Christine Schmid, Leitende Superintendentin des Kirchenkreises Lüneburg. Foto: Berit Neß.

Kirchenkreis Lüneburg: “Mach es zusammen” – Abschied von Superintendentin Christine Schmid am 8. Oktober 2023

17 Jahre hat sie an der Spitze des Kirchenkreises Lüneburg gewirkt, am 8. Oktober 2023 wird Christine Schmid, die Leitende Superintendentin des Kirchenkreises Lüneburg, verabschiedet. In ihrem Rückblick beschreibt sie wichtige Höhepunkte – auch in letzter Zeit – und dankt für vielfältige Zusammenarbeit und Unterstützung.


Mitteilung von: Ev.-luth. Kirchenkreis Lüneburg – Am: 25.09.2023
Online: mehr – Foto: Berit Neß


17 Jahre in Lüneburg: Verabschiedung von Superintendentin Christine Schmid am 8. Oktober 2023

Foto: Berit Neß. Christine Schmid, Leitende Superintendentin des Kirchenkreises Lüneburg. 

Christine Schmid, Leitende Superintendentin des Kirchenkreises Lüneburg, wird am Sonntag, 8. Oktober 2023, in einem Abendgottesdienst durch Regionalbischof Dr. Hans Christian Brandy entpflichtet und verabschiedet.

Der Gottesdienst findet statt um 17:00 Uhr in der St. Johanniskirche Lüneburg, Am Sande. Im Anschluss beim Empfang gibt es die Gelegenheit, sich zu verabschieden oder in ein Gästebuch einzutragen.

Kollekte: Spende für Stiftung „Diakonie – ich mache mit“ oder Projekt „Szenecafé“ von Hansestadt und Lebensraum Diakonie e.V.

Superintendentin Schmid freut sich über eine Kollekte für die Stiftung „Diakonie – ich mache mit“ oder das Projekt „Szenecafé“ von Hansestadt und Lebensraum Diakonie e.V.

Spendenkonto: Kirchenkreisamt Lüneburg – IBAN: DE96 2405 0110 0000 0002 16
Verwendungszweck: Abschied Schmid – Dimm oder Szenecafe

„Mach es zusammen“ – 17 Jahre Lüneburg: Superintendentin Christine Schmid im Porträt

Als Christine Schmid vor 17 Jahren ihr Amt als Superintendentin des Kirchenkreises Lüneburg antrat, reizte sie nicht nur die Fülle der historischen Kirchen und ihrer Musik, sondern auch das Leben inmitten der Stadtgesellschaft und der schönen Dörfer im Landkreis.

Gemeinsam mit Menschen Kirche für die Zukunft zu gestalten: Das war ihr Ziel. Gleichzeitig erlebte sie Entwicklungen, mit denen sie 2006 niemals gerechnet hätte.

Kooperationen schmieden: “Mach es zusammen”

Eines war Christine Schmid als das neue Gesicht der Institution Kirche in Stadt und Landkreis Lüneburg besonders wichtig: sich mit unterschiedlichen Akteuren zu verknüpfen, Kooperationen zu schmieden. „Mach es zusammen“, lautet ihr Credo.

„Gemeinsam mit den ökumenischen Partnern haben wir viele gute Projekte entwickeln können: Denken wir nur an die Teerunde der Religionen, die Tobias-Gemeinschaft und die Trauerfeier für die Opfer der Corona-Pandemie.

“Ich und Du ergibt immer ein Plus”

Oft waren auch das Kloster Lüne, die Hansestadt oder Schulen gute Kooperationspartnerin, so dass für Menschen in Lüneburg einige hilfreiche Projekte entstehen konnten. Ich und Du ergibt immer ein Plus“, findet Christine Schmid.

Die Kontakte zu den vielen, so verschiedenen Menschen und Institutionen haben den Blick geweitet: „Sichtweisen von scheinbar Fremden zu erfahren, ist oft eine Bereicherung“.

