Astbest-Schutzmaßnahmen. Foto: IG Bau (Pressefoto)

IG BAU warnt: “Asbest-Welle” in Lüneburg – Schadstoff-Gebäudepass gefordert

Rund 23.800 Wohnhäuser im Landkreis, fast jedes zweite Wohngebäude, wurden in den “Asbest-Jahrzehnten” von 1950 bis 1989 gebaut, stellt Achim Bartels von der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) fest. Er warnt vor der Gefahr, wenn diese Bauten zu Baustellen werden. Die Gewerkschaft rät dringend zum Arbeitsschutz. Denn bei den Berufskrankheiten am Bau ist Asbest die häufigste Todesursache.


Mitteilung von: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Hamburg – Am: 13.11.2023
Online: https://hamburg.igbau.de/IG-BAU-Hamburg.html – Foto: IG BAU (Pressefoto)


IG BAU legt „Asbest-Charta“ vor und verlangt Förderprogramm „Asbest-Sanierung“

Warnung vor „Asbest-Welle“: 23.800 Wohnhäuser im Kreis Lüneburg sind „Asbest-Fallen“ bei Sanierung

Tonnen von Baumaterial mit Asbest stecken im Kreis Lüneburg in Altbauten. „Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in dieser Zeit gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, sagt Achim Bartels von der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).

Fast die Hälfte der Wohngebäude im Landkreis in den “Asbest-Jahrzehnten” gebaut

Er spricht von „Asbest-Fallen“ und nennt Zahlen: „In den vier ‚Asbest-Jahrzehnten‘ wurden im Landkreis Lüneburg rund 23.800 Wohnhäuser mit 42.000 Wohnungen neu gebaut. Das sind immerhin 47 Prozent aller Wohngebäude, die es heute im Kreis gibt. Dazu kommen noch Gewerbegebäude, Garagen, Ställe und Scheunen in der Landwirtschaft.“

Der Bezirksvorsitzende der IG BAU Hamburg verweist dabei auf die „Situationsanalyse Asbest“, die die Bau-Gewerkschaft beim Pestel-Institut (Hannover) in Auftrag gegeben hat.

Kritisch wird es bei der Sanierung

„Asbest ist ein krebserregender Stoff. Wer in einem asbestbelasteten Haus wohnt, muss sich trotzdem erst einmal keine Sorgen machen. Erst bei Sanierungsarbeiten wird es kritisch. Dann kann Asbest freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden“, sagt Achim Bartels.

Er warnt vor einer „unsichtbaren Gefahr“, wenn Altbauten zu Baustellen werden: „Alles fängt mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern an. Bauarbeiter und Heimwerker haben kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen.“

Krebserkrankung verhindern: FFP3-Atemschutzmaske, Overall, Schutzbrille, Handschuhe

Bis zu 30 Jahre dauere es, ehe es zur tragischen Diagnose komme: Asbestose – mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs. “Bei den Berufskrankheiten ist Asbest die häufigste Todesursache”, warnt Carsten Burckhardt, als Bundesvorstand der IG BAU für die Bauwirtschaft und den Arbeitsschutz zuständig.

Zum Komplett-Schutz bei einer Sanierung mit Asbest-Gefahr gehöre daher immer mindestens eine FFP3-Atemschutzmaske. Ebenso ein Muss: Overall, Schutzbrille und Handschuhe.

Asbest an vielen Orten im Bau verwandt

„Asbest ist oft im Putz und sogar in Spachtelmassen und Fliesenklebern. Vor allem aber im Asbest-Zement. Daraus wurden vorwiegend Rohre, Fassadenverkleidungen und Dacheindeckungen gemacht. Eternit war typisch für den Westen, Baufanit für den Osten“, sagt Achim Bartels.

Ein großes Problem sei Spritz-Asbest: „Hier sind die Asbestfasern schwächer gebunden. Sie können deshalb leichter freigesetzt werden. Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen wurden früher intensiv mit Spritzasbest verkleidet“, erklärt Bartels.

