Geplanter Fahrradstraßenring Lüneburg. Karte: OpenStreetMap Contributors.

Aus für den Fahrradstraßenring? ADFC Lüneburg fordert zukunftsfähige Verkehrspolitik

Der Weiterbau des Fahrradstraßenrings um Lüneburg wurde am 13. Juli 2022 gestoppt, als eine Mehrheit im Rat gegen den Wegfall von Parkplätzen an diesen Straßen stimmte. Der ADFC Lüneburg wendet sich entschlossen gegen diese Entscheidung. Sie steht in Widerspruch zu früheren Beschlüssen und erschwert das Erreichen der Klimaziele.

Mitteilung von: ADFC Lüneburg
Am: 27.07.2022
Karte: Geplanter Fahrradstraßenring Lüneburg, Lünepedia (https://www.luenepedia.de/wiki/GeoJson:Fahrradstra%C3%9Fenring)


Positionspapier des ADFC-Kreisverbandes Lüneburg zum Baustopp des Fahrradstraßenrings durch Ratsbeschluss vom 13.07.2022

Der Rat der Hansestadt Lüneburg hat in seiner Sitzung vom 13.07.2022 die weitere Umsetzung des Fahrradstraßenrings gestoppt. Anlass ist der Antrag der CDU-Fraktion vom 08.06.22 „Parkraum in der Hansestadt“.

CDU-Antrag von SPD-Fraktion unterstützt

Beantragt wurde:
„[…] dass die Verwaltung den im Verwaltungsausschuss vom 05. Mai 2022 in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss, 125 Parkplätze in der Innenstadt von Lüneburg wegfallen zu lassen, solange nicht umsetzt, bis der Nachhaltige Urbane Mobilitätsplan (NUMP) und eine mögliche Kompensation vom Rat der Hansestadt Lüneburg erörtert und beschlossen worden ist.“

In der Begründung wird behauptet, es sei der falsche Zeitpunkt „der Hotellerie, dem Handwerk, der Gastronomie, dem Einzelhandel, den Dienstleistern und den Unternehmen in Lüneburg eine zusätzliche Belastung durch Verkehrsexperimente zuzumuten, bevor nicht mit dem NUMP Vorschläge auf dem Tisch liegen, die die Interessen aller Lüneburger:innen und der Besucher:innen unserer Hansestadt beleuchtet haben und aufeinander abgestimmt sind. […] Der sofortige Wegfall der Parkplätze bedeutet für die Wirtschaft in der Innenstadt ein zusätzliches ökonomisches Risiko.“

Der eingereichte Antrag wurde folgendermaßen abgeändert „die CDU- und SPD-Fraktion beantragen gemeinsam, dass die Verwaltung den im Verwaltungsausschuss vom 05. Mai 2022 in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss, 125 Parkplätze in der Innenstadt von Lüneburg wegfallen zu lassen, solange nicht umsetzt, bis für den Gesamtbereich der Hansestadt das beauftragte Gutachten zur Parkraumbewirtschaftung (im Spätsommer) vorliegt (s. Vorlage VO/09993/22 – Seite 5, Absatz 1). Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse und Empfehlungen sind unerlässliche Grundlage für die Entscheidung, wo und wie viele Parkplätze in der Innenstadt ggf. entfallen und wie sie kompensiert werden können.“

Nach Beratung wurde der gemeinsame Änderungsantrag von CDU- und SPD-Fraktion von einer Mehrheit des Stadtrats angenommen.

ADFC: Einrichtung des Fahrradstraßenrings bereits 2020 beschlossen

Der ADFC-Kreisverband kritisiert den am 13.07.22 gefassten Beschluss deutlich, weil im Verkehrsausschuss der Hansestadt am 25. November 2020 bereits ein einstimmiger Umsetzungsbeschluss des Fahrradstraßenrings gefasst wurde:
„Der Ausschuss begrüßt zur Förderung nachhaltiger Mobilität in der Lüneburger Innenstadt den Aufbau eines Fahrradstraßenrings auf den Achsen rund um die Fußgängerzone (Neue Sülze-Salzstr.-Lambertiplatz-Wallstr.-Haagestr.-Kalandstr.-Bei der St. Johanniskirche-Altenbrückertorstr.-Ilmenaustr.-Auf dem Kauf-Lüner Str.-Bardowicker Str.-Ochsenmarkt).