Verständnis stiften

Als Augen öffnend hat die Superintendentin die von ihr mit einem Team der Kirche initiierten Dialoge zwischen Gegnern und Befürwortern des Impfens während der Corona-Pandemie erlebt.

„Dort habe ich erfahren, wie stark wir als Mittler dienen können. Wir haben Austausch zwischen fast schon verfeindeten Menschen gestiftet. Das dadurch entstandene Verständnis wirkte oft wie eine Erlösung.“

Kirche kann Positionen ins Gespräch bringen

Kirche habe die Freiheit, sich zwischen verschiedenen Institutionen zu verorten und diese im Gespräch zu halten. „Dafür durchlässig zu sein, ist unser gesellschaftlicher Auftrag“, betont Schmid. „Ein wichtiger Beitrag, der unabhängig von der Entwicklung der Mitgliederzahlen bleibt.“

Kirche dürfe sich nicht mehr als einzigen Player in bestimmten Bereichen verstehen. „Wir müssen hinhören. Darüber nachdenken, was wir gemeinsam mit anderen machen können.“ Ein Beispiel dafür sei das 2022 erstmals initiierte Weihnachtsliedersingen vor dem Lüneburger Rathaus mit der Ökumene und dem Kreis-Chorverband.

Aufgabe der Kirche: Vertrauen bilden und Hoffnung stärken

„Wichtig ist, dass wir als Kirche unseren besonderen Beitrag zum Zusammenleben geben. Kirche ist der Ort, Vertrauen zu bilden, Hoffnung zu stärken, gerade auch in Krisen.

Bei uns geht es in Konflikten immer auch um Versöhnung und Frieden. Wir haben den Auftrag, Trost, Zuversicht und Kraft für einen Neuanfang zu vermitteln. Die Türen offen zu halten, damit Menschen die großen Kraftquellen des christlichen Glaubens finden können.“

Ukraine-Krieg machte Vesper-Tische nötig

Dass die Kirche allerdings eines Tages ein warmes Mittagessen für Bedürftige anbieten wird – damit hat Christine Schmid zu Beginn ihrer Amtszeit nicht gerechnet.

„Ich hätte gesagt, der Staat ist dafür zuständig, dass sich jedermann eine warme Mahlzeit zuhause zubereiten kann.“ Es kam anders, denn die Not wurde zu groß. „Die Armut in Lüneburg hat in den vergangenen Jahren sichtbar zugenommen, das beunruhigt mich.“

Die Ukraine-Krise, die Inflation und die Energiekosten belasteten Einzelne und die Gesellschaft. „Außerdem hat die Einsamkeit zugenommen, da wirkt die Corona-Zeit noch nach“, so Schmid.

Viele Ehrenamtliche unterstützen Aufgabe

Die Kirchen hätten hier ihre ursprüngliche Aufgabe der tätigen Hilfe gesehen und gemeinsam mit der Diakonie sehr schnell auf die Nöte reagiert.

„Viele Ehrenamtliche sind für diese Aufgabe neu dazugekommen. Das beeindruckt mich. Es zeigt, dass viele Menschen Gemeinsinn und Nächstenliebe aktiv leben wollen.“ Dies zu ermöglichen, das sei eine immer wichtiger werdende Aufgabe.

Wandelkirche von 2012 bleibt in Erinnerung

Denkt Christine Schmid an 17 Jahre in Lüneburg zurück, sticht ein Erlebnis als Erinnerung heraus: Die Wandelkirche St. Johannis zu den Hansetagen im Jahr 2012.

„Den Kirchraum ganz ohne Bänke zu erleben, war wunderbar“, erzählt sie. „Die Wandelkirche mit ihren vielfältigen Programmpunkten war im Zusammenhang der Hansetage und des Reformationsjubiläums ein starker Impuls. Menschen sind neu inspiriert worden für Transzendenz und für Gott. Auch für die Gemeinschaft, die man in der Kirche leben kann.

