/stadtverband-lueneburg/ – Foto: Autos in der Innenstadt. Beispielfoto, Pixabay


CDU-Ratsfraktion: „Gegen die schleichende Verdrängung des Kfz-Verkehrs“

Die CDU-Fraktion in der Hansestadt Lüneburg äußert scharfe Kritik bezüglich der Entwicklungen in der Innenstadt. Der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Goralczyk stellt klar, dass die CDU-Fraktion sich entschieden gegen die schleichende Verdrängung des Kfz-Verkehrs stemmt.

Innenstadt Lüneburg muss für Kfz-Verkehr zugänglich bleiben

„Es ist unerlässlich, dass Lüneburgs Innenstadt weiterhin für alle Verkehrsträger zugänglich bleibt. Gerade für die Bürger, die auf ihr Auto angewiesen sind, oder diejenigen, die mal eben schnell eine Besorgung erledigen wollen, darf die Erreichbarkeit nicht eingeschränkt werden. Der motorisierte Verkehr ist, genauso wie der Fahrradverkehr, der ÖPNV und die Fußgänger, ein wesentlicher Bestandteil der Mobilität und der wirtschaftlichen Dynamik der Stadt. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Innenstadt durch ideologiegetriebene Entscheidungen gänzlich ‚einschläft‘“, so Goralczyk.

Langfristiger Plan zur Stärkung der Innenstadt gefordert

Anna Bauseneick MdL, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in Lüneburg, ergänzt: „Die Insolvenz der Boutique Sellnau und die anhaltend hohe Zahl an Leerständen in der Lüneburger Innenstadt […] machen klar, dass wir dringend eine umfassende Strategie zur Stärkung unserer Innenstädte benötigen. Die bisherigen Programme und Antworten auf unsere Anfrage zur Innenstadtentwicklung zeigen leider, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Herausforderungen für die kleinen, inhabergeführten Geschäfte zu lösen.

Es reicht nicht, nur die Leerstandszahlen zu erheben oder allgemeine Aussagen zum Wandel im Einzelhandel zu treffen. Wir benötigen einen konkreten, langfristigen Plan, der auch die Verkehrspolitik und die Erreichbarkeit der Innenstadt als zentrale Themen aufgreift.“

Verwaltung soll umfassenden Bericht zum Sachstand der Innenstadtentwicklung vorlegen

Bauseneick betont, dass es jetzt an der Zeit sei, sich von ideologischen Konzepten zu lösen und stattdessen eine pragmatische, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Lüneburger Bürger und Geschäftsinhaber orientierte Lösung zu finden: „Wir müssen unsere Verantwortung für Lüneburg als Oberzentrum ernst nehmen und dürfen die Erreichbarkeit der Innenstadt nicht weiter gefährden. Inhabergeführte Geschäfte sind das Herz unserer Innenstadt und bieten den einzigartigen Charme, den wir so dringend bewahren müssen.

Als CDU-Fraktion fordern wir daher einen umfassenden Bericht zum Sachstand der Innenstadtentwicklung im nächsten Wirtschaftsausschuss der Hansestadt Lüneburg, um endlich gezielte und wirksame Maßnahmen ergreifen zu können. Wir müssen uns der Realität stellen und nicht einer Ideologie.“

Innenstadt: Zugang für Autos muss klare Priorität haben

Die CDU-Fraktion fordert eine klare Priorisierung der innerstädtischen Erreichbarkeit, insbesondere in Bezug auf den motorisierten Verkehr, und setzt sich für eine nachhaltige und realistische Entwicklungspolitik ein, die die Innenstadt als lebendiges, wirtschaftliches Zentrum erhält.

CDU-Wirtschaftsverband MIT: Innenstadt leidet unter Folgen der Verkehrspolitik


Mitteilung von: CDU-Wirtschaftsverband MIT – Am: 13.11.2024
Online: https://www.cdu-lueneburg.de/mittelstands-und-wirtschaftsunion-mit/


Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Lüneburg äußert ihre tiefe Besorgnis über die zunehmende Zahl an Leerständen in der Innenstadt, die auch das Schließen des Traditionshauses Sellnau betrifft. Die MIT sieht die Verantwortung für diese Entwicklung auch in der aktuellen Verkehrspolitik der Stadt Lüneburg und fordert dringende Änderungen.

Leerstände aufgrund der Verkehrspolitik

„Die Innenstadt von Lüneburg leidet zunehmend unter den Folgen der Verkehrspolitik, die weder Händlerinnen und Händler noch Kundinnen und Kunden ausreichend berücksichtigt. Es ist erschreckend zu sehen, dass selbst zentrale Straßenzüge wie die Bäckerstraße mit Leerständen übersät sind. Diese Entwicklung ist ein ernsthaftes Alarmsignal“, betont Patrick Pietruck, Vorsitzender der MIT Lüneburg.

