Wölfe. Foto: René, Pixabay.

Weidetiere und Wolf: Dialogforum in Niedersachsen gestartet

Ausnahmegenehmigungen für den Abschuss von „Problemwölfen“ hatte der ehemalige niedersächsische Umweltminister Olaf Lies im Oktober 2022 verlangt. Nach dem Regierungswechsel setzen sich Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und Umweltminister Christian Meyer (beide Grüne) nun ein für eine Versachlichung der Diskussion und konkrete Unterstützung für betroffene Tierhalter:innen. In Amt Neuhaus waren vor einem Jahr zwei Wölfe abgeschossen worden.


Mitteilung von:
Am: 02.02.2023
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Dialogforum Wolf und Weidetierhaltung am 2. Februar 2023 gestartet

Am 2. Februar 2023 haben sich zum ersten Mal Vertreter*innen von Umweltverbänden, Weidetierhalter*innen und Expert*innen zum „Dialogforum Wolf und Weidetierhaltung“ getroffen. Eingeladen zu diesem Runden Tisch hatten Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte und Umweltminister Christian Meyer (beide Grüne).

Es war der erste Dialog nach langer Zeit, anknüpfend an den bisherigen Arbeitskreis Wolf, der in den vergangenen Jahren nicht mehr getagt hat – und für Umweltminister Christian Meyer ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Umweltminister Christian Meyer: Verbesserungen bei schwierigem Thema erreichen

„Wir wissen, wie schwierig das Thema Wolf ist und dass es keine einfachen Lösungen gibt. Trotzdem wollen wir gemeinsam Verbesserungen für die Weidetierhalter*innen und im Wolfsmanagement erreichen.

Dazu gab es heute eine konstruktive Stimmung, beim Herdenschutz und der Prävention zusammenzuarbeiten und Nutztiere besser zu schützen. Das Land wird die Weidetierhalter*innen weiter unterstützen“, so Meyer.

Konstruktiver Dialog und gemeinsame Suche nach Lösungen

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, hat die Landesregierung nach jahrelangen verhärteten Fronten wieder die Möglichkeit für einen institutionalisierten Dialog, zum Beispiel zwischen Naturschützern und Schafhaltern, zum Thema Weidetierhaltung und Wolf angeschoben.

„Es war eine sehr gute, sehr konstruktive Atmosphäre mit viel Verständnis und großer Sachlichkeit. Mit Blick auf weitere Treffen bin ich mir darum sicher: Gemeinsam werden wir Lösungen für ein möglichst konfliktarmes Nebeneinander von Mensch, Weidetierhaltung und Wolf erarbeiten.“

Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte: Wichtiger Schritt

Auch für Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte war der Start des Dialogforums „ein wichtiger Schritt zu einem dauerhaften und transparenten Austausch“:

„Unsere Weidetierhaltung sorgt durch den Erhalt wertvoller Flächen für Artenvielfalt. Zudem ist die Weidehaltung besonders tiergerecht und wird von der Gesellschaft honoriert.

Wir möchten als Landesregierung alles dafür tun, damit die Haltung von Tieren auf der Weide möglichst konfliktarm gelingen kann. Dafür müssen alle Akteurinnen und Akteure wieder in einen Austausch kommen“, so die Ministerin.

Viele Akteure eingeladen – Fachvorträge und Beschluss

Zum Dialogforum waren Weidetierhalter*innen eingeladen, Naturschutzverbände, Landwirtschaft, Wissenschaft, die zuständigen kommunalen Behörden sowie weitere Organisationen und Verbände.

Es gab Fachvorträge vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, eines niedersächsischen Schäfers, der Landwirtschaftskammer, der Landesjägerschaft und des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz.

Austausch soll fortgeführt werden – gemeinsam Lösungen entwickeln

Im Anschluss einigten sich die Teilnehmenden auf einen weiteren regelmäßigen Austausch und die Ausarbeitung konkreter Konzepte. Am Ende sollen Lösungen stehen, die von möglichst vielen Akteuren getragen werden.

Dazu soll es neben weiteren Dialogforen mehrere Arbeitsgruppen zu den Themenschwerpunkten Förderung der Weidetierhaltung, Herdenschutz, Information und Transparenz,  Wolfsmanagement sowie Deiche geben, die weitere Verbesserungen vorschlagen sollen, damit Weidetierhalter nicht allein gelassen werden.

Landwirtschaftsministerin Staudte: Unterstützung für betroffene Tierhaltende

„Mir erscheint es vor allem wichtig, Unterstützungsstrukturen zu schaffen, damit Tierhaltende, die von einem Wolfsriss betroffen sind, sofort praktische Akut-Hilfe erhalten“, so Landwirtschaftsministerin Staudte.

„Tiere sind getötet, andere verletzt, der Zaun muss repariert werden und die Wahrscheinlichkeit, dass der Wolf in den nächsten Nächten wiederkommt, ist groß. In einer solchen Situation braucht man konkrete Unterstützung vor Ort.“

Umweltminister Meyer: Nebeneinander von Wolf und Weidetieren finden

Trotz der unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema habe sich aber auch gezeigt, dass es ein gemeinsames Interesse an guter Zusammenarbeit gebe, so Umweltminister Meyer.

