Wilde Mini-Wiesen als Lebensraum für Insekten – Vortrag am 30. August 2022 in Neuhaus
Viele Menschen möchten etwas gegen das Insektensterben tun. Wenige Quadratmeter für heimische Wiesen-Kräuter können helfen. Wie man solche wilden Mini-Wiesen anlegt und pflegt, erläutert Dr. Olaf Anderßon am Dienstag, 30. August 2022, im Haus des Gastes in Neuhaus/Elbe.
Mitteilung von: Landkreis Lüneburg
Am: 23.08.2022
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Foto: Dr. O. Anderßon. Mini-Wiese.
Wilde Mini-Wiesen als Lebensraum für Insekten – 30. August 2022 in Neuhaus
Dienstag, 30. August 2022, 19:00 Uhr – Haus des Gastes, Neuhaus/Elbe, Am Markt 5
Viele Menschen möchten etwas gegen das Insektensterben tun. Wenige Quadratmeter für heimische Wiesen-Kräuter können helfen. Sie geben Insekten im eigenen Garten Nahrung und Lebensraum.
Zu diesen „Mini-Wilden-Wiesen“ vor der Haustür hält Dr. Olaf Anderßon am Dienstag, dem 30. August 2022, um 19 Uhr einen Vortrag im Haus des Gastes in Neuhaus/Elbe. „Mit diesen kleinen Wiesen tragen wir ein Stück dazu bei, dass die eine oder andere Art überleben kann. Jeder Quadratmeter zählt!“ so der Biologe.
Die Teilnahme am Vortrag ist kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
Dr. Olaf Anderßon: Biologe und Leiter des Biotopverbunds Elbtal Amt Neuhaus (BENe)
Dr. Olaf Anderßon ist Biologe und Leiter des Projektes „Biotopverbund Elbtal Amt Neuhaus (BENe) – unter besonderer Berücksichtigung des Blühaspektes für den Landkreis Lüneburg“.
Eine Nisthilfe für Wildbienen und andere Insekten im Garten ist ein Teil, reicht aber nicht aus, sagt Dr. Olaf Anderßon: „Die Insekten brauchen auch Nahrung in ihrem Lebensraum. Den kann jeder Gartenbesitzer leicht schaffen. Laut einer aktuellen englischen Studie hilft eine Mini-Wiese von 4 x 4 Metern mit heimischen Wiesen-Kräutern.“ Dann kommen mehr blütenbesuchende Insekten in den Garten – sowohl mehr Tiere einer Art als auch mehr Arten generell.
Tipps zu Anlage und Pflege einer Mini-Wiese
Dr. Olaf Anderßon berichtet über die Studie aus Großbritannien und gibt ganz grundsätzliche Tipps zur „Mini-Wilden-Wiese“. Was ist eigentlich eine Wiese? Wie unterscheidet sie sich von einem Staudenbeet?
Er vermittelt in seinem Vortrag, wie man solche Wiesen anlegt und wie sie langfristig gepflegt werden, so dass sie nicht immer wieder neu eingesät werden müssen. Zuhörerinnen und Zuhörer erhalten so viele Tipps und Tricks aus eigener Erfahrung für ein paar Quadratmeter pflegeleichtem Wiesen-Glück.
- Landkreis Lüneburg: Mehr Information zum Biotopverbund Elbtal Amt Neuhaus – mehr
Wiesenwissen kompakt: Die Mahd
Wie oft sollen Wiesen gemäht werden, um Artenvielfalt und Tierwelt zu fördern? Autor Georg Wilhelm von der Initiative Wilde Wiese Wendland gibt Tipps.
Von: Georg Wilhelm Aus: Newsletter der Initiative Wilde Wiese Wendland (https://wendland.wildewiese.net)
Bei uns Naturfreund*innen ist die Meinung weit verbreitet, dass eine Wiese möglichst selten, am besten nur einmal im Jahr, und da auch möglichst spät gemäht werden sollte, um die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern. Tatsächlich reicht eine einmalige oder manchmal noch seltenere Mahd aus, wenn der Aufwuchs sehr spärlich und lückig ist, wie es auf ausgesprochen nährstoffarmen und trockenen Sandböden der Fall ist.