Verkehrsbeschränkungen gefährden Einzelhandel

Der MIT-Kreisverband hat bereits mehrfach auf die drohenden Folgen des NUMP hingewiesen. Es ist wichtig, dass Schritt eins vor Schritt zwei gemacht wird und wir nicht einfach pauschal Parkplätze streichen, ohne die Folgen zu kompensieren. Auch das jüngste Beispiel des Modehauses Sellnau zeigt, wie die fehlende Laufkundschaft und die Verkehrsbeschränkungen den Einzelhandel nachhaltig gefährden. „Fahrradstraßen sind zwar modern und schick, führen aber nicht zu mehr Laufkundschaft in der Innenstadt“, so Pietruck weiter.

Gefahr, dass Innenstadt verödet

Die MIT fordert den Rat der Stadt daher eindringlich auf, das derzeitige Mobilitätskonzept (NUMP) in der kommenden Ratssitzung am 28. November 2024 abzulehnen und stattdessen ein Konzept zu entwickeln, das den Einzelhandel und die Nahversorgung stärkt. Es darf nicht sein, dass die Innenstadt zunehmend verödet, weil immer mehr Menschen die Möglichkeit verlieren, bequem in die Stadt zu gelangen.

Die MIT Lüneburg wird die weitere Entwicklung eng begleiten und bleibt mit den betroffenen Unternehmen im Austausch, um Lösungen für die Innenstadt zu finden und den negativen Trend aufzuhalten.

Mehr zum Thema

  • Lüne-Blog: Beiträge zur Diskussion um den Nachhaltigen Verkehrsplan NUMP
    Im Dezember 2022 wurde die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg mit der Erstellung eines Nachhaltigen Urbanen Mobilitätsplans beauftragt. Unter umfassender Bürgerbeteiligung und Einbezug von Interessenverbänden und Parteien wurden Maßnahmenempfehlungen entwickelt. Ziel ist, dass sich alle Bürger:innen mit Hilfe verfügbarer Verkehrsnetze und -angebote problemlos im Stadtgebiet und darüber hinaus fortbewegen können – auf möglichst nachhaltige, klimafreundliche Weise.
  • Hansestadt Lüneburg: NUMP-Maßnahmensteckbriefe (PDF-Datei)
    Die 30 Maßnahmensteckbriefe enthalten Zielbeschreibungen für die verschiedenen Verkehrsarten: Fuß-, Rad-, motorisierten und öffentlichen Verkehr. Ergänzend zugefügt sind Empfehlungen zur Gestaltung des Straßenraums und der Öffentlichkeitsarbeit.

Blick in die Geschichte: Lüneburgs Innenstadt wird verkehrsberuhigt – 1990-1993

In den 1990er Jahren unter SPD-Oberbürgermeister Ulrich Mädge wurde in Lüneburg der Verkehrsentwicklungsplan umgesetzt. Vorher fuhr der Kfz-Verkehr mitten durch die Innenstadt mit der Bäckerstraße als Bundesstraße und Marktplatz und Am Sande als Parkplätze. Nun wurde die Fußgängerzone ausgeweitet auf knapp 5 Kilometer.

Gleich nach dem Beschluss des Verkehrsentwicklungsplans regten sich kritische Stimmen von Wirtschaftsverbänden, die zu einer von lokalen Medien mitbeförderten Protestwelle eskalierten. Prof. Dr. Peter Pez, Leuphana Universität, beschreibt in einem Aufsatz aus dem Jahr 2000 (siehe unten) die damaligen Ereignisse.

Mit dem Wahlergebnis endete der Schlagabtausch

Wirtschaftsverbände und Geschäftsinhaber beklagten rückläufige Umsätze und verwiesen bei einigen Geschäftsschließungen auf die Verkehrsberuhigung als (Mit-)Ursache. Die Oppositionsparteien CDU und FDP griffen die Proteste auf und machten sie 1994 zum Wahlkampfthema bei der kombinierten Landtags- und Kreistagswahl.

Ein gewisser Widerspruch, denn beide, CDU und FDP, hatten den Verkehrsentwicklungsplan 1990 als Mehrheitsfraktionen verabschiedet und die Wahl betraf den Landkreis, nicht die Stadt. Mit dem Wahlergebnis – CDU und FDP verloren über 7 Prozentpunkte – fand der politische Schlagabtausch dann ein abruptes Ende.

