
„Ein nicht barrierefreier Inklusionstag“: Protest beim „Markt der Inklusion“ am 4. Mai 2025
Ein Fest für „Inklusion & Vielfalt“ ließ die Lüneburg Marketing GmbH am 4. Mai 2025, am Tag vor dem Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (5. Mai), ausrichten. Doch: Betroffene und ihre Selbstvertretungsorganisationen waren nicht eingeladen worden. So die Kritik der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg.
Mitteilung von: Anti-ableistische Aktion Lüneburg – Am: 04.05.2025
Online: https://fightableism.noblogs.org/ – Foto: Anti-ableistische Aktion Lüneburg
„Ein nicht barrierefreier Inklusionstag“: Protest beim „Markt der Inklusion“ am 4. Mai 2025
Foto: AAA LG. „Ein nicht barrierefreier Inklusionstag“: Am 4. Mai 2025 protestierte die Anti-ableistische Aktion Lüneburg auf dem „Markt der Inklusion“. In der Mitte im roten Pullover: Cécile Lecomte.
„Weg mit ableistischen Strukturen – für selbstbestimmt leben!“ – Mit solchen Bannern zogen Aktivist*innen der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg am 4. Mai 2025 über den Marktplatz. Mit einem Megafon und Flugblättern machten sie die Besucher:innen des Festes für „Inklusion“ und Vielfalt auf ihr Anliegen aufmerksam.
Veranstalter des Marktes für „Inklusion & Vielfalt“ ist die Lüneburg Marketing GmbH. An den vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr richtet sie jeweils zusätzliche Veranstaltungen aus. Denn rechtlich ist geregelt, dass ein besonderer Anlass vorliegen muss, damit der Schutz des Sonntags übergangen werden kann. Die Aktivist*innen kritisieren die Verwendung des Begriffes „Inklusion“ für diesen Tag, obwohl keine Betroffenen und ihre Selbstvertretungsorganisationen eingeladen wurden.
Kritik an Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen
Beteiligt waren Organisationen der Behindertenhilfe. Die Aktivist*innen werfen diesen vor, die Exklusion auf struktureller Ebene zu fördern und aufrechtzuerhalten: „Wenn Parallelwelten wie Förderschulen, Werkstätten für Behinderte und Heime gefördert und aufrechterhalten werden, ist das keine Inklusion, sondern Segregation“, erklärt Cécile Lecomte, eine an der Aktion beteiligte Rollstuhlfahrerin. „Diese Sonderwelten verstoßen gegen unsere Grundrecht aus der UN-Behindertenkonvention.”
Selbstbestimmtes Leben ermöglichen statt Parallelwelten schaffen
Stattdessen ist eine Deinstitutionalisierung vorgesehen und die Ermöglichung von selbstbestimmtem Leben, zum Beispiel mit persönlicher Assistenz. „Es gibt durchaus auch im Einzelfall gute Initiativen bei den Organisationen der Behindertenhilfe“, so Lecomte. „Das ändert am strukturellen Ableismus, den wir anprangern, jedoch nichts. Nichts über uns ohne uns! Weg mit Parallel-Welten.“
Der Begriff Ableismus kommt aus dem englischen „to be able“ und beschreibt die Ungleichbehandlung, Grenzüberschreitungen, Diskriminierungen und stereotypen Zuweisungen, die Menschen wegen ihrer Behinderung erfahren.
Barrierefreiheit als Grundrecht, kein Almosen
„Wenn behinderte Menschen nur dafür genutzt werden sollen, dass andere ein gutes Geschäft machen oder sich gut fühlen, weil sie an einem bestimmten Tag lächelnd an behinderte Menschen gedacht haben, dann hilft uns das nicht. Wir behinderte Menschen haben Rechte. Durch die Behindertenrechtskonvention und das Grundgesetz sind Teilhabe und Barrierefreiheit unser Recht, kein freiwilliges Almosen“, beschreibt das ausgeteilte Flugblatt das Anliegen der Gruppe.
„Wir sind keine Bittsteller*innen. Wir brauchen gleiche Rechte und faire Chancen, an jedem Tag!“
Mehr Information und Kontakt
- Anti-ableistische Aktion Lüneburg: Fight Ableism – Mobilitätswende für Alle!
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- AG Lüneburg zu Fuß: Für mehr Barrierefreiheit im Stadtbereich – Teststrecke sorgt für Aha-Erlebnisse – 06.05.2025
„Eins, zwei, drei – los!“ hieß es neben dem Marktplatz am Sonntag, 4. Mai 2025. Und Jüngere und Ältere starteten mit Rollator, Trolley oder Rollstuhl, um am eigenen Leib zu erfahren, wie sich das Kopfsteinpflaster anfühlt. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, so ein Teilnehmer im Nachhinein. „Wie man da durchgerüttelt wird!“ Die AG Lüneburg zu Fuß fordert mit dieser Aktion mehr Barrierefreiheit im Straßenraum – einen „Neustart Inklusion“. - Fehlender Aufzug im Bahnhof Lüneburg: Bahn erweitert Shuttleangebot – 20.12.2024
Briefe, Aktionen und Gespräche über mehrere Monate waren endlich erfolgreich: Als Ersatz für den fehlenden Aufzug an Gleis 2/3 im Bahnhof Lüneburg erweitert die DB jetzt ihr Angebot: Fahrgäste, die nicht Treppen steigen können, können jetzt ab Uelzen und Bienenbüttel ein Shuttle nutzen. Allerdings: Die Voranmeldung bleibt weiter nötig.