Auf durchschnittlichen oder nährstoffreichen Standorten ist es für die Pflanzenvielfalt aber in der Regel sinnvoll, zweimal zu mähen. Wenn eine Wiese zu selten gemäht wird oder wenn die erste Mahd regelmäßig zu spät stattfindet, sinkt nachweisbar die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten, weil wenige konkurrenzkräftige Arten einseitig begünstigt werden.
Früh-Spät-Mahd besonders förderlich für Pflanzenvielfalt
Bei jährlich zweimaliger Mahd ist für die Artenvielfalt eine „Früh-Spät-Mahd“ am besten.
Zur groben Orientierung sollte das erste Mal dann gemäht werden, wenn die Gräser ihr Längenwachstum beendet haben und zu blühen beginnen und allerspätestens, wenn die Gräser beginnen, zu „lagern“, also umzukippen und lückenlose Decken zu bilden. Meist ist dieser Zeitpunkt im späten Mai oder frühen Juni. Natürlich kommt beim Blick auf die Wiese der Wunsch auf, mit dem Schnitt zu warten, bis möglichst alle Wiesenblumen verblüht sind und am besten auch noch ihre Samen ausgestreut haben. Die meisten Wildblumen der Wiese sind aber ausdauernd. Sie müssen sich nicht jährlich neu versamen und man tut ihnen mit zu später Mahd keinen Gefallen.
Die zweite Mahd sollte im Mittel erst nach einer langen Pause von zwei bis drei Monaten zum Ende des Sommers (meist etwa Ende August/ Anfang September) stattfinden. Dann kann die Wiese ein zweites Mal zur Blüte kommen, die Samen der Wiesenblumen können ausreifen und das Tierleben der Sommerwiese kann sich entfalten.
Mähgut grundsätzlich abtragen
Das Mähgut wird grundsätzlich abgetragen, um den Boden nicht unnötig mit Nährstoffen anzureichern, da die meisten Wiesenblumen es gerne nährstoffarm mögen und besonders auch, um die Blattrosetten oder bodennahen Blätter von konkurrenzschwachen Wiesenblumen nicht mit einer dicken Streuauflage zu ersticken.
Wissenschaftlicher Hintergrund
Zur wissenschaftlichen Begründung der Früh-Spät-Mahd können alle Interessierten den Aufsatz von Markus Wieden im BfN-Skript 124 unter folgendem Link nachlesen: (https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript124.pdf). Diese Gedanken haben sich inzwischen in Fachkreisen weitestgehend durchgesetzt.
Jeweils etwa ein Zehntel ungemäht lassen
Die Hinweise zu den besten Zeitpunkten für die Mahd sollten nicht so verstanden werden, dass zu diesen Zeiten auf einen Schlag die ganze Wiese kahl gemacht werden muss. Eine gleichzeitige komplette Mahd auf der Wiese ist für die hier lebenden Insekten katastrophal. Dann fehlen für viele Arten die Lebensgrundlagen, weil sie im abrasierten Grün keine Nahrung und keine Versteckmöglichkeiten finden. Eier und Puppen an Stängeln und Blättern werden beseitigt oder sie verpilzen, wenn sie am Boden liegen gelassen werden.
Für den Artenreichtum ist es viel besser, jeweils immer nur Teilflächen abzumähen. Man erreicht schon viel, wenn bei jeder Mahd mindestens ein Zehntel in guter Verteilung (nicht nur an den Rändern) ungemäht bleibt.
