Impfstoff. Foto: Wilfried Pohnke, Pixabay.

Sozialministerin Daniela Behrens: Corona nicht locker nehmen – Bundesinfektionsschutz-Gesetz nicht ausreichend

Die 7-Tages-Inzidenz in Niedersachsen hat den Rekordwert von 1.810,9 erreicht, trotzdem enden demnächst – mit Ausnahme von wenigen Pflichten zum Maskentragen – die bundesweiten Corona-Schutzmaßnahmen. Das „jetzige Infektionsschutzgesetz reicht nicht aus für den nächsten Herbst, für die nächste Mutation“, warnt Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) in einer Rede am 22. März 2022 vor dem Niedersächsischen Landtag


Mitteilung von: Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen
Am: 22.03.2022
Online: mehr


Corona nicht locker nehmen – Bundesgesetz ungenügend

Rede von Sozialministerin Daniela Behrens
Aktuelle Stunde des Niedersächsischen Landtages am 22.03.2022, TOP 24. Es gilt das gesprochene Wort.

Aktuelle Situation in den Niedersachsen: Die Lage ist ernst.

Normalität lässt sich nicht per Gesetzesbeschluss herbeiführen – sie muss sich einstellen.
Wenden wir uns der Situation in Niedersachsen zu: Die Lage ist ernst. Gestern haben wir in Niedersachsen über 27.000 neue Infektionen bei den Gesundheitsämtern registriert. 28 weitere Todesfälle sind in Niedersachsen zu den 7.800 hinzugekommen.
Die 7-Tages-Inzidenz hat den Rekordwert von 1.810,9 erreicht.

Krankenhäuser: Stetige Zunahme der Patient:innen

Wir haben derzeit keine Überlastung der Krankenhäuser. Die Überlastung der Krankenhäuser misst sich an der Hospitalisierungsrate und an der Belegung der Intensivbetten. Aktuell haben wir 1.471 Covid19-Patienten (15,5 %) auf unseren Normalstationen und 158 (6,7 %) auf den Intensivstationen. Seit circa zehn Tagen nehmen wir eine leichte aber stetige Zunahme der Patientinnen und Patienten auf den Normalstationen unserer Krankenhäuser wahr. Auch die Zahl der belegten Intensivbetten steigt sehr langsam, aber stetig.

Bei der Delta-Variante konnten wir aus den Infektionszahlen ableiten, wann aus Infizierten höchstwahrschein Krankenhaus-Patienten werden. Das ist mit der hochinfektiösen, aber für Geimpfte milderen Omikron-Variante nicht mehr möglich.

Impfen als einziger Weg aus der Pandemie

Zudem haben wir heute eine hohe Impfquote in Niedersachsen. 87,4 % der Erwachsenen in Niedersachsen sind einmal geimpft, 86,8 % grundständig immunisiert und 73,0 % geboostert, also dreimal geimpft. Das sind – auch im Bundesländervergleich – gute Impfquoten. Schaut man aber in die europäische Nachbarschaft, sind die Impfquoten dort deutlich höher.

Angesichts des neuen Infektionsgeschehen wird daher eins noch wichtiger als bisher: Die COVID-19-Schutzimpfungen. Nur wenn ausreichend Menschen geimpft sind, lassen sich schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindern. Das schaffen wir nur, wenn alle Bürgerinnen und Bürger Verantwortungsbewusstsein zeigen und sich vollständig impfen lassen.

Impfen ist der einzige Weg durch die Pandemie.

Einrichtungsbezogene Impfpflicht begrüßt

Deshalb begrüßen wir in Niedersachsen die mittlerweile geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht – als ersten Schritt zu einer allgemeinen Impfpflicht. Die Pflegekräfte haben bereits eine überdurchschnittlich hohe Impfbereitschaft bewiesen: Die Quote liegt hier bei circa 95 Prozent. Das stellt ein herausragendes Engagement und ein besonders hohes Verantwortungsbewusstsein dar!

Bis gestern (Stand 21.03.2022) haben sich 3.152 Unternehmen und Einrichtungen im digitalen Meldeportal zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht, kurz ME-BI, angemeldet und insgesamt 7.735 Beschäftigte an 41 der 44 Gesundheitsämter gemeldet.

Allgemeine Impfpflicht wäre der wirkungsvollste Baustein

Die Effekte einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht wurden bereits frühzeitig sichtbar. Bei unserer Befragung im November vergangenen Jahres waren beispielsweise die Impfquoten im Bereich Pflege bei 80 bis 85 %. Wie weitreichend wären im Vergleich dazu die Schutzwirkung bei der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht zum Herbst? Eine allgemeine Impfpflicht wäre der wirkungsvollste Baustein in einer langfristigen Pandemiebekämpfung, den wir nutzen sollten.

Menschen überzeugen – Wissen aus der Pandemie mitnehmen

Bis dahin muss alles getan werden, die Menschen zu überzeugen. Niedersachsen arbeitet weiter mit ganzer Kraft an der Impfkampagne.
Wir werben auch dafür, Gelerntes in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie nicht über Bord zu werfen.  Anders als zu Beginn der Pandemie gibt es eine große Menge an Erfahrungen, Wissen und neuen Kompetenzen im Umgang mit dem Coronavirus

Als deutliches Plus im Schutz vor einer Ansteckung mit Corona haben sich neben der Schutzimpfung, die Mund-Nasen-Bedeckung, insbesondere die FFP2-Masken erwiesen. Hinzugekommen ist z.B. das Testen im Alltag, die Erstellung wirksamer Hygienekonzepte, Abstand, die Corona-Warn-App.

Jetziges Infektionsschutzgesetz nicht ausreichend für den Herbst

Für unseren Sommer wird das höchstwahrscheinlich reichen. Für den Herbst nicht.

Der Expertenrat der Bundesregierung – auf den man leider bei der Novelle des Infektionsschutzgesetzes nicht gehört hat – ist eindeutig in der Empfehlung. Das jetzige Infektionsschutzgesetz reicht nicht aus für den nächsten Herbst, für die nächste Mutation.

Deutliche Kritik am Infektionsschutzgesetz des Bundes

In einer weiteren Rede kritisiert Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) am 22. März 2022 vor dem Niedersächsischen Landtag das Infektionsschutzgesetz des Bundes:
„‚Die Freiheit rücksichtslos zu sein‘ – so titelte das Wissenschaftsmagazin „Riffreporter“ in der Berichterstattung über das neue Infektionsschutzgesetz. Mit dem Gesetz werden mit Ausnahme von wenigen Pflichten zum Maskentragen die bundesweiten Corona-Schutzmaßnahmen beendet. …
Vorsorge ist nicht mehr möglich. Ich halte das für falsch – aber das ist die Lage. …
Abschließend – meine Damen und Herren Abgeordnete – können Sie sicher sein, sowie wir eine Chance sehen, eine rechtssichere Hotspotregelung für Niedersachsen zu schaffen, werden wir das tun. Derzeit gibt es diese Chance nicht.“

  • Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung:
    „Bundesgesetz ungenügend – Team Vorsicht muss jetzt handeln“
    Rede von Daniela Behrens vor dem niedersächsischen Landtag – mehr

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