Armut im Alter: Zwei Euromünzen liegen auf der Handfläche. Foto: Wolfgang Eckert

Niedersachsen: Jede fünfte Person lebt mit Entbehrungen, 33.000 Wohnungslose in Unterbringung

Jedes fünfte Kind in Niedersachsen ist armutsbetroffen, jede fünfte Person muss mit materiellen und sozialen Entbehrungen zurechtkommen. Im Januar 2024 waren rund 33.000 Kinder, Frauen und Männer wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, darunter rund ein Drittel Kinder. So aktuelle Informationen des Landesamts für Statistik Niedersachsen.


Mitteilung von: Landesamt für Statistik Niedersachsen – Am: 08./14.10.2024
Online: https://www.statistik.niedersachsen.de/ 


Landesamt für Statistik: Armutsgefährdung in Niedersachsen

Die Handlungsorientierte Sozialberichterstattung Niedersachsen (HSBN), erstellt vom Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN), bietet wichtige Regionaldaten und Analysen für die Sozialpolitik. Im Mittelpunkt steht die Berichterstattung über die Entwicklung der Armut in Niedersachsen.

Jeder sechste Einwohner und jedes fünfte Kind armutsbetroffen

In Niedersachsen waren 2023 bei einer Gesamtbevölkerung von rund 8,16 Millionen rund 1,34 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut betroffen. Die Armutsgefährdungsquote lag damit bei 16,6 Prozent und entsprach dem Durchschnitt der 16 Bundesländer. Gegenüber dem Vorjahr war sie um 0,5 Prozentpunkte zurückgegangen. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren auch 2023 mit 20,7 Prozent übermäßig häufig armutsgefährdet.

Mehr als jeder Fünfte muss mit erheblichen Entbehrungen leben

Der AROPE-Indikator (At Risk Of Poverty or social Exclusion – siehe unten) der EU erfasst die Personen, deren soziale Teilhabe aufgrund finanzieller Möglichkeiten erschwert ist und die mit erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen zurechtkommen müssen. In Niedersachsen traf dies 2023 auf 22,7 Prozent der Bevölkerung zu (Deutschland: 21,3 Prozent).

Armutsgefährdung im Alter auf Höchststand seit 2005

Die Armutsgefährdung unter der Generation 65plus erreichte 2023 in Niedersachsen den Höchststand seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2005. In der Gesamtbevölkerung ging die Armutsgefährdung zurück, unter den Menschen ab 65 Jahren stieg der Anteil leicht auf 17,9 Prozent.

Besonders betroffen: Ältere Frauen

Männer ab 65 Jahren lagen mit einer Armutsgefährdungsquote von 14,9 Prozent weiterhin unter dem Bevölkerungsdurchschnitt. Dagegen war jede fünfte Frau dieser Altersgruppe (20,4 Prozent) von Armut bedroht. Die ungleichen Erwerbsbiografien von Männern und Frauen tragen hier maßgeblich bei: Frauen sind häufiger teilzeitbeschäftigt und nehmen Auszeiten für die Familie. Dadurch entstehen Rentenlücken.

Methodische Hinweise

Als armutsgefährdet gelten alle Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 60 Prozent des regionalen Durchschnitts, gemessen am Median. Dabei werden die Haushalte oder Personen ihrem Einkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Wert, der die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung.

Der AROPE-Teilindikator (At Risk Of Poverty or social Exclusion; Quelle: EU-SILC als Unterstichprobe des Mikrozensus) geht der Frage nach, wie viele Menschen sich bestimmte Dinge aus finanziellen Gründen nicht leisten können, die von den meisten Menschen für eine angemessene Lebensführung jedoch als wünschenswert oder notwendig angesehen werden. Erhebliche materielle und soziale Entbehrung (Deprivation) liegt vor, wenn – nach Selbsteinschätzung – 7 der 13 Kriterien erfüllt sind.

Kriterien zur Selbsteinschätzung:
Der Haushalt / die Person verfügt über unzureichende finanzielle Mittel für
1) Hypotheken- oder Mietschulden oder Rechnungen für Versorgungsleistungen;
2) eine angemessene Beheizung der Wohnung;
3) unerwartete Ausgaben (2023: 1.150 Euro);
4) regelmäßige warme Mahlzeiten (jeden zweiten Tag) mit Fleisch oder pflanzlichem Eiweiß;
5) jährlich eine Urlaubsreise;
6) ein Auto;
7) abgewohnte Möbel zu ersetzen;
8) abgetragene Kleidungsstücke durch neue (nicht Second-Hand-Kleidung) zu ersetzen;
9) mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen;
10) wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden;
11) regelmäßige Freizeitaktivitäten (auch wenn diese Geld kosten);
12) mindestens einmal im Monat mit Freunden/Familie für ein Getränk/eine Mahlzeit zusammenzukommen;
13) eine Internetverbindung zu haben.

Niedersachsen: 33.000 Kinder, Frauen und Männer Ende Januar 2024 wegen Wohnungslosigkeit untergebracht

In Niedersachsen waren zum Stichtag 31. Januar 2024 rund 33.000 Kinder, Frauen und Männer wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, teilt das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) auf Basis der Bundesstatistik untergebrachter wohnungsloser Personen mit. Darunter waren 18.150 männlich (55 Prozent) und 14.735 weiblich (45 Prozent).

Kinder und Jugendliche fast ein Drittel der untergebrachten Wohnungslosen

10.465 Personen – und damit fast ein Drittel der in Niedersachsen untergebrachten Wohnungslosen – waren minderjährig. Zusammen mit den jungen Erwachsenen bis unter 25 Jahren macht diese Altersgruppe sogar 43 Prozent der untergebrachten Wohnungslosen aus.

Mit 55 Prozent kam 2024 über die Hälfte der untergebrachten Wohnungslosen aus Europa (18.240 Personen), hier am häufigsten aus der Ukraine (10.895 Personen).

Hinweis: In der Statistik der untergebrachten wohnungslosen Personen werden Menschen erfasst, die die Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar in Notschlafstellen, Wärmestuben, Wohnungsloseneinrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen verbracht haben. Personen, die ohne Unterkunft im öffentlichen Raum leben oder Menschen, die wegen fehlendem Wohnraum (übergangsweise) bei Freunden oder Familien unterkommen, werden nicht abgebildet.

Information: Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN)

Das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) erstellt auf gesetzlicher Grundlage rund 270 Statistiken zu verschiedenen Themen wie Bevölkerung und Haushalte, Bildung, Erwerbstätigkeit, Finanzen, Wirtschaft und Handel, Industrie oder Umwelt und Energie. Das LSN bietet damit neutrale, verlässliche und fachlich unabhängige Informationen für das Land Niedersachsen, seine Regionen und Kommunen, die mit anderen deutschen und europäischen Daten vergleichbar sind. Diese stehen Politik, Verwaltung, Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürgern zu Informations- und Planungszwecken sowie als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung.

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Lünepedia: Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit

In Lüneburg gibt es obdachlose und wohnungslose Menschen. Als obdachlos wird bezeichnet, wer keinen eigenen Platz zum Schlafen hat. Die meisten Obdachlosen übernachten in Notunterkünften. Wohnungslos ist, wer keine eigene Wohnung oder Zimmer hat. Die meisten Wohnungslosen leben bei Freunden und Verwandten. Es wird trotz Leerstand in der Stadt nicht genügend Wohnraum für obdachlose und wohnungslose Menschen zur Verfügung gestellt, auch die Situation in Obdachlosenunterkünften ist angespannt.

Weiterlesen: https://www.luenepedia.de/wiki/Obdachlosigkeit_und_Wohnungslosigkeit

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