Die Eintragungen im Gästebuch aus dieser Zeit machen das deutlich. Wer die Wandelkirche besuchte, konnte neue geistlich-spirituelle Erfahrungen machen – und das liegt mir persönlich sehr am Herzen.“

Kirchen öffnen – ohne Eintritt

Als ein Ziel für die Zukunft nahm die Superintendentin aus dieser Erfahrung mit, Kirchen möglichst häufig zu öffnen – und zwar ohne Eintritt. Das gilt für schöne Kapellen und Kirchen auf dem Land ebenso wie für die großen Innenstadtkirchen mit ihren Touristenströmen.

Denn: „Unsere Kirchen gehören allen. Sie müssen ein Raum sein, in den du in jeder Lebenslage gehen kannst und dich aufgehoben fühlst.“

Wunsch nach Seelsorge führt nach Buxtehude

Den stärksten Raum in ihrer neuen Stelle einnehmen wird nun etwas, das der Pastorin in ihrer Leitungsfunktion oft zu kurz kam: die Zeit für die Begegnung, die Seelsorge für den einzelnen Menschen. „Diesen Wunsch habe ich seit einigen Jahren gespürt“, erklärt Schmid ihren Wechsel von der Superintendentur in Lüneburg nach Buxtehude.

In Buxtehude wird sie mit ihrem Mann Dirk Schmid wohnen und an den Elbe-Kliniken als Krankenhaus-Seelsorgerin arbeiten. Außerdem übernimmt sie für die Landeskirche die Supervision für Hauptamtliche im Sprengel Stade.

Im Amt getragen

Für ihre Lüneburger Zeit ist Christine Schmid zutiefst dankbar. Die gute Zusammenarbeit im Team der Doppelspitze, die starke Unterstützung aus dem Ehrenamt, die Konstruktivität des Kirchenkreisvorstandes, die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen und all den engagierten Menschen aus Vereinen, Institutionen und Verwaltung habe ihr viel Freude gemacht.

Kraft hat ihr in der Zeit der gemeinsame Glaube gegeben, ebenso wie der respektvolle Dialog mit Andersdenkenden. Und nicht zuletzt die Musik und Kultur, die sie in ihrem beruflichen Tun bei vielen Gelegenheiten genießen konnte. „Meine Aufgabe im Kirchenkreis Lüneburg hat mir wunderbare Jahre geschenkt. Ich bin in meinem Amt getragen worden.“

5 Fragen zur Zukunft der Kirche an Christine Schmid

Wenn Sie könnten: Was würden Sie im System Kirche ändern?

„Ich wünsche mir eine neue Form der Finanzierungsvereinbarung zwischen Kirche und Staat. Die Ablösung des aktuellen Systems Kirchensteuer ist meines Erachtens nach dringend nötig. Wir sehen sehr deutlich, dass die Einnahmen aus der Kirchensteuer zukünftig nicht mehr unsere Basis sein können. Sie hat in der Vergangenheit vieles möglich gemacht: Kitas, Diakonie, Gemeindearbeit. Sie ist aber aufgrund der Entwicklung nicht die Zukunft.

Ich plädiere für das italienische Modell: Dort kreuzen die Bürger:innen in ihrer Steuererklärung an, wofür sie die für alle verpflichtende Abgabe leisten wollen, ob für kulturelle, soziale oder kirchliche Zwecke.

So kann jemand auch einmal bei der Kultur sein Kreuz machen, wenn er oder sie mit der Kirche unzufrieden war – und im nächsten Jahr vielleicht wieder für die Kirche. Die Menschen möchten die Wahl haben. Und auch wir fahren besser, wenn die Menschen wirklich freiwillig ihren Beitrag zahlen.“

Wie kann die Kirche auf die sinkenden Mitgliederzahlen reagieren?

