Armut im Alter: Zwei Euromünzen liegen auf der Handfläche. Foto: Wolfgang Eckert

VdK: Mehr Armut in Niedersachsen als angenommen – aber Unterstützung wird oft nicht beantragt

Wegen hoher Mieten müssen viele Menschen heute ein Drittel bis sogar die Hälfte ihres Einkommens für die Miete ausgeben und haben entsprechend weniger zum Leben. Viele hätten Anspruch auf Wohngeld oder Grundsicherung, aber beantragen dies nicht. „Ziel sollte sein, dass Sozialleistungen bei einem Anspruch automatisiert ausgezahlt werden“, fordert VdK-Präsidentin Verena Bentele.


Mitteilung von: VdK Niedersachsen-Bremen – Am: 20.12.2024
Online: https://niedersachsen-bremen.vdk.de/presse/ 


VdK: Viele Armutsbetroffene – trotzdem beantragen viele keine Unterstützungsleistungen

Das Einkommen sagt nur bedingt etwas aus, ob jemand genügend Geld zum Leben hat. Das zeigt die Studie „Wohnen macht arm“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands (PDF-Datei – mehr). Denn wegen hoher Mieten müssen viele Menschen heute ein Drittel bis sogar die Hälfte ihres Einkommens für die Miete ausgeben und haben entsprechend weniger zum Leben. Wenn man die Wohnkosten berücksichtigt, wird deutlich, dass in Deutschland nicht 12,1 Millionen, sondern 17,5 Millionen Menschen als arm gelten müssten. 

Wohnkostenbereinigt 500.000 mehr Armutsbetroffene in Niedersachsen

„In Niedersachsen sind es sogar 534.000 Menschen mehr als bislang angenommen. Das sind erschreckende Zahlen – die aber keineswegs plötzlich entstanden sind. Denn Wohnkosten sind ein ausschlaggebender Faktor bei der Berechnung der Armutsquote“, stellt Friedrich Stubbe, Vorsitzender des Sozialverbands VdK Niedersachsen-Bremen, fest.

Trotzdem bekommen längst nicht alle Menschen unterstützende Leistungen, die sie eigentlich benötigen und die ihnen auch zustehen würden.

Wohngeld wird oft nicht beantragt

Einen der häufigsten Gründe dafür kennt Stubbe nur zu gut: „In unserer Gesellschaft werden Menschen, die Sozialleistungen beantragen, häufig abwertend behandelt – als Bittsteller und Menschen zweiter Klasse. Deshalb schämen sich gerade viele ältere Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, nun um Sozialleistungen bitten zu müssen, wenn das Geld im Rentenalter nicht reicht. Das darf nicht sein, wir müssen würdevoll mit allen Menschen umgehen!“

Ein Beispiel für eine Sozialleistung, die viel zu wenig in Anspruch genommen wird, ist das Wohngeld. Nach Meinung von Fachleuten ist immer noch nicht bekannt genug, dass deutlich mehr Menschen Wohngeld erhalten könnten. Dazu kommt, dass die Antragsstellung teilweise sehr kompliziert ist. 

70 Prozent der Anspruchsberechtigten beantragen keine Grundsicherung im Alter

Fachleute gehen weiter davon aus, dass 70 Prozent der anspruchsberechtigten Menschen die Grundsicherung im Alter nicht beantragen, obwohl sie ihnen zustehen würde. Häufig sind bei den Anträgen die bürokratischen Hürden hoch. Auch die finanzielle Prüfung von Einkommen, Vermögen und Wohnkosten beschämt viele Menschen, da sie ihre ganzen persönlichen Verhältnisse offenlegen müssen.

Hinzu kommt, dass Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen gesellschaftlich in der öffentlichen Diskussion abgewertet werden. Das zeigt sich an der andauernden Debatte rund ums Bürgergeld. Niemand möchte zu dieser viel gescholtenen Gruppe gehören.