Foto: AAA LG. „Weg mit den ableistischen Strukturen“ – Protest der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg am 4. Mai 2025 auf dem „Markt der Inklusion“

Foto: AAA LG. Rollifahrer mit dem Plakat „Sondervermögen für Aufzüge – jetzt!“. Teilnehmende beim Protestzug der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg am 4. Mai 2025 auf dem „Markt der Inklusion“

Foto: AAA LG. Forderung nach Inklusion. Teilnehmende im Rolli beim Protestzug der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg am 4. Mai 2025 auf dem „Markt der Inklusion“. Links im Bild: Daniela Laudan, Vorsitzende des Behindertenbeirats in Lüneburg
Wikipedia: Ableismus
Ableismus (von englisch able – „fähig“) bezeichnet unterschiedliche Diskriminierungsformen gegenüber Menschen mit Behinderung. Der Begriff leitet sich vom anglo-amerikanischen ability („Fähigkeit“) ab und wurde von der US-amerikanischen Behindertenrechtsbewegung geprägt. Er steht für „die alltägliche Reduktion eines Menschen auf seine Beeinträchtigung“. Ableismus bezeichnet eine „Diskriminierung bezüglich abweichender Körperlichkeit / Behinderung (z. B. Körpergröße, Schädigungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Albinismus, chronische Erkrankung)“. Ableismus zeige sich nicht nur im „schrägen Kommentar“ oder im „Kopfstreicheln“, sondern auch in der Treppe ohne Rampe, im fehlenden Aufzug und Geldern.
Weiterlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Ableismus
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Die Aktivist*innen der Anti-ableistischen Aktion Lüneburg stellen sich selbst ein Bein.
Wen glauben sie zu erreichen, wenn schon ihr Name Unverständnis statt Neugier erzeugt?
Kommerz zieht Leute an, die nicht wegen ein paar Infoständen kommen.
Wer weder von Geburt an noch durch eine Krankheit oder einen Unfall jemals behindert war, kann im wahrsten Sinne des Wortes nicht begreifen, wie es ist, keinen „normalen“ Alltag zu haben.
Diese Leute müssen erreicht werden, um Behindertenfeindlichkeit zu beseitigen. Wir müssen für sie begreifbar machen, was es bedeutet nicht normal gehen und/oder sehen zu können.
Barrierefreiheit lässt nicht deswegen zu wünschen übrig, weil alle nicht behinderten Menschen böse sind. Vielen fehlt einfach das Verständnis dafür, was es bedeutet keinen „normalen“ Alltag zu haben … was man auch als eine Behinderung ansehen kann.
Aber dagegen kann man etwas machen: Diese Menschen spielerisch nachempfinden lassen, wie es sich anfühlt, einen Alltag in einer behindertenfeindlichen Welt zu leben.
Wer kann schon begreifen, was für ein Horror Lüneburgs Holperpflaster für die ist, die auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind, ohne jemals ausprobiert zu haben, wie sich das anfühlt? 500 Erschütterungen auf hundert Metern…
Teilhabe und Barrierefreiheit sind Rechtsansprüche. Durchsetzen lassen sie sich umso mehr, je mehr Menschen begreifen, wie wichtig sie sind. Jeder kann in eine solche Situation kommen – jeder. Das verdrängen hilft nur so lange, bis es einen selbst erwischt … und dann ist der Spaß erst einmal vorbei …