„Wir müssen flexibler werden. Ich finde es toll, wie viele Mitglieder wir noch immer haben. Gleichzeitig ist mir bewusst geworden, dass sich viele Menschen in einer Gemeinde einbringen möchten, aber die heutige Form der Mitgliedschaft in der Kirche scheuen.

Wir sind hier zu eingleisig, wir müssen variabler werden und andere Zugänge eröffnen, zum Beispiel Gastmitgliedschaft und Fördervereine, die sich aktiv für ihre Kirche oder Gemeinde engagieren.

Gleichzeitig wäre es sinnvoll, den formalen Vorgang des Kirchenaustritts vom Standesamt ins Pfarramt zu verlegen. Dann könnten wir nach den Gründen fragen – und danach, was wir besser machen könnten.“

Welche Weichen aus Ihrer Amtszeit zeigen in die Zukunft?

„2017 fusionierten die Kirchenkreise Lüneburg und Bleckede. Das war absolut richtig und hat uns einen großen, leistungsfähigen Kirchenkreis gebracht. Die Leitung auf eine Doppelspitze zu verteilen, hat sich sehr bewährt. In der Weite des Landkreises und der Stadt ist es gut, Verantwortung zu teilen und so für die unterschiedlichen Anliegen auch Aufmerksamkeit geben zu können.

Verschiedene Bereiche der Diakonie zum Lebensraum Diakonie e.V. zu verschmelzen, ist ebenfalls die richtige Entscheidung gewesen, denn unsere diakonische Hilfe ist besser gesichert und flexibler.

Wichtig ist mir auch der Zukunftsprozess in unserem Kirchenkreis. Denn auch für Gemeinden gilt meines Erachtens: Zusammen sind wir stärker als allein. Wenn sich mehrere Gemeinden die Stellen für Pastor:innen, Diakon:innen und Büro teilen, wird die Kirche ihre Angebote dauerhaft verlässlich aufrechterhalten können. Dieses Modell wird auch noch im Jahr 2035 funktionieren. Die Zukunft liegt in Gemeinschaften, und da liegt sie gut.“

Was tut der Kirchenkreis für den Klimaschutz?

„Als ich 2006 mein Amt antrat, war Umweltschutz zwar selbstverständlich bereits ein Thema. Aber wir hatten keine Umsetzung, wie wir selbst die Energiewende voranbringen können.

Heute ist das anders: Gemeinden legen Biotope auf Friedhöfen an, der Kirchenkreis investiert in Windenergie, Gebäude werden energetisch saniert. Aus Rücklagen stellte der Kirchenkreis einen eigenen Klimaschutzmanager ein, wir bilden multiprofessionelle Teams. Das Ziel: 2035 will der Kirchenkreis Lüneburg klimaneutral sein.“

Apropos Sanierung: Wie kann die Kirche ihr Gebäude-Problem lösen?

„Vor zehn Jahren dachte ich, wir müssen möglichst viele Gebäude wie Gemeindehäuser und Pfarrhäuser verkaufen. Heute sehe ich das differenzierter: Sicher werden wir hier und da unseren Raumbedarf verkleinern. Grundsätzlich aber sind unsere Gebäude ein großer Schatz: Sie geben die Möglichkeit, Menschen zusammenzubringen. Sie können Gemeinschaft stiften, eine ureigene Aufgabe von Kirche. Auf Dächern und Flächen können wir Energie erzeugen.

Und die Nutzung wird an vielen Stellen immer vielfältiger. In vielen Kirchen gibt es mittlerweile eine Kaffee-Ecke, die Gemeindehäuser können gemeinsam mit Vereinen und anderen Akteur:innen genutzt werden.

Wir sind noch immer flächendeckend in Stadt und Land mit Räumen zur öffentlichen Nutzung vertreten, das ist ein Pfund. Zwar hat die Corona-Pandemie gezeigt: Wir können auch digital. Aber: Unsere ‘DNA’ als Kirche ist das persönliche Zusammenkommen. Unsere Gebäude schaffen dafür den Raum.“

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