„Rollfender Widerstand“ – Aktion für Barrierefreiheit am Bahnhof Frankfurt West am 20. August 2022
Bahnhof Frankfurt West am 20. August 2022: Wenn man nicht barrierefrei in den Bahnhof kommt, muss man mit dem Rollstuhl eben andere Wege finden. Die Aktionsgruppe Rollfender Widerstand griff – unterstützt von trainierten Kletter:innen – zum Flaschenzug. Mit dabei: Die Lüneburger Aktivistin Cécile Lecomte, Sprecherin von Lüneburg Barrierefrei.
Mitteilung von: Rollfender Widerstand / Lüneburg Barrierefrei
Am: 20.08.2022
Online: https://fightableism.noblogs.org/
Foto: Rollfender Widerstand
Lüneburger Aktivistin am Bahnhof Frankfurt West: Abseilaktion für Barrierefreiheit am 20. August 2022
Foto: Rollfender Widerstand. Aktion Frankfurt West, 20.08.2022. Rechts im Bild die Lüneburger Aktivistin und Sprecherin von Lüneburg Barrierefrei, Cécile Lecomte.
Ein ungewöhnliches Bild bot sich am Bahnhof Frankfurt West am Samstag, 20. August 2022, in den frühen Morgenstunden: Samt ihren Rollstühlen seilten sich Aktivist*innen an der Fassade des Bahnhofes ab. Sie zeigten ein Banner mit der Forderung „Verkehrswende MIT Barrierefreiheit“.
Die Aktionsgruppe „Rollfender Widerstand – direkte Aktion gegen Barrieren“ macht damit auf eine Verkehrspolitik aufmerksam, die die Rechte von Menschen mit Behinderung mit Füßen tritt.
Abseil-Aktion am Bahnhof Frankfurt Main West
Der Bahnhof Frankfurt am Main West wurde gewählt, weil er nicht barrierefrei ist – obwohl er in Frankfurt eine wichtige Rolle im Regional- und Fernverkehr hat. Der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs ist zwar in Planung, doch es geht zu langsam voran. Dabei müssten Bahnhöfe laut Personenbeförderungsgesetz bereits seit Anfang dieses Jahres barrierefrei umgebaut sein.
„Das steht beispielhaft für die gesamte Verkehrspolitik. Barrierefreiheit hat in den Köpfen von Politiker*innen und Planer*innen keine Priorität“, so die Aktionsgruppe.
So lassen die Stadt Frankfurt und die Stadt Köln Presseanfragen zum barrierefreien Ausbau des ÖPNV seit einem halben Jahr unbeantwortet.
Ableismus – Benachteiligung von Behinderten
Als ableistische Politik bezeichnet das die Lüneburgerin Cécile Lecomte, die die mit ihrem Rollstuhl an einem Kletterseil neben dem Banner hängt. Sie erklärt: “Ableismus kommt aus dem Englischen von ‚to be able‘, also fähig sein. Ableismus bezeichnet die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung.”
Dabei geht es auch um strukturelle Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen – laut Jahresbericht der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, Ferda Ataman, die zweithäufigste Ursache für Diskriminierung.
Deutschland ist verpflichtet, gleichberechtigten Zugang zu Transportmitteln zu schaffen
Was die Gruppe fordert, ist bereits gesetzlich vorgeschrieben: Alle Menschen haben gemäß Grundgesetz das Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben und niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Die bereits 2009 ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet Deutschland dazu, im öffentlichen Raum einen „gleichberechtigten Zugang […] zu Transportmitteln“ zu schaffen.
Forderungen der Aktionsgruppe für den Bahnverkehr
Die Forderungen der Aktionsgruppe – teilweise eigentlich Selbstverständlichkeiten – kommen auch Menschen mit Kinderwagen, schwerem Gepäck oder gesundheitlichen Einschränkungen zugute:
- Mobilitätsservice (Hilfsangebot der Bahn bei Ein-, Um- und Ausstieg für Menschen mit Behinderung): Unbürokratisch und ohne Anmeldung, verfügbar solange Züge fahren
- Berücksichtigung unterschiedlicher Behinderungen und Einschränkungen bei der Infrastruktur
– Durchsagen sowohl per Lautsprecher als auch auf der Anzeigetafel
– Liegewagen und Ruhewagen (rollstuhlbefahrbar) für neurodivergente Menschen und für chronisch Kranke, die sich ausruhen müssen oder nicht lange sitzen können - Unbürokratische Entschädigung von Betroffenen bei Barrieren und Diskriminierung
- Schulung über Ableismus für Mitarbeitende der Deutschen Bahn
- Weiterhin Maskenpflicht, da wichtig für Menschen mit Immunschwäche
- Mehr als einen Wagen mit Rollstuhlplätzen pro Zug
- Keine neuen Züge mit Stufen bestellen
- Blindenleitsystem ohne Hindernisse, wie z. B. Mülleimer
- Mehr Sitzgelegenheiten an Bahnhöfen
- Ausbau: Mehr Platz, mehr erreichbare Orte, direktere Verbindungen
- Möglichst kostenfrei (z. B. 9-Euro-Ticket)
Die Hürden sind für verschiedene Menschen unterschiedlich. Deshalb sind andere Betroffene aufgefordert, ihre Hinweise zu ergänzen.
Start der Aktion beim Bahnhof Köln Messe/Deutz
Am Freitag, 19. August 2022, startete die Aktion mit der Bahnfahrt nach Frankfurt vom Bahnhof Köln Messe/Deutz, ebenfalls ein wichtiger Bahnhof, der nicht barrierefrei ist.
Wie Behinderte im Bahnverkehr auf Schritt und Tritt mit Barrieren zu kämpfen haben, zeigt anschaulich die Fotoserie: https://fightableism.noblogs.org/post/2022/08/19/mobilitaetswende-fuer-alle-demo-in-koeln-messe-deutz-und-bahnfahrt-nach-frankfurt-am-19-08-2022/
Weiterlesen bei Lüne-Blog
Barrierefreiheit – oder das Fehlen davon – ist auch in Lüneburg ein Thema.
- Barrierefrei Bahnfahren – etwa so?? Unterwegs im ICE 1576 (17.08.2022)
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Fotoreihe
Lünepedia: Lüneburg Barrierefrei
Die Initiative „Lüneburg Barrierefrei“ setzt sich dafür ein, dass alle Menschen am Leben in Lüneburg teilnehmen können. Öffentliche Straßen, Plätze und Verkehrsmittel sollen für alle Menschen ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sein.
Im Blick sind dabei zum Beispiel Menschen mit aktuellen gesundheitlichen Einschränkungen (z. B. Gipsfuß), Senior*innen, Fußgänger*innen mit Kinderwagen, Gepäck, Rollatoren oder Gehhilfen, Rollstuhlfahrer*innen, Hörbeinträchtigte, Sehbehinderte und Blinde.
Lünepedia: https://www.luenepedia.de/wiki/Lüneburg_Barrierefrei
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