„Klar ist auch: Der Wolf ist eine heimische Art und wird nicht wieder ausgerottet. Es muss also ein Nebeneinander von Wolf und Weidetieren gefunden werden. Hass und Hetze gegen Schafhalter*innen, Jäger*innen sowie Naturschützer*innen sind zu verurteilen. Populismus und Verschwörungstheorien sind daher fehl am Platz“, erklärte Meyer.

Diskussion versachlichen und Unterstützung verbessern

„Das Land Niedersachsen kann auch nicht einfach eine Bejagung oder ähnliches anordnen. Gezielte Entnahmen von Problemwölfen bleiben schwierig, wie mehrere Gerichtsurteile zeigen. Und Gerichtsurteile pro oder kontra Wolf müssen von allen Beteiligten akzeptiert werden.

Auch hier gilt die neue Transparenz, dass Abschussgenehmigungen nicht mehr geheim bleiben, sondern rechtsstaatlich überprüft werden können.

Meyer: „Beides gehört eben zu Niedersachsen: Weidetierhaltung und Wolf“

Insgesamt wollen wir eine Versachlichung der Diskussion. Gemeinsam mit dem Bund und der EU wollen wir daran arbeiten, ein regional differenziertes, europarechtskonformes Bestandsmanagement zu ermöglichen.“

Prävention und konkrete Unterstützung für Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter in den Wolfsregionen seien dauerhaft zu verbessern, so Meyer, der abschließend feststellte: „Beides gehört eben zu Niedersachsen: Weidetierhaltung und Wolf.“

Mitteilung von: Nds. Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz –  Am: 27.10.2022  –  Online: mehr


Rückblick:
Keine Ausnahmegenehmigung für Friedeburger Wolfsrudel – Lies kündigt Beschwerde an

Das Verwaltungsgericht Oldenburg gab am 27. Oktober 2022 einem Widerspruch gegen die Ausnahmegenehmigung zur Abschuss eines Wolfes aus dem Friedeburger Rudel statt.

Der Niedersächsische Umweltminister Olaf Lies kündigte umgehend Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg an:

„Selbstverständlich ist die heutige Entscheidung zu akzeptieren. Gleichzeitig haben wir eine andere Auffassung, wie die entsprechenden Paragraphen des Bundesnaturschutzgesetzes auszulegen sind. Wir werden daher umgehend in nächster Instanz in Lüneburg Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen.“

Lies: Besonders auffällige Tiere sollen getötet werden können

Lies begründete diesen Schritt mit der aus seiner Sicht zu restriktiven Auslegung der Möglichkeiten, die der Paragraph 45a des Bundesnaturschutzgesetz für Ausnahmegenehmigungen für die Entnahme von Tieren aus besonders auffälligen Rudeln vorsieht.

„Wir befinden uns hier in einem besonders sensiblen Bereich und begründen die Ausnahmengenehmigungen bereits mit größtmöglicher Sorgfalt. Das Oldenburger Gericht verlangt hier allerdings einen noch wesentlich restriktiveren Weg, der künftige Abschüsse faktisch unmöglich machen könnte.

Die verlangte Beobachtung der Wölfe mit Kameras und entsprechenden Personen hat mit dem, was in der Realität umsetzbar ist, nicht mehr viel zu tun. Damit wäre es alles andere als sicher, dass Problemwölfe künftig überhaupt getötet werden dürfen.

Wolf ist in Niedersachsen keine bedrohte Tierart mehr

Der Umweltminister verwies in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle Entwicklung der Wolfspopulation in Niedersachsen: „Wir haben in Niedersachsen mittlerweile mindestens 44 Rudel mit etwa 400 Tieren. Und die Population wächst rasant. Der Wolf ist nicht nur in Niedersachsen in seinem Bestand nicht mehr bedroht.“

Abschließend erneuerte Lies seinen Appell an die Bundesregierung, den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Punkt zu einem besseren Wolfsmanagement anzugehen: „Das geltende Recht muss an den exponentiell steigenden Wolfsbestand angepasst werden, das habe ich bereits mehrfach an das zuständige Bundesumweltministerium adressiert – und dabei auch auf die damit verbundenen Konflikte hingewiesen. Auch dieses heutige Urteil aus Oldenburg zeigt einmal mehr, dass wir hier einen neuen Rechtsrahmen brauchen.“

Mehr zum Thema bei Lüne-Blog

  • Amt Neuhaus: Zweiter Wolf abgeschossen – 03.02.2022
    Nachdem im Januar 2022 im Amt Neuhaus ein weibliches Rudeltier getötet wurde, wurde nun ein zweiter Wolf abgeschossen. Im November 2021 war dafür eine eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Aus DNA-Analysen und Rissbildern geht hervor, dass unter anderem die beiden Elterntiere des Rudels an den Rissereignissen beteiligt waren, so das niedersächsische Umweltministerium.


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