Kommende Sanierung und Modernisierung: Asbestwelle droht

„Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wird auch im Kreis Lüneburg in den nächsten Jahren ein Großteil der Altbauten ‚angefasst‘.“

Dabei bleibe es in den meisten Fällen nicht bei einer reinen Energiespar-Sanierung: „Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut. Es wird angebaut und aufgestockt, um mehr Wohnraum zu bekommen“, so Bartels.

Bauarbeiter und Heimwerker gefährdet

Diese Modernisierungs- und Sanierungswelle „ist eine Gefahr – für Bauarbeiter genauso wie für Heimwerker“, sagt der Bezirksvorsitzende der Bau-Gewerkschaft.

Aber IG BAU und Pestel-Institut geben auch Entwarnung. Für die Menschen, die in Wohngebäuden leben, die mit asbesthaltigen Baustoffen gebaut wurden, haben sie eine klare Botschaft: „Eine unmittelbare Gefährdung für die Gesundheit gibt es nicht.“

Bei einer Sanierung im bewohnten Zustand sei es allerdings wichtig, mit „allergrößter Sorgfalt professionell vorzugehen“, mahnen Achim Bartels und der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. „Der bevorstehende Sanierungsboom darf nicht zu einer Krankheitswelle führen“, warnt Achim Bartels.

IG BAU: Maßnahmenpaket als “Asbest-Charta“

Die IG BAU will der drohenden „Asbest-Welle“ auf dem Bau jetzt mit einem Maßnahmenpaket entgegentreten. Die Bau-Gewerkschaft hat dazu eine bundesweite „Asbest-Charta“ mit fünf zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt.

Dazu gehören: Ein Schadstoff-Gebäudepass, der Belastungen ausweist, eine Sanierungsprämie für Asbest-Häuser, eine Informationskampagne “Asbest auf dem Bau” und intensivere Arbeitsschutzkontrollen durch den Staat. Denn rechnerisch ist derzeit ein Kontrolleur für 23085 Beschäftigte zuständig.

Gebäudepass und bessere Aufklärung

Der Gewerkschafter fordert einen Schadstoff-Gebäudepass mit unterschiedlichen Gefahrenstufen für die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes. „Jeder Bauarbeiter und jeder Heimwerker muss wissen, auf was er sich einlässt, wenn er Fliesen abschlägt, Wände einreißt oder Fassaden saniert“, so Achim Bartels.

Nötig sei auch eine intensive Asbest-Aufklärung: „Bauarbeiter und Heimwerker müssen wissen, wie der optimale Schutz vor Asbest aussieht. Und das muss den Menschen in der Sprache gesagt werden, die sie verstehen – den ausländischen Beschäftigten also auch in ihrer Muttersprache“, so Achim Bartels.

Er fordert deshalb eine Informationskampagne des Bundes und der Länder. Die heimischen Bundestagsabgeordneten seien jetzt am Zug, den drohenden Gefahren einer „Asbest-Welle“ rechtzeitig mit einem effektiven Maßnahmenpaket entgegenzutreten.

Mehr Information und Kontakt

Hintergrund: Asbest in der Bauwirtschaft

Die Dimension und damit auch die Gefahr, die vom Asbest ausgehe, sei gewaltig: Insgesamt sind nach Angaben des Pestel-Instituts von 1950 bis 1990 bundesweit rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest (Ost- und Westdeutschland) importiert worden.

Daraus seien rund 3.500 Produkte hergestellt worden – die meisten davon für den Baubereich: Knapp 44 Millionen Tonnen asbestbelastetes Baumaterial stecken bundesweit im Gebäudebestand.

In den vergangenen zehn Jahren sind nach Angaben der IG BAU 3.376 Versicherte der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) an den Folgen einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben – darunter allein 320 Baubeschäftigte im Jahr 2022.

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