Verkehrsberuhigung in der Bevölkerung nach kurzer Zeit akzeptiert

Wie Untersuchungen und Befragungen zeigten, war die Verkehrsberuhigung in der Bevölkerung bereits nach kurzer Zeit akzeptiert. Die Zufriedenheit erhöhte sich weiter nach Straßenumbauten und verkehrspolitischen Begleitmaßnahmen. Feststellen ließ sich zudem ein ganz erheblicher Rückgang in der Abgasbelastung und eine eindrucksvolle Senkung der Unfallzahlen. So die Beschreibung von Prof. Dr. Peter Pez, Leuphana Universität, in einem Aufsatz im Jahr 2000.

Historisches Lüneburg – Playlist bei YouTube

Das waren noch Zeiten: Da konnte man wirklich bequem mit dem Auto in die Stadt und vor dem Geschäft parken. Die Bäckerstraße war Bundestraße, auf dem Marktplatz und Am Sande konnte man seinen Wagen abstellen. Einige Einblicke ins historische Lüneburg bietet die Playlist von Lüne-Stream.

Lünepedia: NUMP

Der Nachhaltige Urbane Mobilitätsplan (NUMP) ist ein Handlungsrahmen für die Mobilitätsentwicklung, der durch die Hansestadt Lüneburg erarbeitet wird. Es erfolgt eine enge Abstimmung mit dem Landkreis Lüneburg, in dem ein Mobilitätsgutachten verfasst wird.

Die Auftaktveranstaltung zum NUMP-Prozess fand am 15.06.2023 statt. Der NUMP (englisch SUMP – Sustainable Urban Mobility Plan) ist ein auf Nachhaltigkeitsaspekte fokussierter Verkehrsentwicklungsplan, wie ihn auch die Europäische Union empfiehlt. Der NUMP wird auch als Fortschreibung des Anfang der 1990er Jahre umgesetzten Verkehrsentwicklungsplans (VEP) gesehen.

Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Nachhaltiger_Urbaner_Mobilitätsplan


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3 Kommentare

  • Die Insolvenz der Boutique Sellnau liegt wohl daran, dass sie keine leeren Online-Einkaufswagen auf der Straße abstellen durften. Darum haben sie den Online-Handel schon jetzt eingestellt.
    Es ist erschreckend zu sehen, dass selbst in zentrale Straßenzügen wie die Bäckerstraße kein Auto geparkt werden kann…
    Was die CDU hier präsentiert, ist eine Kopie des (WUMP) – eines von Keno Freund (Die Partei) am 29.10.2024 in die Stadtratssitzung am 30.10 eingebrachten „Änderungsantrag zur Reanimierung der Innenstadt durch den Wirtschaftsfreundlichen Urbanen Mobilitätsplan“ – siehe https://ratsinfo.stadt.lueneburg.de/bi/to010.asp?SILFDNR=7056.

  • Das sind die Meldungen, bei denen ich immer im ersten Moment hoffe, sie seien bloß Satire…

    Dass sichere und gut ausgebaute Verkehrswege auch für andere Verkehrsteilnehmende geschaffen werden sollen, so dass man auch mit Rad, zu Fuß oder im Rolli sicher und gut unterwegs sein kann, wird als Verdrängung des Autos wahrgenommen?! Nur weil eine einzige Verkehrsform nicht bevorzugt werden soll, sondern alle die Möglichkeit bekämen, sich bequem fortzubewegen?

    Momentan ist Lüneburg, wie so ziemlich alle anderen Städte auch, für Autos zugeschnitten-von den Einkaufsstraßen abgesehen.
    An vielen Stellen teile ich mir als Radfahrerin schmalste Wege mit Fußgängern, was oft gefährlich ist. Zwar dürfte ich rechtlich auf der Strasse fahren, werde dann jedoch fast jedes Mal aggressiv angehupt oder gefährlich überholt.

    Ein bisschen mehr Gerechtigkeit und faire Platzverteilung im Verkehr auszubremsen, ist ein Armutszeugnis der CDU.

    Wie wäre es, statt Priorität für Autos Prioritäten für Menschen und ihre Fortbewegung zu setzen?

  • Die Lüneburger CDU hat sich anscheinend am WUMP – dem Änderungsantrag zur Reanimierung der Innenstadt durch den Wirtschaftsfreundlichen Urbanen Mobilitätsplan – orientiert. Der wurde kürzlich von Keno Freund, Ratsmitglied der Partei die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und Basisdemokratische Initiative, im Stadtrat eingebracht.
    Das kann man hier nachlesen und vergleichen:
    https://ratsinfo.stadt.lueneburg.de/bi/___tmp/tmp/45081036/KPexauZEzQ5eyzE1kBFMprjigvv7faKxHhUNZL57/SztYeSVo/77-Anlagen/01/24_10_29AenderungsantragdesRatsherrnKenoFreund.pdf

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