Die Verwaltung wird einstimmig beauftragt mit der weiteren Planung und Umsetzung, soweit einzelne Maßnahmen bereits umsetzungsreif sind, und die Umsetzung der weiteren Maßnahmen in der künftigen Haushaltsplanung zu berücksichtigen.“

Wenn die Zahl und Lage der aufzulösenden Parkplätze durch die Ratspolitik neu verhandelt werden sollen, steht der Fahrradstraßenring in Frage.

Radverkehrsstrategie sollte mit Zustimmung aller Fraktionen bis 2024 umgesetzt sein

Der Fahrradstraßenring sollte laut Radverkehrsstrategie der Stadt bis 2024 umgesetzt sein.

Der ADFC-Kreisverband Lüneburg fordert die Mitglieder des Rates auf, ihrer Verantwortung für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung nachzukommen.

Die Klimaschutzziele der EU und der Bundesregierung erfordern jetzt Beschlüsse, die eine Mobilitätswende ermöglichen. Die am 25. April 2022 vom Bremer Unternehmen beks EnergieEffizienz vorgestellte Treibhausgasanalyse „Energie- und THG-Bilanz 2017 bis 2019“ der Hansestadt Lüneburg hat gezeigt, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht ausreichen, um Lüneburg bis 2030 klimaneutral zu gestalten, wie es der Rat am 8. Juni 2021 beschlossen hatte.

Hinzu kommt der Beitritt der Stadt zum Bürgerbegehren RADENTSCHEID, der ebenfalls die Fertigstellung des Fahrradstraßenrings bis 2024 vorsieht.

Bedeutung und notwendige Förderung des Radverkehrs inzwischen allgemein anerkannt

Den Radverkehr zu stärken ist ein geeigneter Weg, den mittlerweile mehrere Bundes- und Landesministerien sowie Institutionen propagieren:

Radverkehr fördert Lebens- und Aufenthaltsqualität – und lokalen Handel

Nach Expertenmeinung steigt die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden, in denen der Radverkehrsanteil zunimmt. Die Belastungen durch Lärm und Abgase sinken. Eine Erhöhung des Radverkehrsanteils senkt zeitgleich den Platzbedarf für parkende Autos. Fahrradstraßen erhöhen die Sicherheit der Radfahrenden und steigern dadurch die Bereitschaft, auf das Fahrrad als innerstädtisches Verkehrsmittel umzusteigen.

Untersuchungen in verschiedenen Ländern kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Förderung des Radverkehrs dem innerstädtischen Einzelhandel zugute kommt und umsatzsteigernd wirkt (https://www.aktivmobil-bw.de/aktuelles/news/radfahrer-gut-fuer-einzelhandel/vom/4/4/2016/).

Fahrradstraßenring: Insgesamt 71 Parkplätze müssten entfallen

Die Parkplatzsituation stellt sich folgendermaßen dar:
Die Parkplätze in der Wallstraße müssen in Anwohnerparkplätze umgewandelt werden, weil Fahrradstraßen nach aktueller Rechtsprechung nicht für alle Kfz freigegeben werden dürfen. Für die Anwohner:innen verbessert sich somit die Parksituation.

Für die Umsetzung des Fahrradstraßenrings müssen in der Haagestraße 14 Parkplätze entfallen, in der Ilmenaustraße 48, in der Straße Auf dem Kauf weitere 9, also insgesamt 71.

Der Rat der Hansestadt hat nun beschlossen, bis zur Vorlage des Nachhaltigen Urbanen Mobilitätsplans (NUMP) den Ring nicht weiter zu bauen. Nach aktueller Zeitplanung wird der NUMP frühestens im Herbst 2024 vorliegen.

ADFC: Statt Baustopp zukunftsgerichtete Lösungen entwickeln

71 Parkplätze sind rund dreieinhalb Prozent von über 2000 frei verfügbaren Parkplätzen in Parkhäusern in der Lüneburger Innenstadt.

Der ADFC-Kreisverband Lüneburg fordert die Mitglieder des Rates auf, einer zügigen Umsetzung des Fahrradstraßenrings zuzustimmen. Der Wegfall von dreieinhalb Prozent Parkplätzen soll durch zukunftsgerichtete Lösungen kompensiert werden.