VdK-Präsidentin Verena Bentele: Sozialleistungen bei Anspruch automatisiert auszahlen

VdK-Präsidentin Verena Bentele fordert daher: „Ziel sollte sein, dass Sozialleistungen bei einem Anspruch automatisiert ausgezahlt werden. Dies wäre über eine negative Einkommensteuer möglich und würde einen Antrag überflüssig machen. Bis dahin müssen die Verfahren vereinfacht werden. Die Anträge müssen kürzer und leichter verständlich gemacht werden.“ (mehr).

Mehr Information und Kontakt


Tipp: Wohngeld beantragen

Wer hohe Mietkosten hat, kann Anspruch auf Wohngeld haben. Das muss beantragt werden.
Hinweis: Bei Personen, die Grundsicherung erhalten, werden die Unterkunftskosten sowieso berücksichtigt. 

Wer in Lüneburg Wohngeld bekommt, hat Anspruch auf weitere Vergünstigungen

  • Kinder und Jugendliche erhalten die HansecardDamit ermäßigen sich zum Beispiel die Eintrittspreise ins Schwimmbad und mehr als die Hälfte.
  • Ältere erhalten den Seniorenpass und damit einen vergünstigten Eintritt ins SaLü, halbierte Kursgebühren bei der Volkshochschule usw.

Tipp: Grundsicherung beantragen

Wenn die Einkünfte im Alter (Rente) oder bei voller Erwerbsminderung nicht für den notwendigen Lebensunterhalt ausreichen, kann man Grundsicherung (Sozialhilfe) beantragen. Zuständig ist der Landkreis Lüneburg. 

Mehr zum Thema

  • tagesschau.de: Wenn Weihnachten zu teuer ist – 22.12.2024
    14 Millionen Menschen gelten hierzulande als arm, für andere spielt Geld keine Rolle. Die Gegensätze werden gerade besonders deutlich: Manche können sich Geschenke kaum leisten, andere stehen vor Luxusläden Schlange.
  • Lüne-Blog: Landesamt für Statistik: Jede sechste Person in Niedersachsen ist armutsgefährdet – 14.05.2024
    Drei Gruppen sind besonders betroffen: Heranwachsende und junge Erwachsene, Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit und ältere Frauen ab 65. Wer über weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen monatlichen Haushaltsnettoeinkommens verfügt, gilt als armutsgefährdet. So die Information des Landesamts für Statistik Niedersachsen.
  • Lüne-Blog: DIE LINKE: Mieten im Landkreis Lüneburg sind überdurchschnittlich hoch– 27.04.2024
    Die zweithöchsten Mieten in Niedersachsen gibt es im Landkreis Lüneburg mit durchschnittlich 10,71 Euro pro Quadratmeter. Höhere Quadratmeterpreise verzeichnet nur der Kreis Harburg-Land mit 11,07 Euro. In Salzgitter liegt die durchschnittliche Miete bei 6,03 Euro pro Quadratmeter. So die Bundesregierung auf eine Anfrage von Victor Perli (DIE LINKE). „Land und Kommunen müssen öffentlichen und bezahlbaren Wohnraum schaffen“, fordert Janine Burkhardt, die für DIE LINKE im Kreistag von Lüneburg sitzt.

Ergänzung oder Korrektur? Bitte Mail an redaktion@luene-blog.de – danke!
Lüne-Blog veröffentlicht Pressemitteilungen, Berichte und Veranstaltungshinweise von Verbänden und Zusammenschlüssen. Nachricht an: redaktion@luene-blog.de

Lüne-Blog kannst du auch lesen bei:

Lüne-Blog bei Telegram Mastodon

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Im Rahmen der DSGVO notwendige Bedingungen - bitte lesen und akzeptieren:
Wenn du das Formular abschickst, werden Name, E-Mail-Adresse und der eingegebene Text in der Datenbank gespeichert. Für weitere Informationen wirf bitte einen Blick in die Datenschutzerklärung: mehr

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..