Wissing: Absage für Neubaustrecke Hannover-Hamburg? – Lob von Olaf Lies (SPD) und viel Kritik
Seit längerem ist ein Bahn-Neubau Hannover-Hamburg entlang der Autobahn A7 im Gespräch. Nun teilte Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit, man habe sich auf eine Generalsanierung im Jahr 2029 geeinigt. Befürworter der Neubaustrecke zeigen sich entsetzt und empört. Zu den Gegnern des Bahn-Neubaus gehören Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) und der Heidekreis, Wahlkreis von SPD-Chef Lars Klingbeil.
Deutsche Bahn: Strecke laut Daten extrem überlastet – Sanierung nicht ausreichend
Nach Daten der Bahn ist die Strecke bereits jetzt extrem überlastet. Eine Generalsanierung bringt nach Berechnungen der Bahn nur eine Abmilderung von acht Prozent. Darauf weisen die Ausbaubefürworter der Neubaustrecke hin, darunter Landkreis und Hansestadt Lüneburg, der ökologische Verkehrsclub VCD und die Grünen in Niedersachsen.
- Deutsche Bahn AG: Bahnprojekt Hamburg/Bremen–Hannover – Präsentation (PDF-Datei)
Information zum Statustreffen Dialogforum Schiene Nord (DSN) am 15.12.2023 in Celle
Aus der Präsentation: „Der Zustand der Bestandsstrecke ist extrem kritisch: Die Strecke ist überaltert und mit 147 Prozent stark überlastet. Daran ändert die Generalsanierung nur bedingt etwas – die bestehende betriebliche Überlastung wird lediglich abgemildert, keinesfalls aufgelöst. Nur mit einem parallelen Vorgehen zur Neubaustrecke schaffen wir ausreichende Kapazitäten.“ (S. 33).
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD): Generalsanierung Hannover-Hamburg bringt Verbesserungen
Mitteilung von: Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung – Am: 13.08.2024
Online: https://www.mw.niedersachsen.de/
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies begrüßt die Absage an eine Neubaustrecke Hannover-Hamburg durch Bundesverkehrsminister Volker Wissing und eine Generalsanierung: „Ein großes Lob an den Bundesverkehrsminister, dass er sich heute so klar positioniert hat. Die Generalsanierung Hannover-Hamburg wird ein Instrument sein, mit dem wir sehr zeitnah einen möglichst großen Teil des optimierten Alpha-E umsetzen und die weiteren möglichen Verbesserungen vorbereiten.
Drei- oder viergleisiger Ausbau sollte jetzt schnell erfolgen
Wo es möglich ist, sollte der dreigleisige oder auf freier Strecke sogar viergleisige Ausbau erfolgen. Das würde schnell eine deutliche Verbesserung der Strecken mit einer dringend benötigten Erhöhung der Kapazität bedeuten: Mehr Verlässlichkeit im Fernverkehr, mehr Kapazität für den Güterverkehr und auch mehr Nahverkehr.
Diese Ziele standen schon beim Beginn des Dialogs 2014 fest, aber es wurde leider noch nicht ein Meter des Projekts umgesetzt. Jetzt bin ich zuversichtlich, dass das Machbare endlich möglich wird. […] Jetzt gilt es, das Vorhaben sehr genau zu fixieren und in einer schriftlichen Vereinbarung verbindlich zu festigen.“
Landrat Jens Böther: Fassungslos angesichts der Absage an die Neubau-Strecke
Mitteilung von: Landkreis Lüneburg – Am: 13.08.2024 – Online: mehr
Zukunft der Bahnstrecke Hamburg-Hannover: „Die Bestandsstrecke kann nicht mehr“
„Die schon heute völlig überlastete Strecke soll mit einigen nur unzureichenden Maßnahmen noch mehr Kapazitäten bewältigen. Darüber hinaus wird auch die dringend notwendige Sanierung auf das Jahr 2029 verschoben“, Landrat Jens Böther zeigt sich fassungslos angesichts der Aussagen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing, den Neubau der Bahnstrecke Hamburg-Hannover abzusagen.
Böther: Schlag ins Gesicht für alle Bahnreisenden
„Volker Wissing betreibt Flickwerk zulasten der Menschen zwischen Hamburg und Hannover“, erklärt der Lüneburger Landrat. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die zur Arbeit nach Hamburg und Hannover pendeln oder die Hansestadt Lüneburg besuchen, für alle Fernreisenden und auch für den Güterverkehr auf der Schiene. Norddeutschland rollt bahnmäßig aufs Abstellgleis.“
Strecke ist mit 130 Prozent überlastet
Bereits heute ist die bestehende Strecke, die über Lüneburg führt, zu etwa 130 Prozent ihrer eigentlichen Kapazität ausgelastet. Die Folge: Andauernde Verspätungen im Nah- und Fernverkehr, Zugausfälle und technische Defekte. Das politische Ziel der Bundesregierung, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern und im Personenverkehr den Deutschlandtakt einzuführen, ist mit dieser Strecke nicht erreichbar.