Diese könnten sein:

  • digitalbasiertes Parkleitsystem mit Echtzeit-Informationen über freie Parkplätze
  • Kampagne für mehr Radverkehr auf der Kurzstrecke
  • Freigabe des Parkplatzes am Finanzamt an Wochenenden und nach 17 Uhr
  • Rückvergütungskonzepte des Einzelhandels für Parktickets.

„Ökonomisches Risiko“ angesichts Tausender Parkmöglichkeiten nicht nachvollziehbar

Die Begründung des Änderungsantrages von CDU und SPD weist auf ein hohes ökonomisches Risiko u. a. für die Branchen des Gastgewerbes und Einzelhandels hin.

Ist dieses angebliche Risiko analysiert worden, dass es als Begründung für die Rücknahme eines früheren Beschlusses trägt? Ist bei der Risikobewertung eingeflossen, dass folgende Parkplätze im inneren Innenstadtbereich vorhanden sind?

Theater (68 Parkplätze), Handwerkskammer (92), Stadtmitte (360), City Parkhaus (265), Hinter der Saline (70), Kurzentrum (471), Karstadt (204), Am Rathaus (508) und Reichenbachstraße (45). Hinzu kommen innenstadtnah 625 Parkplätze im Parkhaus Lünepark/Kino/Bockelmannstr., 568 im Parkhaus Am Klinikum sowie die Sülzwiesen.
Quelle: https://www.parkopedia.de/parking/l%C3%BCneburg/?arriving=202207211500&leaving=202207211700

LCM: „Ausreichend Parkplätze und Parkraum“ vorhanden

Der Verein Lüneburg City Management (lcm-lueneburg.de/) erklärt ausdrücklich, dass in Lüneburg mit 5000 Parkplätzen “ausreichend Parkplätze und Parkraum” vorhanden seien. Wichtig sei, das “werblich unbedingt künftig heraus[zu]stellen” (Bericht bei Lüne-Blog: https://luene-blog.de/stadtentwicklung-lueneburg-attraktive-innenstadt-umweltfreundliche-mobilitaet-und-barrierefreiheit/).

Kontakt:

  • ADFC Lüneburg: http://lbg.adfc-nds.de
  • E-Mail: info@adfc-lueneburg.de
  • Radfahrertreffen: Wir treffen uns jeden 1. Dienstag im Monat um 19:30 Uhr im Heinrich-Böll-Haus, Katzenstr. 2 im 1. Obergeschoss zum Planen und Diskutieren.

Weiterlesen

  • Bürgerinformationssystem:
    Ratssitzung am 13. Juli 2022: Antrag „Parkraum in der Hansestadt“ der CDU-Fraktion – mehr

Information: Fahrradstraßenring und Wallstraße

Der Fahrradstraßenring ist ein geplanter Ring aus Fahrradstraßen um die Stadt. Als erster Abschnitt wurde 2020 die Wallstraße als Fahrradstraße umgewidmet. Er wird frühestens 2024 umgesetzt sein. Der Fahrradstraßenring ist ein Element einer Verkehrswende in Lüneburg in Richtung besserer Voraussetzungen für den Radverkehr.
Lünepedia: mehr

Die Wallstraße ist eine Straße in der Lüneburger Altstadt. Sie verbindet die Sülztorstraße mit der Roten Straße und wird dort in der Haagestraße fortgesetzt. Die Wallstraße ist die erste Fahrradstraße im Lüneburger Innenstadtgebiet. Sie ist Teil des geplanten Fahrradstraßenrings.
Lünepedia: mehr

Wallstraße. Foto: Lünepedia.

Wallstraße. Foto: Lünepedia – https://www.luenepedia.de/index.php?curid=2786


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Ein Kommentar

  • Wie eine zukunftsfähige Verkehrspolitik aussieht, zeigen Städte, die vorangehen: Für Mainz gibt es ein 86-seitiges Mobilitätskonzept mit konkreten Vorschlägen für eine Verkehrswende, siehe https://www.klimaentscheid-mainz.de/verkehrskonzept/
    Vieles davon ist auf Lüneburg übertragbar.
    Der Rat hat mit den Stimmen von SPD und CDU die Klimaneutralität Lüneburgs bis 2030 beschlossen – das Beharren auf dem Status Quo und eine 3-jährige Wartezeit auf den NUMP stehen im eklatanten Widerspruch dazu und wecken Zweifel an der Verlässlichkeit politischer Beschlüsse.

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