… oder ein Muster mähen als „Mosaikmahd“
Wer darüber hinaus die Möglichkeit hat, durch die Mahd ein kleinflächig wechselndes Muster von gemähten und ungemähten Flächen zu erzeugen und dies vielleicht noch über das Jahr verteilt, macht es optimal („Mosaikmahd“, „kreatives Mähen“). Das ist nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für die Blüte und die Optik ideal, weil die Blütezeit so verlängert wird.
Manche Teile der Wiese können vor dem regulären Zeitpunkt gemäht werden und erblühen dann, wenn in anderen Teilen die Blüte eine Pause einlegt. Andere besonders schön blühende Bereiche können länger bis zur Samenreife stehen bleiben.
Günstig für die blühenden Kräuter kann auch sein, früh im Jahr Bereiche hoch abzumähen, in denen die hohen Gräser einen Vorsprung vor den Kräutern haben. Ein solches Mähen „nach Gefühl“ macht mehr Spaß als großflächige Mahd nach „Schema F“ und wir lernen dabei über die Beobachtung erstaunlich viel.
Teile über den Winter bis zum späten Frühjahr ungemäht lassen
Für zahlreiche Arten ist es auch wichtig, dass Teile der Wiese über den Winter, am besten bis zum späten Frühjahr, ganz ungemäht bleiben. Nur so können Insekten und Spinnen in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstadien oberirdisch an den Pflanzen überleben.
Die „unordentlichen“, „verfilzten“ Bereiche sind auch im Sommerhalbjahr lebensnotwendig, denn zum Beispiel bauen oberirdisch nistende Hummeln nur hier ihre Nester.
Auf Tiere achten
Bei der Frühjahrsmahd sollte u.a. auf singende, warnende oder fütternde Vögel geachtet werden und die entsprechenden Bereiche mit Brutverdacht sollten ausgespart werden. Es sollte bei der ersten Mahd auch Abstand von höheren Strukturen (Büsche, Baumstämme) gelassen werden, weil manche Bodenbrüter in der Nähe von solchen Strukturen brüten. Auf größeren ruhigen Flächen muss auch mit Rehkitzen gerechnet werden.
Vor allem bei Maschinenmahd sollten die Flächen vorher abgesucht werden. Vielleicht gibt es im Ort Jäger, die Rehkitze per Drohne suchen und man kann sich bei der Rettungsaktion anschließen.
Gegebenenfalls Vorbeweidung als Ergänzung
Aus Naturschutzsicht auf Mähwiesen interessant ist eine zusätzliche Vorbeweidung im zeitigen Frühjahr oder eine Nachbeweidung im Herbst als Ergänzung zur Mahd. Dies fördert in der Regel die Wiesenblumen gegenüber den oft übermächtigen Gräsern.
Auch ausschließliche Beweidung kann aus Naturschutzsicht eine gute Alternative zur Mahd sein, wenn sowohl Überbeweidung als auch Unterbeweidung vermieden wird.
Faustregel für das im Sinne der Artenvielfalt richtige Maß: Die Vegetation sollte möglichst zu jedem Zeitpunkt kurzrasige, mittlere und höhere Bereiche aufweisen. Wenn eine Weidepflege, also ein Abmähen von unerwünschten Weideresten, als nötig angesehen wird, sollte dies nicht flächendeckend erfolgen, sondern nur dort, wo Gehölze und bestimmte unerwünschte Stauden aufkommen, die zurückgedrängt werden sollen.
Mit Grundwissen im Hinterkopf experimentieren und beobachten
Insgesamt kommt es bei der Mahd (oder Beweidung) nicht darauf an, einen akribischen Plan zu verfolgen (wo dann doch garantiert etwas dazwischenkommt). Wichtig ist eigentlich nur, im Hinterkopf zu behalten, worauf es ankommt und dann frohgemut auszuprobieren, zu experimentieren und die Ergebnisse zu beobachten. Und auf keinen Fall vergessen, auch mal die Zeit zu finden, sich am lebendigen Treiben in der Wiese zu freuen!
Georg Wilhelm
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