Daten der Deutschen Bahn zeigen: Ausbau reicht nicht aus
„Die Klima- und Verkehrswende funktioniert nur mit mindestens vier Gleisen zwischen Hamburg und Hannover – und das geht nur mit einem Neubau, ein Ausbau der Bestandsstrecke reicht nicht aus. Das zeigen die Daten der Deutschen Bahn eindeutig: Die Bestandsstrecke kann nicht mehr“, verweist Böther auf die Faktenlage.
Sein Appell an Volker Wissing: Das Verkehrsministerium solle die Vergleichsdaten der möglichen Trassenvarianten auf den Tisch legen für eine faktenbasierte Kommunikation.
VCD Niedersachsen empört: Daten der Bahn eindeutig
Mitteilung von: VCD Landesverband Niedersachsen – Am: 13.08.2024 – Online: https://www.vcd-niedersachsen.de/
Wie Volker Wissing am 13. August 2024 mitteilen ließ, haben sich das Bundesverkehrsministerium, das Land Niedersachsen und die Deutsche Bahn auf die Verschiebung der Generalsanierung zwischen Hamburg und Hannover verständigt. Dabei solle so viel wie möglich des „optimierten Alpha-E“ zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der hochüberlasteten Strecke umgesetzt werden. In Arbeitsgruppen vor Ort solle parallel dazu über langfristige Lösungen für den Kapazitätsbedarf der Strecke nachgedacht werden.
Generalsanierung mildert Überlastung gerade um 8 Prozent ab
VCD-Landesvorstand Kay Rabe von Kühlewein: „Es ist niemandem, gerade nicht den täglichen Fahrgästen auf der überlasteten Bestandsstrecke zwischen Hamburg und Hannover, geholfen, wenn die Entscheidung über einen Neubau weiter in die Zukunft verschoben wird. […] Ebenso unverständlich bleibt für uns, wie mit der Generalsanierung eine sichtbare Leistungssteigerung erreicht werden soll. Die Strecke ist heute zu 130 Prozent ausgelastet. Eine Generalsanierung bringt nur eine Abmilderung von acht Prozent.”
Daten der Deutschen Bahn belegen Bedarf
Der VCD bezieht sich dabei auf Daten der Deutschen Bahn, die diese bereits im Vorjahr veröffentlicht hatte. In der Präsentation ist auch detailliert dargelegt, dass mit einer Neubaustrecke Orte wie Soltau und Bergen für den Regionalverkehr erschlossen werden könnten, die heute nur sehr schlecht mit öffentlichem Verkehr zugänglich sind. Verkehrsminister Wissing entgehe damit einmal mehr die Chance, die Klimaziele im Verkehrssektor langfristig einzuhalten.
- Deutsche Bahn AG: Bahnprojekt Hamburg/Bremen–Hannover – Präsentation 15.12.2023 (PDF-Datei)
Information zum Statustreffen Dialogforum Schiene Nord (DSN) in Celle
VCD Landesvorstand Hans-Christian Friedrichs zeigt ebenfalls Unverständnis. Wenn dem Land Niedersachsen so sehr daran liege, die Belange der Menschen vor Ort zu berücksichtigen, solle das auch auf die geplante A39 ausgeweitet werden: „Es wäre nur konsequent, auch hier den Menschen vor Ort zuzuhören.“ Diese würden durch den Bau weitaus mehr geschädigt „als ein paar wenige laute Bürgerinitiativen in der Heideregion durch eine neue Bahnstrecke!”
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- Dialogforum Schiene Nord: Landkreis und Hansestadt fordern faktenbasierte Diskussion zu Neubau Hannover-Hamburg – 16.12.2023
Der Bahnverkehr im Landkreis Lüneburg und in Norddeutschland muss zuverlässiger und schneller werden – und dafür braucht es eine zweigleisige Neubaustrecke zwischen Hannover und Hamburg. Beim Alpha-E-Treffen mit Verkehrsminister Olaf Lies am 15. Dezember 2023 ging es jedoch nur um die Generalsanierung. Nicht ausreichend für zukunftsfähigen Bahnverkehr, sind sich Landkreis und Hansestadt einig. Erneut fordern sie zeitnahe Maßnahmen und die Diskussion der vorliegenden Streckenvarianten und Fakten. - Bahnstrecke Hannover-Hamburg: Verzicht auf Neubau und Verschiebung der Generalsanierung? – 20.09.2023
Verwunderung und Empörung weckt eine Information der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, nach der der Neubau der Bahnstrecke Hamburg-Hannover vom Tisch sei und die geplante Generalsanierung im Landkreis auf 2029 verschoben werden soll. „Hier wird ganz klar eine politische Entscheidung gegen objektive Fakten getroffen. Hoffen wir, dass diese noch nicht final ist“, so Lüneburgs OB Claudia Kalisch. - „Für die Schiene auf die Straße“: Fridays demonstrieren für Neubau der Bahnstrecke Hannover-Hamburg – 12.08.2023
Seit Jahren ist klar, dass nur eine neue Bahnstrecke den Verkehrs-Engpass zwischen Hamburg und Hannover sinnvoll auflösen kann. In einem offenen Brief fordern Fridays for Future Niedersachsen SPD-Chef Lars Klingbeil auf, die Blockade gegen den Neubau aufzugeben und sich stattdessen für die konsequente Einhaltung der Klimaziele einzusetzen.
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